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EDITION MUSIK SÜDOST

WILLKOMMEN ALL´ IN TEMESWAR

Das große ungarische Landessängerfest 1903 in Temeswar

von Dr. Franz Metz

 

Der erste Paukenschlag

 

Das Vereinsjahr 1903 schien für den Temeswarer Philharmonischen Verein zum Beginn dieses Jahres so ähnlich abzulaufen wie bisher: Konzerte, Faschingsliedertafel, Gründungskonzert, Osterliedertafel, Ausfahrten, Sängerfeste, Silvesterkonzert, Vereinsabende, u.s.w. Bei der 31. Gründungsliedertafel im Januar trat der Bariton Marko Grosskopf auf, im Februar fand ein geschlossener Maskenball in der städtischen Redoute statt, gefolgt von einer Frühjahrsliedertafel mit Werken von Mozart und ungarischen Komponisten. Im Juli gab der Temeswarer Pädagoge, Dirigent und Komponist Karl Rudolf Karrasz bekannt, dass er einen neuen Musikverein für „die Pflege der nationalen und klassischen Orchestermusik“ ins Leben rufen möchte, der zur Förderung der jungen Generation auch eine Musikschule erhalten solle. Dadurch hätte man in der Stadt endlich einen Ausgleich zwischen Chormusik und Orchestermusik geschaffen. Doch wie ein Paukenschlag wurde die aus der Hauptstadt der ungarischen Monarchie wahrgenommene Nachricht empfangen: zwischen dem 20. und 23. August soll in Temeswar das 15. Landessängerfest des ungarischen Landessängerbundes stattfinden, an dem fast zweitausend Sänger aus allen Regionen des Landes teilnehmen werden.

Diese Nachricht versetzte nicht nur die Stadtväter sondern auch die ganze Bürgerschaft, die Vereine ja selbst die Wirtschaft des ganzen Banats und ganz Südungarns in eine einzigartige Aufbruchstimmung. Südungarn (ung. Délmagyarország), die von Budapest aus bisher unterschätzte Region der Monarchie, mit vielen Nationalitäten und Minderheiten, soll in den Blickpunkt der vaterländischen Kultur aufrücken und Temeswar für einige Tage zur Musikhauptstadt erkoren werden.

 

Philharmonischer Verein im Mittelpunkt

 

Der Rat der königlichen Freistadt Temeswar bestimmt in einer dazu einberufenen Sitzung vom 7. August 1903 das Programm des Landessängerfestes. Das Dokument wird von Dr. Karl Telbisz, dem Bürgermeister der Stadt, unterschrieben und veröffentlicht.

In der „Temesvarer Zeitung“ erschienen in den Monaten Juni-August 1903 regelmäßig Berichte über die Vorbereitungen zu diesem „Ungarischen Landessängerfest in Temeswar“. Im Zentrum stand natürlich der Temeswarer Philharmonische Verein, der bereits mehrere ähnliche Sängerfeste organisiert hat, so z.B. im Jahre 1891 anlässlich seines 20-jährigen Jubiläums und 1896 zur großangelegten Millenniumsfeier. Zwei Jahre später, nur wenige Tage vor dem Attentat auf Königin Elisabeth, trat der Verein vor König Franz Josef in Bad Busiasch auf. Viele Chorvorstände aus ganz Ungarn sendeten ab Frühjahr 1903 ihre Teilnahmeunterlagen nach Temeswar um organisatorische Probleme und das Repertoire zu klären. Parallel dazu fanden in Budapest ebenfalls Sitzungen statt, die dem Verlauf dieses Landessängerfestes gewidmet waren. Selbst Graf Géza Zichy, einer der bedeutendsten Musiker Ungarns der damaligen Zeit, der mehrere Male auch Temeswar konzertierte, nahm an diesen festlichen Sitzungen Teil, wollte er doch persönlich diesem großen Ereignis beiwohnen und telegrafierte Josef Weldin nach Temeswar nähere Details zu seiner Ankunft am 22. August 1903.

 

Ungarische oder deutsche Chöre?

 

Die Bedeutung Südungarns und besonders Temeswars als Kulturmetropole wurde seit geraumer Zeit von den Behörden in der ungarischen Hauptstadt unterschätzt. So wurde bereits 1886 dieser Stadt vorgeworfen, als letztes Bollwerk gegen den Trend der Zeit sich nicht genügend um die magyarische und vaterländische Kultur zu bemühen. Im Mittelpunkt dieser Auseinandersetzungen stand der Temeswarer Philharmonische Verein, dessen Mitglieder meist Deutsche waren, außerdem aber auch Serben, Ungarn und Rumänen als Mitglieder hatte. Die seit Jahrhunderten gelebte Mehrsprachigkeit und Multikulturalität konnte man im Zentrum der ungarischen Macht schwer verstehen. Man sang natürlich jene Chorwerke, die man seit vielen Jahrzehnten schon immer gerne sang und man sprach in den Chorproben die deutsche Sprache, da diese alle Mitglieder verstanden. Dass manche Sänger in der Pause rumänisch oder serbisch miteinander sprachen, störte niemanden. Also bestand das Repertoire größtenteils aus Chören von Mendelssohn-Bartholdy, Schubert, Franz Xaver Witt, Thomas Koschat, Weinzierl, Johannes Brahms und lokalen Komponisten wie Martin Novacek, Rudolf Karrasz, Heinrich Weidt, Wilhelm Schwach, Wilhelm Franz Speer oder Konrad Paul Wusching. Erst nach heftigen Auseinandersetzungen und durch Interventionen auf höchster Ebene begann man immer mehr Werke ungarischer Komponisten aufzuführen. Das Landessängerfest in Temeswar sollte damit ein „Siegeszug des ungarischen Liedes“ werden, ein Beweis dafür, dass die magyarische Kultur auch in der „Burg Hunyadis und Losoncsis“ gesiegt hat. Aus Temeswar, dem einstigen Klein-Wien, sollte nun eine magyarische Kulturmetropole werden. Wird das gelingen? Die zahlreichen Briefe, Zeitungsberichte, Klagen, Bittgesuche und Sitzungsprotokolle des Temeswarer Philharmonischen Vereins zeugen davon, dass man ohne wenn und aber bestrebt war, auch weiterhin der vaterländischen Kultur durch die Musik zu dienen. Doch wie steht es mit dem Gesang in der Muttersprache? Die uns erhaltenen Programme beweisen, dass man es durchgesetzt hat, selbst beim Ungarischen Landessängerfest in Temeswar auch in deutscher, rumänischer und serbischer Sprache singen zu dürfen.

 

Temeswarer Bischof als Ehrenpräsident

 

Bürgermeister Dr. Karl Telbisz hat als Präses des Festausschusses des Landessängerfestes den Bischof der Tschanader Diözese Alexander von Dessewffy zum Ehrenpräsidenten vorgeschlagen. In seinem Brief vom 24. Juni 1903 hat sich der Kirchenfürst für diese hohe Auszeichnung bedankt und schreibt: „... Die aus allen Gegenden des Vaterlandes anlangenden begeisterten Sänger werden mit Freude und Befriedigung die entwickelte und sich noch immer entwickelnde Kultur unserer Stadt ... wahrnehmen. Mögen sie erfahren, dass die Veste der Hunyadi´s und Losonczy´s, sowie sie durch Jahrhunderte hindurch dem Balkan gegenüber der Schlüssel Südungarns, die Schutzbastei des großen Alfölds war,... zum unbedingten Förderer des wahren ungarischen Patriotismus, der ungarischen nationalen Kultur geworden ist. Die Festungsmauern sind jetzt schon niedergerissen, damit die westliche Kultur ungehindert ihren Einzug halten könne...

