BuiltWithNOF
EDITION MUSIK SÜDOST

Josef Schober

(1841-1917)

Von Dr. Franz Metz

 

Josef Schober erblickte 1841 in Gödre (Ungarn, in der Nähe der Stadt Pécs / Fünfkirchen) das Licht der Welt und wird hier in seinem Heimatort am 13. November 1917 auch seine letzte Ruhe finden. Seine Trauerlieder und Abschiedslieder bei Begräbnissen, die im Jahre 1879 in Fünfkirchen erschienen sind, erfüllten einen sehnlichen Wunsch der Kantoren. Einige Jahre später veröffentlichte Josef Schober im Verlag von Johann Dvorzsák, Budapest, eine Sammlung von Marienliedern mit dem Titel: Zwölf Lieder zu Ehren der seligsten Jungfrau Maria für eine Singstimme mit Orgelbegleitung. Diese Sammlung hatte einen solchen großen Erfolg, dass sie in mehreren Auflagen bis 1905 erscheinen wird. Der Verfasser von Text und Melodie war Josef Schober, Lehrer und Sänger an der Pfarrschule in Gödre, der Diözese Fünfkirchen in Ungarn. Sein beliebtestes Lied daraus wurde Mit frohem Herzen will ich singen, das die Herzen der Gläubigen erobert hat. Dieses Lied wird heute noch, zum Beginn des 21. Jahrhunderts, nicht nur von den Donauschwaben auf der ganzen Welt gerne gesungen.

Eigentlich ist dieses Lied das achte Lied in diesem Zyklus, also nur eines in dieser ganzen Reihe von kirchenmusikalischen Kostbarkeiten. Deshalb sollte man auch einen Blick auf die anderen Marienlieder werfen. Bedenkt man, dass Josef Schober nicht nur die Melodien sondern auch sämtliche Texte dieser 12 Lieder erdacht hat, so ist dies für einen einfachen Kantorlehrer eine bemerkenswerte Leistung. Gleich beim ersten Blick auf die Noten muss man feststellen, dass Text und Musik eine gelungene Einheit bilden. Was im Text verständlich, schlicht und einfach ausgesprochen wird, wird durch die Melodie und die schlichte Harmonik unterstrichen. Der Lobpreis Gottes und der Jungfrau Maria kommt meist in den ersten Strophen dieser Lieder vor:

 

Jungfrau rein! Im Verein mit den Engeln rufe ich:

Sei gegrüßt! die du bist voll der Gnaden, höre mich!

 

Aber in den nächsten Strophen werden auch Leid und der Schmerz angesprochen, die in diesem „irdischen Jammertal“ nicht wegzudenken sind. Und dieses Wort „Jammertal“ finden wir öfter in den Strophen dieser Lieder. In der letzten Strophe spricht Schober auch das Ende an, das irgendwann jeden Menschen, ob arm oder reich, ob alt oder jung, mal ansprechen wird. Josef Schober muss ein guter Kenner der Heiligen Schrift gewesen sein, denn seine Liedtexte haben einen festen theologischen Inhalt und Bestand. Teilweise prophetisch, andererseits äußerst sentimental und gefühlvoll, gezeichnet durch die vielen Schicksalsschläge des Lebens, wendet er sich voll Vertrauen an die Mutter Gottes. So heißt es in einem seiner Marienlieder:

 

Ach, was kann die Welt mir geben, und was nützt mich ihre Lust?

wenn, wonach ich sollte streben: Frieden fehlet meiner Brust.

Hilf, Maria, du mir bitten, dass er kehre bei mir ein,

dann, wenn ich einst ausgelitten, wird mir Gott barmherzig sein.

