Temeswar / Timisoara
DIE ORGEL DER DOMKIRCHE
von Dr. Franz Metz
Hundert Jahre sind eigentlich kein besonderes Alter für eine Orgel, stehen doch im Banat auch noch Instrumente aus dem 18. Jahrhundert, also mit einem Alter von über 200 Jahren. Doch verdient die Orgel der Temeswarer Domkirche eine besondere Würdigung, nicht nur des Standortes wegen – in einer Bischofskirche – sondern auch wegen ihrer handwerklichen Qualität und ihrer spannenden Geschichte. Wenn auch die größten Orgeln Siebenbürgens aus ausländischen Werkstätten kamen, so können wir uns doch im Falle unserer Temeswarer Domorgel von einem Höhepunkt Banater und südosteuropäischer Orgelbaukunst sprechen. Dieses Instrument wurde vor genau 100 Jahren (1908) vom Temeswarer Orgelbauer Carl Leopold Wegenstein errichtet und erklingt seit dann ununterbrochen zum Lobe Gottes und zur Freude der Menschen. Grund genug, um dieses Ereignis zu würdigen.
Die Orgelbauerfamilie Wegenstein
Die modernste Orgelbauwerkstatt des Banats war die der Firma Carl Leopold Wegenstein. Er war der letzte bedeutende Orgelbauer dieses Landstriches. Instrumente dieser Werkstatt stehen nicht nur im Banat sondern auch in anderen Teilen der ehemals österreich-ungarischen Monarchie.
Carl Leopold Wegenstein kam 1858 in Klein-Hadersdorf (Niederösterreich) zur Welt und starb am 10. März 1937 in Temeswar. Er erlernte seinen Beruf als Orgelbauer in Wien. Um 1880 ließ er sich in Temeswar nieder, heiratete die Tochter des Orgelbauers Josef Hromadka und begann hier Orgeln zu bauen. In der Mehrzahl sind es Instrumente von guter Qualität, die späteren Fabriksorgeln seiner Nachfahren sind aber von geringerer Güte. Von seinen acht Kindern wurden Richard, Josef und Viktor seine Nachfolger im Orgelbau.
Die erste Werkstatt hat er 1888 im Hause Hromadka eingerichtet, sie wurde aber bald zu klein für die Bewältigung der Aufträge, so dass er eine größere, modernere in der Elisabethstadt errichtete. Hier arbeitete er auch mit Dampfmaschinen und später mit elektrischen Maschinen. Seit 1921 hieß die Firma Leopold Wegenstein und Söhne, Leiter blieb er jedoch bis zum 10. März 1937.
Seine erste große Orgel ist die in der Innerstädtischen Pfarrkirche, die 1896 bei der Weltausstellung in Budapest einen ersten Preis erhielt. Sie wurde danach von den Stadtvätern Temeswars angekauft und führt deshalb auch das Stadtwappen in der Stirnkartusche. Weitere große Wegenstein-Orgeln stehen in der Temeswarer Innerstädtischen Synagoge, Maria-Radna, St. Josephskathedrale (Bukarest), in der Millenniumskirche der Fabrikstadt (Temeswar), sowie im Temeswarer Dom als Opus 100.
Leopold Wegenstein ist in der Bauweise seiner Orgeln dem Charakteristikum der Romantik verpflichtet, was auch seine Lehrjahre bei folgenden namhaften Orgelbauer beweisen: Walker (Ludwigsburg), Jähmlich (Dresden), Dinze (Berlin), Weigle (Stuttgart), Hickmann (Dachwig bei Erfurt), Goll (Luzern), Kaufmann (Dresden), Giesecke (Göttingen) und Laukhuff (Weikersheim).
Richard Wegenstein (*10. Juni 1886, +24. März 1970 Temeswar) war schon zum Beginn des 20. Jahrhunderts Mitinhaber der Orgelbaufirma seines Vaters Leopold. Er hat die Domorgel 1936 renoviert und die Disposition teilweise im Sinne der damaligen Orgelbewegung verändert. Auch die anderen beiden Söhne C. L. Wegensteins waren als Orgelbauer tätig: Josef Wegenstein (*4. März 1894, +14. Juni 1930 Temeswar) und Viktor Wegenstein (*9. Juni 1901, +23. Okt. 1964 Temeswar). Der letzte Nachkomme dieser Orgelbauerfamilie ist Josef Wegenstein jun. der z.Z. in Weikersheim lebt und viele Jahre bei der Orgelbaufirma Laukhuff wirkte.