Die städtische Generalversammlung hat beschlossen, dass die Stadt ein eventuelles Defizit des Landessängerfestes zu übernehmen bereit wäre. Außerdem wurde der bekannte Bildhauer Stefan Tóth, der Autor eines der zehn Denkmäler, die König Franz Josef der Hauptstadt Budapest zum Geschenke machte, beauftragt, das Modell der Hunyadistatue „en miniature“ in Silber zu gießen.

 

Nationale Eintracht in Temeswar

 

Die Präsidentin des griechisch-orientalischen serbischen Frauenvereines in Temeswar, Julia Dimitrievits, benachrichtigte Bürgermeister Dr. Telbisz, dass man beschlossen hat, einen eigenen Preis zu stiften. Die serbischen Frauen wünschen, „daß die Harmonie, welche im ungarischen Liede zum Ausdruck kommt, auch im politischen und gesellschaftlichen Leben der in unserem Vaterlande lebenden verschiedenen Nationalitäten stets zur Geltung kommen möge.“ In den Preisgegenstadt wurde eingraviert: „Von den Temesvárer serbischen Damen den ungarischen Sängern liebevoll gewidmet am Sankt-Stefanstage 1903“. Die Zeitungen berichteten in diesem Zusammenhang von der „in Temesvár herrschenden nationalen Eintracht“ und von der „patriotischen Gesinnung unserer serbischen Damen“.

Gleichzeitig hat die Stadt Temeswar einen Kompositionswettbewerb für ein Hunyadi-Preislied ausgeschrieben. Die beiden ersten Preise erhielten Prof. Mathias Zoltay in Arad und Prof. Karl Aggházy in Budapest, die zweiten Preise Prof. Julius Révfy in Temeswar und Domkapellmeister Guido Pogatschnigg in Eger/Erlau. Pogatschnigg hat sich bekanntlich in nächster Zeit in Temeswar niedergelassen, wo er als Pädagoge und Komponist erfolgreich tätig war.

 

Die Sängerhalle auf dem Domplatz

 

Den Bau einer einzigartigen Sängerhalle am Domplatz (damals Losonczyplatz) hat der Temeswarer Zimmermeister Nikolaus Heim um den Betrag von 12.845 Kronen erstanden, wogegen er nach Ablauf des Sängerfestes das Material der Sängerhalle wieder in Besitz nehmen konnte. Die Sängerhalle wurde nach Plänen des städtischen Architekten Ladislaus Székely aus Brettern erbaut. Dieselbe hatte eine Länge von 90,6 m, eine Breite von 80,7 m und im Giebel eine Höhe von 10,4 m. Anstoßend an die Halle wurde eine Wartehalle für die Sänger in der Länge von 38,7 und in der Breite von 4,8 m erbaut. Im Innern der Halle wurde eine 38,4 m lange und 14,1 m breite Bühne für die Sänger errichtet. Dieselbe konnte 1.500 Sänger fassen. Um eine günstige Akustik zu erzielen, hat der Plafond oberhalb der Bühne eine trichterförmige Gestalt erhalten. Der übrige Teil des Innern der Halle wurde in drei Schiffe zu je 70,7 m Länge geteilt. Das Mittelschiff hatte eine Breite von 21,5 m und konnte drei Bankreihen mit 2.000 Sitzen fassen, die beiden Seitenschiffe aber hatten eine Breite von 8 m und fassten 4.000 Stehplätze, so dass die ganze Halle einem Auditorium von 6.000 Personen Raum gewährte. Die Halle hatte 16 Eingänge, der Haupteingang befand sich gegenüber dem serbischen Bischofspalais. Als Ventilation haben im Dachwerk angebrachte Ventilatoren ununterbrochen in für frische Luft gesorgt.

Der Finanzausschuss des Landessängerfestes hat unter dem Vorsitzenden Generaldirektor Heinrich Baader beschlossen, in welcher Art die innere und äußere Ausschmückung der Sängerhalle durchgeführt werden sollte. Für die Malerarbeiten konnte der Budapester Maler Nikolaus Kéry gewonnen werden, die Tapeziererarbeiten erstand der Temeswarer Dekorateur Ignaz Hufferl für 1.000 Kronen. Außerdem wurde beschlossen, im Inneren der Sängerhalle Annoncentafeln anzubringen und das Affichirungsrecht an einen Unternehmer zu verpachten.

 

Aufruf an die Bevölkerung

 

Im Juli 1903 wurde in der Temesvarer Zeitung ein Aufruf „an die patriotische Bevölkerung der königlichen Freistadt Temesvárs“ veröffentlicht. Darin wurde den Lesern mitgeteilt, dass etwa 1.400 Sänger zum ungarische Landessängerfest kommen werden, die alle eine Unterkunft benötigen: „... Wir hoffen mit Gewißheit, dass es der kulturelle und künstlerische Ruhm, die patriotische Begeisterung und die beispiellose Gastfreundschaft der Einwohnerschaft unserer Stadt auch bei dieser Gelegenheit ermöglichen wird, unsere zu dem Feste aus allen Gauen des Landes anlangenden Gäste während ihres hiesigen Aufenthaltes auf das möglichst Beste unterzubringen...

Bereits einige Wochen vor dem Beginn dieses Sängerfestes wurden in den Temeswarer Tageszeitungen sämtliche teilnehmende Chöre den Lesern vorgestellt. Unter den ersten Gesangvereinen zählten jene aus Miskolcz (Dirigent Ernst Lány), Budapest (Dirigenten Heinrich Stark, Nikolaus Hackl), Debreczener (Leitung A. Keller), Klausenburg (Leitung Johann Oberti), Békéscsaba, Szegedin, Lugosch (Leitung Wilhelm Schwach), Székesfehérvár, Kecskemét, Györ, Eger/Erlau (Leitung Guido Pogatschnigg), Kassa, Arad, Karansebesch und nicht zuletzt der Temeswarer Philharmonischer Verein mit seinem berühmten Dirigenten und Domkapellmeister Martin Novacek.

 

Die Stadtväter und das Fest

 

Der leitende Ausschuss des Landessängerfestes tagte regelmäßig im Temeswarer Rathaus unter dem Vorsitz von Bürgermeister Dr. Karl Telbisz. Zu den Mitgliedern dieses Gremiums gehörten die bedeutendsten Persönlichkeiten der Stadt: Josef Geml, Rudolf Bandl, Johann Tedeschi, Heinrich Baader, Dr. Josef Weldin, Dr. Alexander Kovács, Mathias Ferch, Ladislaus Székely, Dr. Géza v. Kovács, Franz Beé, Georg Traila, Severius Pápaffy, Julius v. Gyürky, Alexander v. Bánovics, Friedrich Movrin und Ludwig Toldy. Man beschloss, dass der Bekanntschaftsabend am 20. August bereits in der Sängerhalle stattfinden soll. Als Lokal für die Festgeneralversammlung wurde die städtische Redoute bestimmt und der Pächter derselben Martin Witzenetz hat dieselbe bereitwilligst zu diesem Zwecke überlassen. Auch der Vorschlag des Professors Dr. Alexander Kovács, am 21. August, Mittags in der Fabriker Millenniumskirche ein Orgelkonzert zu veranstalten, wurde angenommen. Am 23. August, Vormittags wird in demselben Gotteshaus eine Festmesse gehalten, bei welcher der Gesangsverein der Ganz-Fabrik, Budapest, den gesanglichen Teil übernehmen wird.