 

Das Lied Mit frohem Herzen will ich singen beginnt mit derselben Tonfolge wie das ebenfalls beliebte Deutsche Hochamt von Michael Haydn Hier liegt vor deiner Majestät. Schwungvoll und lebensfroh wird dieses Marienlied angestimmt. Doch gleich am Ende der ersten Strophe folgt schon der Blick auf das Leiden in diesem irdischen Leben:

 

Und was ich leide hier auf Erden,

soll stets dir aufgeopfert sein.

 

Wie ein Kind wendet er sich zur Muttergottes, wenn er schreibt:

 

Ja, du wirst sorgen, Gute, Treue! Denn immer wenn ich Hilf begehr,

im Kampfe dieses Erdenlebens, ward mein Verlangen stets gewährt.

 

Und am Schluss des Liedes folgt, nach einem äußerst konzentrierten und schnellen Durchgang durch den ganzen Lebenslauf, die letzte Bitte:

 

Und wenn dann einst der Bote winket, so führe mich an deiner Hand

Aus Kreuz und Leid zu deinem Sohne, in jenes bessre Vaterland.

 

Natürlich spricht in diesem Lied auch die Lebenserfahrung Josef Schobers mit, dessen arbeitsreiches Leben nicht immer „auf Rosen gebettet war“, wie es Michael Hirth 1993 bei einer Feier im Dom zu Fünfkirchen gesagt hat. Einigen Aussagen nach, soll er es auf dem Heimweg von Fünfkirchen / Pécs nach Gödre komponiert haben, als seine Adoptivtochter im Sterben lag. Und trotzdem grenzt der Erfolg dieses Marienliedes fast an ein Wunder. Weshalb wird gerade dieses Lied so gerne und oft von den Donauschwaben und Ungarndeutschen gesungen? Es gibt doch ältere und wertvollere Lieder, deren Texte von bekannten Dichtern und die Melodien von namhaften Komponisten stammen. Weshalb gerade dieses Lied, getextet und komponiert von einem schlichten, einfachen Dorfkantor und Lehrer?

Ich erlebe es immer wieder bei Wallfahrten der Ungarndeutschen und Donauschwaben, ob in Altötting (Bayern), in Maria Radna (Banat, Rumänien), in Maria Gyüd (Ungarn) oder in Maria Ramersdorf (München): wenn ich dieses Lied an der Orgel anstimme, singt die ganze Gemeinde aus Leib und Seele mit. Und wer dieses Lied bisher noch nicht gehört hat, will es gleich kennenlernen und mit nach Hause nehmen, um es nicht zu vergessen. Dieses Lied bedeutet für uns ein Stück Heimat, die wir in unserem Herzen mitgenommen haben. Schon allein durch dieses Lied hat der Ort Gödre in der ungarischen Baranya Musik- und Kirchengeschichte geschrieben.

In der Gemeinde Gödre, in der Josef Schober als Kantorlehrer wirkte und wo er seine letzte Ruhestätte gefunden hat, wurde ihm zu Ehren 2015 eine Gedenkfeier veranstaltet, bei der im Kircheneingang man eine Gedenktafel enthüllt hat. In der Kirche erklingt auch heute noch die gleiche Orgel, an der auch Schober musiziert hat. In der Emporenbrüstung hat jemand im 19. Jahrhundert den Namen „Haydn“ eingekratzt. Am oberen historischen Friedhof kann man auch heute noch die Inschriften auf dem Grabstein Schobers lesen, mit den Titeln einiger seiner Marienlieder.

Wenn auch die meisten Wallfahrer und Kirchenbesucher den Namen des Schöpfers dieses Liedes nicht kennen – wie es auch bei den bedeutendsten Kirchenliedern der Fall ist – so können die Bürger dieses Landes stolz sein auf ihn: Josef Schober.

 

BILDDOKUMENTATION

 

 

Copyright © Dr. Franz Metz, München 2018

[Home] [Bücher] [Noten] [CD] [Musikwissenschaft] [Komponisten] [Artikel] [Editor] [Organologie] [Kontakt] [Impressum] [Links] [Konzert]