Bereits im Jahre 1913 erschien in Temeswar zum zwanzigjährigen Firmenjubiläum eine Broschüre mit den bis dahin 122 Orgeln von Leopold Wegenstein. Das Heft beinhaltet auch kritische Berichte von Lajos Schmidthauer und Franz Kersch, zwei der bedeutendsten Organisten Ungarns. Bis zum Jahre 1945 verließen über 300 Instrumente die Temeswarer Orgelbauwerkstatt. Durch den Krieg und die danach folgende Verstaatlichung aller Betriebe musste man die Produktion von Orgeln einstellen. Damit endete eine fast 250 Jahre dauernde Tradition des Banater Orgelbaus. Zu den letzten Orgeln Wegensteins zählen jene in der Elisabethstadt (1939) und in Heltau (bei Hermannstadt, Siebenbürgen).
Die Planung der neuen Domorgel
Die Pläne der Prospektgestaltung für die Orgel des Temeswarer Doms und der Wallfahrtskirche zu Maria-Radna sind aus dem Monumentalentwurf für die Orgel der St. Peter-Basilika in Rom entnommen, der von Airstide Cavaille-Coll (Paris) stammt. Dieser bedeutendste französische Orgelbauer des 19. Jahrhunderts – seine Instrumente stehen in den größten Kathedralen Frankreichs – wurde bereits um 1866 veröffentlicht. Dabei handelt es sich um einen Entwurf für die zu erbauende größte Orgel der Welt, für die Peterskirche in Rom. Dies beweisen die Eintragungen auf der Skizze, die Carl Leopold Wegenstein 1905 gefertigt hat. Viele Einzelheiten der Prospektgestaltung hat Wegenstein daraus für seine Maria-Radnaer-Orgel und für die Temeswarer Domorgel entnommen. Diese beiden Instrumente Wegensteins weisen viele Gemeinsamkeiten auf, wenn sie auch in Größe und Qualität verschieden sind.
Ausschlaggebend für den Orgelneubau in der Temeswarer Domkirche vor 1908 war der disolate Zustand der alten Orgel. Diese stammte noch etwa aus dem Jahre 1762 und wurde vom Wiener Orgelbauer Johann Hencke als erste große Domorgel errichtet. Ihre kleine, provisorische Vorgängerin (ein kleines Positiv mit 4 Registern) konnte 1990 auf der Empore der Temeswarer Barmherzigenkirche entdeckt werden. Doch davon sind nur einige Teile erhalten geblieben wie das Spundbrett mit dem Namenszug ihres Erbauers.
Die erste Domorgel fügte sich harmonisch in die Architektur der Domkirche: das Licht strahlte vom hinteren Kirchenfenster hell in den etwas dunklen Raum, die Dommusik hatte hinter und seitlich der Orgel genügend Platz und an der Wand hang ein altes Ölgemälde mit der Heiligen Cäcilia, der Patronin der Kirchenmusik. An dieser Domorgel wirkten bereits im 18. und 19. Jahrhundert bedeutende Musiker, wie Joseph Kratochwill, Franz Limmer, Wilhelm Franz Speer, Martin Novacek, Franz Seraphin Vilhar und nicht zuletzt Desiderius Jarosy. Diesem ist es auch zu verdanken, dass der Orgelneubau 1908 zustande kommen konnte. Bischof Alexander von Dessewffy finanzierte fast vollständig diesen Bau, sein Wappen befindet sich noch heute sichtbar am Prospekt der heutigen Domorgel. Jarosy war nicht nur als Domkapellmeister, sondern auch Herausgeber mehrerer Kirchenmusikzeitschriften tätig, unterrichtete an der Budapester Musikhochschule und konzertierte als Organist. Er galt in seiner Zeit als einer der bedeutendsten Musikwissenschaftler Ungarns. In seinen Orgelkonzerten erklangen regelmäßig die neuesten Werke zeitgenössischer Orgelmusik. Dem entsprechend wurde auch die Disposition der Domorgel (d.h. die Zusammenstellung der Register und Klangfarben) dem Geschmack seiner Zeit angepasst.
Wegenstein war damals nicht der einzige Orgelbauer des Banats. Um das Jahr 1900 wirkten in dieser Region der k.u.k. priv. Hof-Orgelbauer Johann Dangl (Arad), August Hromadka, Georg Joseffy (Orgel- und Drehorgelbauer), Anton Petrof (Harmoniummacher), Franz Renner. Dazu kam noch die Konkurrenz durch die Orgelbaufirma Josef Angster in Pécs / Fünfkirchen und Otto Rieger aus Budapest. Doch kann man feststellen, dass sich Wegenstein nicht nur im Banat sondern auch in vielen Teilen Siebenbürgens, Ungarns und später auch Rumäniens behaupten konnte.