Den „fremdsprachigen“ Gesangsvereinen, namentlich dem Temeswarer und der Werschetzer serbischen Gesangsverein, sowie dem Lugoscher und dem Rumänischen Gesangsverein aus Chizatau, dann dem Werschetzer Deutschen MGV hat man die Teilnahme am Parkfest ebenfalls genehmigt.

Das Preislied der Stadt, komponiert von Aggházy, soll unter dem Arrangement des Fabriker Musik- und Gesangsvereines und unter persönlicher Leitung des Komponisten von den Temeswarer Gesangsvereinen Gewerbe-Harmonia, Typographia, Gesangsverein der Eisenbahn-Werkstättenarbeiter und dem Griechisch-katholischen Gesangsverein während des Festkonzertes aufgeführt werden.

 

Neue Hüte und ein neuer Stadtführer

 

Sämtliche Institutionen der Stadt und des ganzen Banats gaben sich alle Mühe, durch dieses Landessängerfest auch die ganze Region von ihrer besten Seite aus präsentieren zu können. Einige Tage vor diesem Ereignis berichtete die „Temesvarer Zeitung“: „Den bisherigen Anzeichen nach urtheilend, verspricht das Sängerfest so imposant zu werden, wie sich ein ähnliches Fest noch niemals in einer Provinzstadt des Landes abspielte. Die riesige Sängerhalle am Losonczyplatze, das Triumphthor in der Hunyadigasse, sowie die Dekorationen und großangelegten Beleuchtungsanlagen nahen nunmehr ihrer Vollendung... Es dürfte sich aber auch sonst ein Fremdenverkehr entwickeln, wie ein solcher nur noch bei der Temesvárer Ausstellung zu beobachten war.

Diese Gelegenheit ergriffen die beiden Temeswarer Journalisten Andor Osztie und Eduard Krausz, um in einem hübschen, im „modernen Style gehaltenen Taschenbuche“ die kurze Geschichte der Stadt, deren Sehenswürdigkeiten, Handel und Gewerbe, hauptsächlich aber deren Geschäftshandlungen, Banken, sowie Unterhaltungs- und Vergnügungsorte in anregendem Tone den Gästen vorzuführen. Das interessante Bändchen, welches den Titel Temesvár und auf dem Titelblatte eine Aufnahme des Hunyadischlosses trägt, ist am 14. August 1903 erschienen. Selbst die einheimische Industrie nahm an dem Feste Anteil, so brachte die Erste südungarische Hutfabrik-Aktien-Gesellschaft einige neue Hüte auf den Markt, graue Sängerhüte mit schwarzen, weißgeränderten Bändern, die für den festlichen Anlass einen großen Absatz gefunden haben.

Ein praktisches Andenken an das Sängerfest hat sich der k. u. k. Hoflieferant M. Neumann ausgedacht: ein Plan der Stadt Temeswar, welcher außer dem Portrait des Bürgermeisters Dr. Karl Telbisz auch den Fahrplan der Eisenbahn enthielt.

 

Triumphbogen und elektrische Beleuchtung

 

Mit welcher Spannung man diesem einmaligen Fest entgegensah, beschrieb die Zeitung „Südungarische Reform“ in ihrem Bericht über die Vorbereitungen: „Schon sehen wir an dem Triumphbogen, Ecke der Hunyadigasse-Losonczyplatz, den Ruf „Auf zum Lied!“ prangen, umrahmt von roth-weiß-grünen Fähnchen, Wappen und Girlanden, während wir auf der Aversseite die Inschrift „Lorbeer ist der Preis!“ finden. Schon werden die zahlreichen Trikoloren, welche heute auf den Giebeln der öffentlichen Gebäude und Privathäuser das allerhöchste Geburtsfest unseres geliebten Monarchen verkünden, als ein Wahrzeichen des nahen Siegesfestes des ungarischen Liedes begrüßt...“ Die Arbeiten für die Aufstellung der zahlreichen elektrischen Bogenlampen und Installierung der vielen Hundert elektrischen Glühlampen auf dem Domplatz und vor den Einmündungen der Hunyadi-, Merczy- und Lonovicsgasse waren nahezu vollendet und so wollte man durch großartige Lichteffekte den Glanz des Festes noch wesentlich steigern. Die Kronprinz-Rudolf-Gasse wurde der ganzen Länge nach mit Eichenlaubgebinde geschmückt.

Die in Budapest erscheinende Monatsschrift Magyar Dal és Zene-Közlöny (Ungarische Gesang- und Musikzeitung) befasste sich eingehend mit dem Landessängerfest und betonte, dass nach den bisherigen großartigen Vorkehrungen das grandiose Fest in Temeswar alle bisherigen ungarischen Landessängerfeste weit überflügeln wird.

Es wurden 17 Sängerpreise angemeldet: die Zentralleitung des Sängerbundes (große goldene Medaille), Kornél-Abranyi-Preis (Silber Pokal), Diözesanbischof Alexander von Dessewffy (St. Gerhardus-Statuette in Silber), die königliche Freistadt Temeswar (Hunyadi-Statue in Silber), Bürgermeister Dr. Karl Telbisz (Hunyadi-Statue in Bronze), die Temeswarer Damen (silbernes Trinkhorn), Temeswarer serbischer Frauenverein (Silber-Pokal), die Preise des Temeswarer Philharmonischen Vereins (2 Silber-Pokale und silberner Lorbeerkranz), Temeswar Fabriker Musik- und Gesangverein (Silber-Pokal), Gesangverein der Eisenbahn-Werkstätten (silberne Lyra), Typographia-Gesangverein (goldene Lyra), Budapester Buchdruckerei A.-G. (silberne Lorbeer), Gesangsverein in Györ (Lyra aus Bronze), Temeswarer Gewerbeverein (prachtvolles Fahnenband) und der Gesangsverein der Budapester Ganzfabrik (silberne Lyra).

Ein Budapester Spezialzug wird mit den Sängern am Donnerstag, den 20. August, Nachmittags 4 Uhr 40 Minuten in Temeswar eintreffen.

 

Konzert an der neuen Orgel

Für das am Freitag, den 21. August, 16 Uhr, in der Fabriker Millenniumskirche stattfindende Orgelkonzert gab es bereits ein sehr lebhaftes Interesse, um so mehr, als auch der berühmte hauptstädtische Orgelkünstler, Emmerich Meißner, das Konzert durch seine Mitwirkung gestalten wird. Gleichzeitig wird der bekannte Regenschori Kornel Szkladányi mit seinem großen Kirchenchor wieder glänzende Proben ihres Könnens liefern. Das Programm wird Werke von Franz Xaver Witt, Joseph Rheinberger, Bogisich, Rudnik, Stehle und Johann Sebastian Bach beinhalten.

 

Eine poetische Begrüßung

 

Das Landessängerfest sollte nicht nur die lokale und regionale Wirtschaft in Schwung bringen, sondern auch so manches patriotische Gedankengut fördern. Es wurden also in Temeswar nicht nur neue modische Hüte erzeugt, neue Stadtpläne gedruckt, neue Monographien publiziert, sondern auch neue Chöre komponiert und Gedichte geschrieben. So publizierte die Zeitung „Südungarische Reform“ in ihrer Ausgabe vom 20. August 1903 ein langes Begrüßungsgedicht von Franz Paul mit dem Titel Willkommen, Sänger, in Temesvár!:

Herbei zum festlichen Empfang!

Den Sängern unsern Weihekuß!

Das schönste Lied mit hellem Klang

Stimmt Alle an zum frohen Gruß!

Willkommen, wack´re Sängerschaar!

Willkommen uns in Temesvár!

(…)

Und hoch hält jeder Völkerstamm,

O seht! die Fahne roth, weiß, grün;

Wer fragt nach Sprachen hier, nach Nam´?

Für´s Vaterland die Herzen glüh´n,

Ein einzig heiliger Altar

Vereinigt All´ in Temesvár!

(…)

Das Lied erschallt, schon winkt und grüßt

Sct. Stefan aus den lichten Höh´n -

Herbei, herbei, wer Ungar ist!

Und hoch laßt uns´re Fahnen weh´n!

Willkommen, wackre Sängerschaar!

Willkommen uns in Temesvár!

 

Empfang am Josephstädter Bahnhof

 

Der 20. August 1903, der Tag des Heiligen Stefans von Ungarn, war nicht nur aus religiösen Gründen ein Feiertag, sondern wurde durch den Beginn des größten Temeswarer Sängerfestes ein Festtag, der, wie die Südungarische Reform berichtete, „in die ehrenvolle Geschichte Temeswars mit ehrenen Griffeln für ewige Zeiten verzeichnet“ wurde. Die „sangesfreudige Hunyadistadt“, die Metropole Südungarns, wurde für einige Tage ein „Wahrzeichen der unbezwingbaren Macht des Gesanges“.

An diesem Tag wogten ununterbrochen Menschenmassen durch die reichbeflaggten Straßen der Banater Hauptstadt. Schon am frühen Nachmittag kamen viele Chöre aus allen Teilen des Landes mit Separatzügen am Josefstädter Bahnhof an und die „Elektrische“ – Bezeichnung für die Straßenbahn – musste eine wahre Herkulesarbeit bewältigen. Selbst für die Fiaker und „Komfortablerkutscher“, die ihre Kunden zum Paradeplatz fahren mussten, war dies ein wahrer Geldsegen,. Am Bahnhof wurden sämtliche Chöre von einheimischen Chordeputationen begrüßt, es wurden „Eljenrufe“ (Hochrufe) intoniert und Kapellmeister Wenzel Josef Heller ist mit seiner kompletten Militärmusik angetreten. Die Fahne jedes ankommenden Chores wurde noch im Bahnhof durch ein Kranzelfräulein bekränzt, worauf man das Motto angestimmt hat. Der imposante Zug von 50 Gesangvereinen aus ganz Ungarn, bestehend aus ungarischen, deutschen, rumänischen und serbischen Sängern, zog danach unter den Klängen der Militärkapelle durch die Herren-, Bonnaz- und Hunyadigasse, den Scudierpark entlang, Kronprinz Rudolfgasse bis zum Prinz Eugen-Platz vor das Stadthaus. Hier vor dem Alten Rathaus (heute Libertatii Platz) nahm man Aufstellung und Bürgermeister Dr. Karl Telbisz begrüßte vom Balkon aus die Gäste der königlichen Freistadt. Nach mehreren Festrednern, die mit größter Begeisterung über die Rolle des „vaterländischen“ Liedes sprachen, von der historischen Rolle der Festung Temeswar an der südlichen Grenze des Landes, aber auch von den „fremdsprachigen“ Teilnehmern, die sich ebenfalls für das ungarische Lied einsetzten, wurde der Hymnus angestimmt und der ganze Paradeplatz erschall wie eine Kathedrale.

 

Bekanntschaftsabend in der Sängerhalle

 

Am Abend erstrahlte Temeswar wie ein Juwel: auf dem Domplatz leuchteten 55 Bogenlampen auf, der Triumphbogen strahlte im Lichterglanz von 450 elektrischen Glühlämpchen und die Straßen der Innenstadt konnten die Menschenmassen kaum fassen. Dazu kommt noch die feenhaft beleuchtete Sängerhalle, das Anlaufziel sämtlicher Festteilnehmer.

Im Festzelt hatten nun die teilnehmenden Chöre die Möglichkeit sich der zahlreichen Hörerschaft gesanglich vorzustellen. Es war ein erstes Auftreten an diesem Bekanntschaftsabend. Und wieder wurden Fest- und Begrüßungsreden geschwungen, die immer wieder mit Hochrufen unterbrochen wurden. Die ersten Gesangdarbietungen kamen von den Temeswarer Chören, an der Spitze mit dem Temeswarer Philharmonischen Verein, den damals Martin Novacek geleitet hat. Fast sämtliche Chöre trugen Werke Banater Komponisten vor, wie Rudolf Karrasz, Konrad Paul Wusching, Wilhelm Schwach, Guido Pogatschnigg, Karl Huber, u.v.a. Erst um Mitternacht endete dieses erste Chorkonzert.

Noch am Vormittag dieses Tages fand in der Temeswarer Domkirche ein festlicher Gottesdienst statt, den Weihbischof Josef Németh hielt. Domkapellmeister Martin Novacek führte mit seinem Chor und Orchester eine Messe von Weihrich auf. Interessant ist die Bemerkung eines Berichterstatters der Südungarischen Refom, dass vor der ungarischen Predigt von Theologieprofessor Matthias Ferch einige Staatsbeamte in auffallender Weise das Gotteshaus verließen „… und so der Vermutung Raum gaben, dass sie keine Freunde der ungarischen Sprache sind.“

 

Das Lied vom Liede

 

Am nächsten Tag, dem 21. August, wurde schon in aller Früh die Liste der Jurymitglieder für das Preissingen bestimmt. Darunter befand sich der Sekretär des Temeswarer Philharmonischen Vereins Dr. Alexander Kovács, der Komponist Peter König und Domkapellmeister Martin Novacek. Unter dem Vorsitz des Präses des Landessängerbundes, Senator Georg Lung, fand dann im Redoutensaal die Festgeneralversammlung statt. In Vertretung des Ehrenpräsidenten, des Diözesanbischof Alexander von Dessewffy, erschien Weihbischof Josef Németh an der Seite von Bürgermeister Telbisz und des Domherrn Anton Wittenberger, die alle mir Hochrufen empfangen wurden. In feurigen Worten würdigte sodann der Weihbischof die kulturelle, nationale und soziale Bedeutung des Liedes und des Sängerbundes, dessen Tätigkeit er weitere glänzende Erfolge wünschte. Er sagte u.a.: „Das Lied erweckt und entfacht die Flamme der Vaterlandsliebe, bringt die verschiedenen Bürger desselben einander näher und kräftigt hierdurch die Bande der Freundschaft und Brüderlichkeit, befördert die Konsolidierung aller Nationalitäten in der gemeinsamen Vaterlandsliebe. Das Lied ist aber auch Gebet, das uns kräftigt und unsere Gemüter gegen den Himmel emporhebt.“ Der Sekretär des Landessängerverbandes Dr. Sigmund Falk endete seine Ansprache mit einem Toast auf Temeswar: „Weder der Türken Gräuel, noch die Plage des Absolutismus konnten diese Stadt von der heimatlichen Scholle trennen und die patriotischen Gefühle lodern in den Herzen der Bürgerschaft Temeswars heute ebenso hell, wie in jedwelcher Stadt oder Gegend dieses Landes.