Wegenstein nannte damals seine Firma: Erste südungarische pneumatische Orgelbauanstalt. Wegenstein selbst baute nicht nur Orgeln, sondern verrichtete auch andere Aufgaben, wie es in einer Werbung aus dem Jahre 1893 hieß: In meiner Orgelbau-Werkstätte werden alle in das Orgelbaufach einschlagenden Arbeiten auf das Rascheste effektuirt. Insbesondere empfehle ich mich zur Anfertigung von Kirchenorgeln in allen Dimensionen, Drehorgeln, Drehharmonikas u. Harmoniums, sowie alle Gattungen Clavierarbeiten und Clavierreparaturen. Clavierstimmungen werden auf Wunsch sofort durch mich vorgenommen und leiste ich für all meine Arbeiten Garantie. (…) Kirchenorgeln und Harmoniums werden nach Angabe in allen Dimensionen angefertigt.
Ein „kreditwürdiges“ Unternehmen
Durch die Folgen des Zweiten Weltkriegs, der Verstaatlichung der gesamten Wirtschaft Rumäniens wie auch wegen der Situation der Kirche musste die Tätigkeit der Orgelbaufirma Wegenstein eingestellt werden. Schon in den letzten Kriegsjahren mussten anstatt Orgelbau- nur noch Tischlereiarbeiten ausgeführt werden. Die ganzen Firmenunterlagen gingen dabei verloren oder wurden beschlagnahmt. Um so wichtiger sind daher die Unterlagen, die sich heute bei der Firma Laukhuff in Weikersheim befinden und deren Beziehungen zu Wegenstein ab etwa 1890 bestätigen. Diese Unterlagen beruhen meist aus Recherchen der Auskunftei W. Schimmelpfeng in Budapest. Darin kann man das stätige Wachsen dieses Betriebs beobachten, bis zu der Feststellung, dass es sich um ein ernstes und kreditwürdiges Unternehmen handele, das in der Zwischenkriegszeit bis zu 30 Angestellte zählte.
Die Disposition der Domorgel
Die Temeswarer Domorgel hat die Opuszahl 100 erhalten, schon deren Bedeutung wegen für die Tschanader Diözese wie auch für die Firma selbst. Die Orgel hatte 46 Register, verteilt auf 4 Werken. Die originale Disposition, die man heute noch auf dem Durchgangsrelais unter dem Pedal lesen kann, sah 1908 wie folgt aus:
I. Manual (Hauptwerk):
Principal 16´
Bourdon 16´
Principal 8´
Gedeckt 8´
Hohlflöte 8´
Zartflöte 8´
Fugara 8´
Gemshorn 8´
Trompete 8´
Oktave 4´
Rohrflöte 4´
Spitzflöte 4´
Doublette II 2 2/3´
Cornett III-IV 8´
Mixtur VI 2 2/3´
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II. Manual:
Gedeckt 16´
Principal 8´
Rohrflöte 8´
Flute harmonique 8´
Gamba 8´
Salicional 8´
Klarinette 8´
Oktave 4´
Flûte octaviante 4´
Dolce 4´
Picollo 2´
Mixtur IV 2 2/3´
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III. Manual (Schwellwerk):
Quintatön 16´
Geigenprincipal 8´
Quintatön 8´
Soloflöte 8´
Voix céleste 8´
Aeoline 8´
Oboe 8´
Flauto Traverse 4´
Violine 4´
Harmonia aetheria III-IV
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Pedal (C-f1):
Bourdon 32´
Subbass 16´
Contrabass 16´
Violon 16´
Salicetbass 16´
Posaune 16´
Oktavbass 8´
Gedecktbass 8´
Cello 8´
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Außerdem verfügt diese Orgel über mehrere Koppeln, 3 freie und einige feste Kombinationen wie auch über andere Spielhilfen.
Gegen Ende des Ersten Weltkriegs wurden alle Zinnpfeifen der Orgeln wie auch die meisten Kirchenglocken für Kriegszwecke requiriert. Nur die Temeswarer Domorgel blieb davon verschont, da es sich um ein künstlerisch wichtiges und wertvolles Instrument handelt. In der Zwischenkriegszeit wirkte an dieser Orgel u.a. auch der Organist und Chorleiter Franz Waschek. Bevor er nach Amerika auswandern wollte, machte er an den damals drei größten Orgeln Temeswars (Innenstadt, Fabrikstadt, Dom) jeweils ein Foto, es ist das älteste uns erhaltene Bild der Domorgel.