Am selben Vormittag fand in der Sängerhalle am Domplatz das erste Preissingen statt. Jeder Verein musste das dafür komponierte Pflichtstück Das Lied vom Liede von Peter König vortragen. Dr. Theodor Graf Salburg übersetzte den ungarischen Text des Dichters Ludwig Pósa: „Mein Lied, mein leicht beflügelt Lied, / wie ein Blatt im Winde hinflieht, / rauschest Du auf aus meiner Brust, / seufzend, klagend, doch auch voll Lust!...“. Dabei handelt es sich um eine größere Komposition für Männerchor, der die Sänger ins Schwitzen brachte – wie ein Berichterstatter in der Temesvarer Zeitung schrieb: „Es ist nämlich so schwer, dass das einfache zu Ende kommen ohne Umkippen schon als Verdienst angerechnet werden muss. Es hat sonst Platz für alle Nuancen, Solis u.s.w., die sich ein Dirigent nur wünschen kann…“. Besonders gelobt wurde der Auftritt des Lugoscher Musik- und Gesangvereins, der von Wilhelm Schwach geleitet wurde, der „sehr präzise, mit frischem Tempo und vieler Ambition“ sang. Die Lugoscher Sänger erhielten stürmische Ovationen und wurden von allen Seiten beglückwünscht.

 

Das Orgelkonzert

 

Dieses Sängerfest bot gleichzeitig den entsprechenden Rahmen, um die im Jahre 1901 fertiggestellte große Orgel der Temeswarer Millenniumskirche einem interessierten Publikum aus ganz Ungarn vorzustellen. Bei diesem Orgelkonzert erwies sich selbst die große Kirche als zu klein für die riesige Zahl von Zuhörern, die schon eine Stunde vor dem Beginn des Konzertes den Kirchenraum füllten. Die Organisten Emmerich Meißner, ein berühmter Orgelvirtuose aus Budapest und Kornel Szkladányi, der Organist dieser Kirche, spielten abwechselnd Werke von Joseph Rheinberger, Rudnik und Bach. Die mächtigen Akkorde der Orgel brausten wie Meereswogen durch den Kirchenraum und die einzelnen Register brachten das Publikum zum Staunen. Dem einheimischen Orgelbauer Carl Leopold Wegenstein ist damit ein glänzendes Meisterwerk gelungen, das dadurch über die Grenzen des Banats hinaus im ganzen Land bekannt wurde. Sowohl die technische Ausstattung dieses Werkes als auch die Intonation der einzelnen Register wurden als eine monumentale Meisterleistung gewürdigt. In der gleichen Kirche sang am nächsten Tag der Chor der Budapester Ganz-Fabirk unter der Leitung von Ludwig Hackl die Festmesse mit Orgelbegleitung von Franz Xaver Witt. Den hundert Männerstimmen und ihrem Dirigenten ist es gelungen, die hunderten von Besuchern mit ihrer Kunst zu begeistern.

 

Kapellmeister Wenzel Josef Heller und Graf Zichy

 

In der Sängerfesthalle fand am letzten Tag des Festes ein Galakonzert statt, bei dem „ganz Temeswar von den oberen Zehntausend bis zu den schlichten Arbeiterkreisen“ anwesend waren. Zu diesem Anlass wurde die Komposition Gemma des Grafen Géza Zichy aufgeführt, der das Orchester selbst leitete. Stürmischer nicht endenwollender Beifall folgte der Produktion und Graf Zichy musste immer wieder am Dirigentenpult erscheinen. Graf Zichy wird am nächsten Tag noch vor seiner Abreise Kapellmeister Wenzel Josef Heller einen Besuch abstatteten und ihm für die hervorragende Leistung seines Orchesters bedanken. Die Zeitung berichtete über Heller als „eine Musikkapazität ersten Ranges“, einem „genialen Militärkapellmeister“, der „mit seinen gediegenen Leistungen selbst die gespanntesten Erwartungen des berühmten Komponisten noch weit übertroffen hat.“ Garf Géza Zichy, der als einarmiger Konzertpianist und Komponist weit über die Landesgrenzen hinaus bekannt war, hatte eine große Wertschätzung für diesen bereits betagten Kapellmeister, der zu den bedeutendsten der Monarchie zählte.

Bevor am letzten Tag im Komitatshaus die Preise verteilt wurden, fand am Prinz-Eugen-Platz vor dem Rathaus das große Singen im Freien statt. Dafür wurde für Dirigent Emmerich Bellovics ein hohes Podium errichtet, von wo aus er alle 1.600 Sängerinnen und Sänger dirigieren konnte. Franz Erkels Hymnus erklang wie ein dröhnender Orgelklang und begeisterte das zahlreiche Publikum. Zu den preisgekrönten Chören zählte auch der Lugoscher Musik und Gesangverein, der den Ehrenpreis des Bischofs Alexander von Dessewffy entgegennahm, die Sankt-Gerhards-Statue in Silber. Einige Dokumente berichten darüber, dass Ioan Vidu, der Dirigent des rumänischen Kirchenchores aus Lugosch und einer der bedeutendsten rumänischen Chorkomponist seiner Zeit, den deutschen Lugoscher Musik- und Gesangverein tatkräftig unterstützt hat. Er selbst berichtete über dieses Sängerfest: „Wahrlich, man kann sagen, dass die Lyra der ungarischen Musik zu dieser Gelegenheit mit Kraft erklungen ist.“ Vidu kämpfte gemeinsam mit den deutschen Chören des Banats für ihre Rechte und gegen die Magyarisierung der einheimischen Chortraditionen, besonders jener der nationalen Minderheiten. Die große goldene Bundesmedaille erhielt der Gesangverein aus Eger/Erlau, den Guido Pogatschnigg geleitet hat. Pogatschnigg war von der Stadt Temeswar so begeistert, dass er sich in kurzer Zeit hier niederlassen wird.

 

Türkisches Gebet auf dem Paradeplatz

 

Dieses Sängerfest wäre nicht das Sängerfest des 20. Jahrhunderts gewesen, wenn nicht ein weiteres einmaliges Ereignis stattgefunden hätte: Am Abend des letzten Festtages, es war ein Samstag, versammelten sich vier Gesangvereine vor dem Rathaus, um dem Ehrenpräsidenten eine Serenade darzubringen. Es war aber eine Serenade besonderer Art, die bisher in der Geschichte der Stadt einmalig geblieben ist. Der Gesangverein aus Eger/Erlau stand Mitten auf dem Paradeplatz und sang das Türkische Gebet, eine Komposition des Dirigenten Guido Pogatschnigg. Die beiden Solisten standen jeweils auf dem Balkon der Agrarsparkasse (der Tenor-Solist) und gegenüber auf dem Balkon des Militärkasinos (der Bass-Solist). Trotz der großen Entfernung ergab sich eine verblüffende, effektvolle Wirkung. In lautloser Stille erschall das Allah il Allah!, vorgetragen von den beiden Solisten als Müezins – und dies nach knapp 200 Jahren seit der Befreiung der Festung Temeswar von den Türken. Der Jubel der fast 10.000-köpfigen Menge wollte nach Beendigung dieses Meisterwerkes gar kein Ende nehmen.

 

Ausklang

 

Durch dieses Sängerfest wurde nicht nur die Stadt Temeswar noch bekannter als bisher. Selbst der Philharmonische Verein, der an der Organisation dieses Festes maßgebend beteiligt war, machte sich dadurch einen noch besseren Namen. Noch im gleichen Jahr bekamen sie ein Glückwunschschreiben vom Ungarischen Gesangverein aus New York und mit dem Wiener Männergesangverein und anderen über 100 Gesangvereinen in ganz Europa bestand weiterhin eine freundschaftliche enge Verbindung. Das Sängerfest in Temeswar hat 1903 ganz neue Maßstäbe gesetzt, die man bei den vorhergehenden Sängerfesten in Arad (1898) oder Fiume (1894) nicht erahnen konnte. Dadurch musste von der Hauptstadt der ungarischen Monarchie aus die Metropole Südungarns endgültig ihrer Bedeutung nach als ein wichtiges Kulturzentrum betrachtet werden. Obzwar das „fremdsprachige“ Chorlied, also jenes der nationalen Minderheiten Südungarns, bei diesem Landessängerfest keinen Platz fand – oder gerade deswegen – bekam die Chorkultur dieser Region einen beachtlichen Ansporn für die Zukunft. Nur kurze Zeit nach dem Zusammenbruch der Doppelmonarchie wurde hier im gleichen Jahr 1922 sowohl der Deutsche Banater Sängerbund als auch der Bund rumänischer Chöre und Blaskapellen des Banats gegründet. Von hier aus nahm bereits 1906 die Chorbewegung einen nationalen Charakter an und Dumitru Kiriak schrieb einige Jahre später nach Lugosch: „… Den Anfang müsst ihr Banater  übernehmen, dort im Banat, im Land der Chöre! Wir werden Eurem Beispiel folgen…“ Auch dadurch ist das Temeswarer Sängerfest des Jahres 1903 als ein Meilenstein in die südosteuropäische Musikgeschichte eingegangen.

 

 

NACHTRAG

 

Der Bericht des rumänischen Komponisten und Chorleiters Ioan Vidu

zum Landessängerfest Ungarns in Temeswar

 

Der rumänische Komponist und Chorleiter Ioan Vidu war ebenfalls bei diesem Sängerfest gemeinsam mit einigen Freunden aus Lugosch angereist und veröffentlichte danach in der rumänischen Lugoscher Zeitung Drapelul zwei interessante Folgen. Dieser Bericht ist ein wichtiges Zeitdokument über das Nebeneinander von Musikkulturen und Menschen im damaligen Banat. Vidu war stets um eine gehobene rumänische Chorkultur im Banat bemüht und befand sich mit dem Lugoscher Musik- und Gesangverein in freundschaftlichen Beziehungen. Es war bestimmt schmerzlich für ihn zu erfahren, dass bei diesem Sängerfest keine rumänischen Chorwerke aufgeführt werden durften. Trotzdem versucht Vidu aus diesem Sängertreffen für sein späteres Wirken ein Nutzen zu ziehen: er wurde als Rumäne bei diesem Fest von seinen Kollegen mit offenem Herzen empfangen und so sollen auch später die ungarischen Landsleute bei einem eventuellen rumänischen Chortreffen empfange werden. Als Initiator des Bundes rumänischer Chöre und Blaskapellen des Banats wird er 1922 viele Erfahrungen, die er bei diesem Sängertreffen gesammelt hat, in seine Arbeit einbringen. Dieser Bericht ist in der rumänischen Zeitung Drapelul [Die Fahne], Lugosch, 3. Jahrg., Nr. 95 und 96 vom 4./27. und 6./29. August 1903, erschienen und wird hiermit zum ersten Mal vollständig in deutscher Sprache veröffentlicht.

 

Ioan Vidu:

Sängerfest in Temeswar

Impressionen und Überlegungen

 

Der Landesverband der Chöre Ungarns hielt in den Tagen 21., 22. und 23. August 1903 seine Generalversammlung in der Hauptstadt des Banats, Temeswar, ab. In musikalischer Hinsicht wird Temeswar auch noch als Klein-Wien bezeichnet; es ist also nicht staunenswert, dass das Präsidium des Landesverbandes sich durchsetzen konnte und Temeswar sich nun vor den zahlreichen Gästen rechtfertigen muss.

Es kamen nach Temeswar 25 der besten Chöre des Landes, weitere 25 waren durch Abordnungen vertreten, dazu kommen noch die 6 Gesangvereine Temeswars mit ihren 184 aktiven Mitgliedern – also stand ich vor diesen 1.379 Sängern. Man kann mit Recht behaupten, dass die Lyra der ungarischen Muse hier mit Macht erklungen ist. Und in der Zeit in der sich die Politiker Gedanken über die Schicksale der Heimat machen, indem ein Volk nach dem anderen unterjocht wird, lassen die Kinder der Muse ihre Lieder erklingen. Doch ohne Nutzen! Nicht die Oberen werden das Schicksal der Völker lenken, sondern die Völker werden ihr Schicksal selbst durch ihre kulturelle Entwicklung bestimmen. Ein ungarischer Mann von großer Bedeutung hat mal gesagt: „Ungarns Schönheit ist so wie das Land in Wirklichkeit ist, und erscheint wie ein blühender Garten mit verschiedenen Blumen, der viel schöner ist als ein Garten nur mit Raps bepflanzt.“ Der Wind der Zeit aber trägt den Blütenstaub von einer Blüte zur anderen, wodurch jeder Einzelne veredelt wird. So steht es auch mit den Völkern und Nationalitäten dieses Landes: unser Schicksal ist es, uns gegenseitig zu kultivieren und wer sich untersteht die Entwicklung eines Volkes zum Vorteil eines anderen zu unterdrücken, der ist der Feind unseres Landes – also ein ungeschickter Gärtner. Wir sollten einer vom anderen lernen um uns zu kultivieren – dies wäre die Aufgabe des Staates. Ein anderer wichtiger Staatsmann, der Abgeordnete und Priester I. Hock sagte bei einer Konferenz die im letzten Winter stattfand über die Kultur: „Die Kultur eines Volkes stützt sich auf die Wissenschaft und Kunst; eine kann ohne die andere keine Kultur ergeben. Das Volk das nur Wissenschaft produziert ist wie ein Adler dem man einen Flügel abgeschnitten hat; und das Volk das auch die Kunst pflegt ist wie ein Adler mit zwei Flügel der in seinem majestätischen Flug Höhen erreicht, deren Luft durch den Flügelschlag mitschwingt und erzittert…“ Was für schöner Vergleich – schöne Worte! – wir sollen diese beherzigen! Wir sollen diese uns auch merken, da ein anderer unserer Pfarrer aus dem Komitat Arad mir vor etwa vier Woche gesagt hat: „Eure Zeitung in Lugosch [Drapelul] berichtet nur über Konzerte, ohne die wir auch leben könnten.“ Wahrlich, es stimmt, da ja auch der Adler mit nur einem Flügel leben könnte, aber der Arme könnte nicht mehr in seine Sphähren steigen; … so könnten auch meine lieben Arader (Vidu spricht hier von „criseni“, Bewohner der Kreischregion, um den Fluss Kreisch gelegen, nördlich von Arad) ohne Musik leben. Ja! Wer schläft braucht Ruhe. Die Klänge der Musik sind nicht für ihn, da er aus dem Schlaf erwachen würde. Der Arme träumt… und die Klänge der sozialen Entwicklung würden ihn stören. Dies ist die wahre Passivität und nicht jene unserer Lugoscher Zeitung! Aber unsere Zeitung propagiert eine andere Art von Aktivität: sie befindet sich inmitten der sozialen Veränderungen. Aber kommen wir zurück nach Temeswar.