Beifall aus Wien
Am 25. Oktober 1909 gab Domorganist Desiderius Jarosy ein Orgelkonzert an der neu erbauten Orgel. In der Wiener Zeitschrift für Instrumentenbau erschien ein euphorischer Artikel über dieses neue Instrument. Daraus ist ersichtlich, dass Wegenstein als Orgelbauer damals weit und breit einen guten Namen genossen hat und dass sich sein pneumatisches System mit all den patentierten Neuerungen erfolgreich war. In diesem Artikel heißt es u.a.:
Sonntag den 25. Oktober [1909] fand in der hiesigen Domkirche vor illustrem Publikum ein Orgelkonzert, veranstaltet von dem bekannten ungarischen Orgelvirtuosen und Vizedirektor des Temesvarer geistlichen Seminars Desider Jarossy statt. Das überaus gewählte Programm, die exakte saubere Exekution sämtlicher Piecen und nicht minder die geschmackvolle, fein nuancierte Registrierung Jarossys fanden beim Publikum und Presse volle Anerkennung.
Zum vollen Gelingen trug natürlich auch die prächtige Orgel bei. Dieselbe wurde im Frühjahr 1908 von der Orgelbauanstalt Wegenstein & Sohn in Temesvár erstellt, als drittes dreimanualiges Werk genannter Firma für das verhältnismäßig kleine Temesvár. Die Orgel enthält auf drei Manualen verteilt 46 klingende Register. Der Spieltisch, in vornehmer Einfachheit weist in übersichtlicher, praktischer Anordnung sämtliche Neuerungen des modernen Orgelbaus auf, wie dreifache freie Kombinationen (dieselbe Einrichtung fand ich auch bei den meisten zweimanualigen Orgeln der Firma, wie in Budapest, wo in der dortigen Herz-Jesu-Kirche ein wahres Prachtwerk der Firma steht. So auch in Maria-Radna, Großwardein, Szegedin, überall die dreifache freie Kombination). Registerschweller, Echowerk, Gruppenzüge, Kollektive, Sub- Super- Oktav- Manual, Pedalkoppeln in allen möglichen Dispositionen, Pedalumschalter, (paßt sich den Kollektiven, Handregistern, festen Kombinationen, Rollschwller ohne manuelle Beihilfe automatisch an).
Die sinnreiche Verbindung des Spieltischdeckels mit dem Ausschalter des Elektro-Ventilators dürfte auch ziemlich vereinzelt dastehen. Schließt man den Spielschrank, stellt sich auch selbsttätig der Motor ab. Ein Pollrich-Ventilator versorgt das Werk mit dem reichen Quantum Luft, und die sachgemäß verständige Anordnung von vier großen Regulatoren gestattet, den Registern und tiefen Oktaven Wind von verschiedenen Stärken zu geben, wobei ich aber bemerke, daß als Winddruckmaximum 90 mm Wassersäule nicht überschritten werden. (Also keine Nebelhörner und Kanonenschüsse.) Die Intonation ist großartig, und die schöne orchestrale Disposition des Werkes gab den Erbauern Gelegenheit, ihr frei musikalisches Verständnis ins siegreiche Treffen zu senden.
Es würde zu weit führen, wollte ich die ganze Palette von musikalischen Farbtönen zergliedern. Dass Register für Register gut gelungen ist steht außer Zweifel. Überraschend wirkt auch die präzise scharf rhythmische An- und Abschlag bei voller Orgel; da gibt es kein Schmieren und Wischen bei 1/16 Pedalpassagen. Klar und deutlich wie Perlen reiht sich Ton an Ton, und ich möchte Herrn Rupp nur einmal empfehlen, zu uns nach Temesvár zu kommen und die von ihm so sehr verlästerte Pneumatik eingehend zu prüfen. Es ist nur schade, dass bei uns solche Orgelkonzerte als Ausnahmszustand gelten: an guten Orgeln fehlt es nicht. Abgesehen von dem hohen musikalisch-ethischen Wert wirken sie auch indirekt zur Hebung, Anspornung und Verfeinerung der Orgelbaukunst. (Franz Moll)
In der Zwischenkriegszeit hat Richard Wegenstein im Zuge der Orgelreform einige Änderungen in der Disposition vorgenommen. Die Registerbeschriftungen auf den Prozellanschildern waren meist in ungarischer Sprache angegeben. Dies war auch der Zustand im Jahre 1983, als die Orgel einer größeren Reparatur und Reinigung unterzogen wurde:
Manual I
Prinzipal 16´
Bourdon 16´
Prinzipal 8´
Födöt 8´ (Gedeckt)
Vájtfuvola 8´
Quinte 2 2/3´
Kleinoktave 2´
Zergekürt 8´
Trombita 8´
Oktave 4´
Csöfuvola 4´ (Rohrflöte)
Csúcsfuvola 4´ (Spitzfl.)