Um nicht meinen Arader Freund zu langweilen werde ich nicht die Abendkleider der Feste vom 21., 22. und 23. beschreiben, aber einige Illustrationen sind für ein vollständiges Bild schon notwendig.

 

I. Teil

 

Am Vorabend des 21. kamen die Chöre aus allen Landesteilen an. Sie marschierten in eindrucksvoller Ordnung vom Bahnhof bis zum Rathaus unter den Klängen der Militärkapelle und mit ihren Fahnen. Es folgte die Begrüßung durch den Bürgermeister, die Einquartierung und der Bekanntschaftsabend. Dieser Bekanntschaftsabend war nicht wie jener in Baia Mare, beschrieben vom Bruder Poganello, da hier proportionell sehr wenig getrunken und gegessen wurde. Hier hat sich jeder einzelne Chor in seiner vollen Stärke mit einem Stück vorgestellt, so dass dein Interesse auf Getränk verschwunden ist und zum Schluss blieb man dadurch mit einer angenehmen seelischen Unterhaltung und auch mit dem ganzen Geld im Beutel. Wahrlich – sagte ich einem Freund – wenn es um Saufen ginge, hätten wir uns auch zu Hause besaufen können, ohne dafür in eine andere Stadt reisen zu müssen. Nach dem Bekanntschaftsabend gingen wir nach Hause und schliefen tief, wie unser Arader Freund, mit dem kleinen Unterschied, dass wir am nächste Morgen mit guten Gefühlen und ausgeruht aufgewacht sind und uns schon auf die nächsten Veranstaltungen freuten.

Am Morgen des 21. August um 8 Uhr fand die Probe sämtlicher Chöre für das Gemeinschaftssingen statt. Schon vor acht waren die Straßen überfüllt und die Sänger erschienen mit ihren Insignien aus allen Richtungen. Es war acht Uhr und die Probe hat begonnen. Ich kann nicht verstehen, wie diese Menschen so pünktlich sein können! Wenn ich den unsrigen sage um 8 Uhr zu erscheinen, musst du dankbar und zufrieden sein, wenn sie um 9 Uhr ankommen. Diese Eigenschaft haben wir von unseren Vorfahren, den alten guten Römern geerbt. Und unsere Vorfahren, falls sie nicht auch so gewesen wären, hätten nicht gewartet bis Trajan kam um ihr Dakien zu besetzen…

Um 11 Uhr begannen die Vorführungen einzelner Chöre mit ein und demselben Lied, das das Präsidium festegelegt hat. Alle 25 Chöre wurden durch Ziehungen in zwei Gruppen geteilt. Die erste Gruppe sang von 11 bis 12.30 Uhr, die zweite von 6 bis 7.30 Uhr am Abend. In der Zwischenzeit, zwischen 4 und 5 Uhr, fand ein Orgelkonzert in der neuen und pompösen katholischen Kirche der Temeswarer Fabrikstadt statt.

Dieser zweite Sängertag war für den Laien etwas langweilig, da man ein und dasselbe Lied von jedem Chor gehört hat. Um so interessanter aber war dies für einen interessierten Musiker, der dadurch die Musikkultur des ganzen Landes abschätzen und dadurch seine Schlussfolgerungen ziehen konnte. Für meinen Arader wäre das Orgelkonzert so und so ohne Wert gewesen, da es ja in einer katholischen Kirche stattgefunden hat. Aber, o Gott, wenigstens fand kein Gottesdienst statt. Und doch, man fühlte sich wie vor unserem Herrgott, und man wurde bei dem Einsatz des Chores von einem herrlichen himmlischen Gefühl überfallen. Auch der katholische Bischof war zugegen.

Am Morgen des 22. August fand wieder um 8 Uhr die Gemeinschaftsprobe statt, die bis 10 Uhr ging. Um 11 Uhr begannen dann die freien Vorträge einzelner Chöre. Jeder Chor konnte ein Stück nach freier Wahl singen. Die erste Gruppe endete um 1 Uhr und die zweite Gruppe trat von 6 bis 7.30 Uhr abends auf. Danach brachten die fünf besten Chöre dem Bürgermeister ein Ständchen: die Chöre aus Lugosch, Eger, Miskolcz, Makó und Budapest (Ganz-Fabrik). Am Vorabend dieses Tages sang man jeweils ein Ständchen der Chorpatin; die Patin des Lugoscher Chores war Fräulein Tedeschi.

Sonntag, 23. August war der letzte Tag der Feierlichkeiten und gleichzeitig der Höhepunkt. Um 9 Uhr fand in der neuen Kirche der Fabrikstadt ein Gottesdienst statt. Es sang der Chor der Budapester Ganz-Fabrik, der außerhalb des Wettbewerbs teilgenommen hat. Dieser Chor erhielt beim letzten Sängerfest vor zwei Jahren den ersten Preis. (Diese Treffen finden jedes zweite Jahr statt). Bei dieser Messe beteiligten sich all die in Temeswar Rang und Namen hatten. Ich sah mich in alle Richtungen um, ob ich vielleicht von unseren Rumänen welche erblicken kann. Aber umsonst! Ich wünschte mir, dass je mehr meiner Landsleute anwesend wären, damit sie Ordnung, Disziplin, Reinheit, Ästhetik und… Pietät erfahren. Selbst einer mit einem versteinerten Herzen hätte sein Haupt in diesem Gotteshaus aus Ehrfurcht geneigt, angetan von dem künstlerischen Stil dieses Kirchenbaus, den Malereien von elektrischem Licht beleuchtet und dem herrlichen Chorgesang…

Lugosch, 24. August 1903

I. Vidu

 

Um 11 Uhr folgte dann das Galakonzert. Alle Konzerte wurden in der von der Stadt Temeswar speziell dafür erbauten Sängerhalle gegeben, sie kostete 24.000 Kronen. Das Galakonzert wurde von den lokalen Gesangvereinen bestritten, verstärkt von den Chören aus Miskolcz und Budapest (Ganz-Fabrik) und begleitet von der Militärkapelle unter der Leitung des Grafen Zichy Géza. Von den vier Vortragsstücken waren zwei von Graf Zichy komponiert (erstes und letztes Stück). Das erste Stück wurde nur von der Militärkapelle des 29. Infanterieregiments vorgetragen und das zweite von den Chören mit Begleitung des Orchesters. Als Demokrat gefällt es mir nicht hochgestellte Persönlichkeiten zu loben, doch vor dem Grafen Zichy muss ich es tun, nicht weil er Adeliger ist, sondern weil er ein sehr guter und geschätzter Musiker ist.

Während diesen zwei Tagen konnten meine Ohren die Werke aller ungarischen Komponisten vernehmen, die in diesem Land einen besonderen Wert darstellen. Aber, ehrlich gesagt, bin ich der Meinung, falls man auf diesem Wege fortschreitet, man zu keinem Fortschritt kommen kann, zu keiner Perfektion in der ungarischen Musikkultur. Jede Nation hat ihre eigenen Nationalmotive, die all jene verraten die lautstark verkünden: Die Musik sei international.

Ich meine, dass Graf Zichy sich von den bisherigen monotonen ungarischen Chören distanzieren wird. Er schätzt die charakteristischen Motive der ungarischen Volksmusik, aber nicht bis ins Absurde, und bekleidet diese um in ein neues Gewand und neue Formen. Graf Zichy wurde viel akklamiert und bejubelt, doch ich vertraue nicht diesem jubelnden Publikum. Ich befürchte, dass viele ihn deshalb bejubelt haben, da er sich bis zu uns herabgelassen hat und dafür mit einem Galakonzert, angeblich zu Ehren der Sänger, geehrt wurde. Ich habe ihn ebenfalls bejubelt, aber nicht für dies, sondern für seine neue Richtung die er eingeschlagen hat und so das Fundament für eine neue ungarische Volksmusik darstellt.

Um 4 Uhr nachmittags fand das Massenkonzert statt. 1.200 Sänger unter der Leitung des Budapester Musikprofessors Herrn I. Bellovits begannen das Konzert mit dem Hymnus, gefolgt von sieben Stücken, vier davon begleitet von der Militärkapelle. Eine solche große Sängermasse zu hören ist schon imposant, und man erwartete, dass im Fortissimo selbst die Fensterscheiben von diesen Klangstärken barsten werden. Doch bald fühlte man sich enttäuscht in diesen Erwartungen, da die Proportion zwischen der Chorgröße und den wahrgenommenen Klangstärken nicht stimmte – der eigentliche Sinn eines solchen Massenchores. Der Grund? Man konnte gleich beobachten, dass nicht alle Chöre die eigens dafür bestimmten Stücke einstudiert hatten oder diese nicht genügend kannten. Wir können daraus lernen, dass in Zukunft der Dirigent dieses Massenchores all diese Chöre vor Ort besuchen sollte und sie ein wenig zu Disziplin mahnen.

Nach diesem Massenkonzert folgte der Beschluss der Jury und die Verteilung der Preise. In der ersten Kategorie gab es zwei Preise: den ersten Preis erhielt der Chor aus Eger, den zweiten der aus Miskolcz (Dalár egylet). In der zweiten Kategorie gab es ebenfalls zwei Preise, der erste Preis erhielt der Chor aus Lugosch. Es gab mehrere Kategorien, doch hier waren die Wertschätzungen nicht so wichtig. Der Wettstreit beschränkte sich bis zuletzt zwischen den Chören aus Lugosch und Eger, da der Chor aus Muskolcz eigentlich so dazu kam wie Pilatus in das Credo. Dabei spielte die Wertschätzung der Jury für den Chorleiter des Chores aus Miskolcz, E. Lányi, der gleichzeitig ein bedeutender ungarischer Komponist ist, eine wichtige Rolle. Und so bekam dieser Chor den zweiten Preis. Dass der Chor aus Eger den ersten Preis bekommen hat, ist für mich dadurch zu erklären, da dieser aus vielen Sängern besteht, darunter auch zwei katholische Priester, was einen Einfluss auf die Jury hatte. Gerechterweise hätte der Lugoscher Chor den ersten Preis erhalten müssen, obzwar sowohl der Chor aus Eger als auch der Lugoscher Chor distonierten (der erstere fiel und der zweite stieg bis zum Schluss um einen halben Ton). Trotzdem hatte der Lugoscher Chor mehrere Vorteile im Vergleich zu den anderen Chören, besonders in der glänzenden Interpretation des freien Stückes. Ergo: dieser Chor hätte den ersten Preis erhalten müssen. Es könnte sein, dass auch andere Gründe dabei eine Rolle spielten, und zwar dass dieser Chor aus mehreren Nationalitäten besteht… Na und! Aus sozial-ungarischer Sicht hat er Erfolg, künstlerisch aber nicht. Man sah trotzdem, dass die Jury diese Situation befriedigen wollte und so dem Lugoscher Chor den wertvollsten Preis (1000 Kronen) zusprach. Wir gratulieren unsere Kollegen aus Lugosch, da selbst die Kritik sie favorisiert hat, was man durch die vielen Akklamationen des Temeswarer Publikums bei allen Gelegenheiten, selbst auf der Straße, feststellen konnte: Vorwärts Brüder! Mutig vorwärts!

Am selben Abend folgten dann die Abschiedsveranstaltungen und das Festbankett, am zweiten Tag der Ausflug – Sachen, die uns aber nicht mehr interessieren.

 

II. Teil

 

Und jetzt, zurück aus dieser sozialen Fermentierung und wieder zu Hause, werden wir uns nicht schlafenlegen wie unser Arader Freund, sondern meditieren über das Gesehene, Gehörte und Erlebte um hilfreiche Schlüsse zu ziehen für unsere rumänische Gesellschaft. So würden auch unsere ungarischen Landsleute es tun, nachdem sie uns besucht hätten. Mit der Hilfe Gottes werden wir hoffentlich auch die Möglichkeit haben, ihnen diese Gelegenheit zu geben, da dies auch des Ziel aller Völker ist: voneinander zu lernen wenn sie weiterhin bestehen möchten.

Die Kultur ist nicht das Monopol mancher Völker sondern ein Geschenk Gottes für alle die danach streben. Das Volk das nicht nach Kultur strebt wird untergehen. Jenes Volk aber das ein Kulturvolk ist, kann nicht unterdrückt werden. Es ist natürlich und gut, dass die schlechten Elemente vernichtet werden, selbst wenn es sich um das rumänische Volk handelt, wenn es keine Kultur hätte. Deshalb komme ich zurück zu dem am Anfang gesagten: dieses Land ist ein von Gott gesegneter bunter Blumengarten mit verschiedenen Blumen und die Aufgabe des Gärtners ist es diese zu pflegen und daraus ein Paradies auf Erden zu machen. Dieser Gärtner ist die Regierung unseres Landes, die sich um all diese Blumen bemühen müsste. Ob es die Regierung will oder nicht, die ganze Gesellschaft dieses Landes wird sich ihre Zukunft selbst bestimmen, da sie ihre Notwendigkeiten und Ideale besser kennt. Hier wohnen wir zusammen mit mehreren Nationalitäten und alle sind wir aufeinander angewiesen. Es gab auch Zeiten in denen wir uns bekämpften, aber dies geschah völlig unbegründet.

Die Festtage des 21., 22. und 23. August waren für unsere ungarischen Landsleute wahre und beseelte Freudentage. Wir freuten uns zusammen mit ihnen und wir versuchten etwas von dem Gehörten und Erlebten zu lernen. „Unde e cantare sa mergi cu drag, ca numai de inimi bune dai“, oder: “Wo man singt, dort lass dich ruhig nieder, böse Menschen haben keine Lieder“. Wir waren dabei, und wenn die Zeit kommt, werden unsere ungarischen Landsleute die gleichen offenen Herzen bei uns finden – dann, wenn die Lyrasaiten der rumänischen Muse hell erklingen werden.

Lugosch, 24. August 1903

I. Vidu

 

 

Copyright © Dr. Franz Metz, München 2007

 

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