Doublette 2 2/3´ II
Cornett 8´ IV-V
Mixtur 2 2/3´ VI
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Manual II
Quintadena 8´
Prinzipal 8´
Csöfuvola 8´ (Rohrflöte)
Cymbel III
Gamba 8´
Salicional 8´
Klarinette 8´
Oktave 4´
Flute octaviante 4´
Quintflöte 1 1/3´
Picollo 2´
Mixtur 2 2/3´ IV
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Manual III (Schwellwerk)
Grobgedeckt 8´
Hegedüprinzipal 8´
Nachthorn 2´
Gemsquinte 2 2/3´
Voix celeste 8´
Aeoline 8´
Oboa 8´
Flute traverse 4´
Terzflöte 1 3/5´
Harmonia aetheria 2 2/3´ IV
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Pedal
Bourdon 32´*
Subbass 16´
Contrabass 16´
Violon 16´
Salicetbass 16´
Harsona 16´
Oktavbass 8´
Födöttbass 8´
Russischhorn 4´
(*) Bourdon 32´= akkustischer 32´ (Subbass 16´+ Quinte 10 2/3´)
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Und doch lebt die Pneumatik
Die pneumatische Traktur der Temeswarer Orgel hat ihrer eigenartigen Bauweise wegen 100 Jahre überlebt. Bereits seit der Zwischenkriegszeit hat man sich von der pneumatischen Traktur im Orgelbau verabschiedet und nur noch Orgeln mit mechanischer und elektrischer Traktur erbaut. Die Zerstörungen während des Zweiten Weltkriegs und die Neubauten in Deutschland nach 1945 führten zu einem Aussterben selbst historisch wichtiger pneumatischer Orgelwerke. Die pneumatischen Orgeln wurden als gänzlich untauglich empfunden. Natürlich kann man diesem pneumatischen System viele Schwachstellen zusprechen, doch die Temeswarer Domorgel hat es bewiesen, dass auch diese Traktur die Zeiten überstehen kann. Das große Problem liegt aber in der Wartung dieser Orgeln, da die heutigen Orgelbauer mit dieser Bauweise nicht mehr vertraut sind. Und die Temeswarer Domorgel würde dringend nach 100 Jahren eine Gesamtrenovierung benötigen.
Was ist so besonders an dieser Orgel? Erstens deren Klang, der früher durch die vielen verschiedenen 8-Fuß-Register noch interessanter war. Trotz der pneumatischen Traktur, kann man – bei einer guten Funktionsweise – auch technisch schwierige Passagen problemlos bewältigen. Wegenstein war einer der letzten großen Meister der Pneumatik und die Temeswarer Domorgel kann als sein Meisterwerk betrachtet werden. Hoffen wir, dass in der nahen Zukunft diese bedeutendste Orgel des gesamten Banats wieder in ihrer vollen Pracht erklingen wird: Zum Lob Gottes und zur Freude der Menschen.
Bilddokumentation
Temeswarer Domplatz mit Dreifaltigkeitssäule (Pestsäule)
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Temeswarer Domkirche (1754)
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Barocke Emporentür mit musikalischen Motiven
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Erste Domorgel, erbaut von Johann Hencke (Wien, um 1760)
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Domkirche: Blick zur Orgel, erbaut von Wegenstein 1908
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Kirchenfenster: Hl. Cäcilia
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Der Autor mit der Skizze von Wegenstein (Temeswar, um 1982)
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Carl Leopold Wegenstein: Skizze der Domorgel (1908), nach dem Monumentalentwurf für St. Peter, Rom, von Cavaille-Coll, Paris
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Wegenstein: Skizze der Domorgel (Detail)
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Wegenstein: Skizze der Domorgel (Detail)
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Cavaille-Coll: Skizze der Monumentalorgel für St. Peter, Rom
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Spieltisch
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Domorgel (Detail)
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Ornamentik im Prospekt der Domorgel
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Prospekt (Detail)
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Schwellwerk (der Autor während der Orgelrenovierung, 1983)
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Ornamentik (vermutlich aus Südtirol)
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Spuren der Umbauarbeiten in der Zwischenkriegszeit
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Carl Leopold Wegenstein (um 1900)
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Briefkopf eines Schreibens Carl Leopold Wegensteins (1903)
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Der Autor an der Domorgel (1983)
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Copyright © Dr. Franz Metz, München 2008
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