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EDITION MUSIK SÜDOST

Lorenz Ritter

(1868-?)

 

Lorenz Ritter kam am 28. März 1868 in Mariazell zur Welt und ging mit 15 Jahren nach Wien, wo er am Konservatorium von Anton Bruckner Orgel- und Kompositionsunterricht erhielt. Im Jahre 1883 erhielt er das Diplom für Orgel- und Klavierunterricht in den Oberschulen. Ab 1884 finden wir ihn schon als Nachfolger des Organisten Gabriel Franek in Wesprim (Veszprém, Ungarn), dies noch in der Zeit des Kapellmeisters Josef Behm. Am Anfang wohnte er in der Dienstwohnung des Organisten, die aber kurze Zeit nach seiner Heirat für seine vier Kinder zu klein wurde. Mit der Unterstützung des Domkapitels konnte er sich eine größere, eigene Wohnung bauen. In der Zeitspanne 1908-1941 wirkte Ritter als Wesprimer Domkapellmeister.

Lorenz Ritter war ein sehr guter Klavierspieler und wirkte in vielen Kammermusikkonzerten als Begleiter. Außerdem beherrschte er auch das Violin- und Cellospiel ausgezeichnet. In seiner Wohnung wurden regelmäßig Quartettabende organisiert und Ritter wurde eine nicht wegzudenkende Musikpersönlichkeit in Wesprim. Mit der Genehmigung seines Bischofs war er 50 Jahre auch als Organist der Wesprimer Synagoge tätig. In seinem Tagebuch finden wir viele Aufzeichnungen aus dieser Zeit. Besonders interessant sind die Aufzeichnungen über die Arbeitsteilung zwischen dem katholischen Dom und der jüdischen Synagoge:

 

Tagebuch von Lorenz Ritter, Kantor und Organist

Mit Gott und Maria

Veszprém 16. Juni (Hl. Dreifaltigkeits-Sonntag) 1935

 

1935

- 23. Juni 1935: Priesterweihe Bischof Rott, über 20 junge Geistliche. Violinsolo Kornelius

- 12. Juli 1935: Begräbnis Weihbischof Kranitz, viele viele Leute, besonders Geistliche verschiedener Orden. Begärbnis hielt Bischof Honauer aus Vácz. Präludiert aus Festliche Präludien, Requiem v. Schöpf. Die Responsorien v. Seyler giengen auch gut!

- 4. Sonntag, August 1935: War Domkapellmeister Meixner aus Eger hier

- 12. Aug. 1935: Kirchenconzert: Ich begleitete den Margit Chor. Orgtel: Kapellemeister aus Vácz

- 29. Sept. 1935: 2. Rosch hasono - also ich im Tempel

- 6. Okt. 1935: P. Rotter Messe in D ging sehr gut, nur mehr Geiger müssten sein.

- 18. Okt. 1935: letzter Judenfeiertag

- 29. Okt: Installation von Domherr als Nagyprebost. Lenci und ich Intrada ich zum 1. male auf der Orgel. Thema wie am 1. Juli d. J.

- 2. Nov.: Sangen die Cleriker, ich begleitete

 

1936

- 9. Febr.: Papst Jubiläum, sangen die Cleriker, ich begleitete. Auch Marsch v. Einzug des Papstes auf der Orgel

- 5. April: Improprien v. Behm

- 7. April: Heute 1. Peschafeiertag b.d. Juden

- 8. April: Ein schönes Orgelpräludium geschrieben

- 14. April: Heute letzter Ostertag b.d. Israeliten

- 5. August: Mit Mama zum 3wöchentlichen Aufenthalt in unserer schönen grünen Heimat, unvergesslich besonders der Aufenthalt in der Gnadenkirche. Zurück am 27. August über Wien.

- 15. Sept.: 17. u. 18. Juden-Neujahr

- 6. Okt.: Zum ersten Male auch bei uns 1848feierlichkeiten

 

1937

- 15. März: 10 Uhr ich bei den Juden

- 22. März: Begräbnis v. Domherr Lukcsics. Begräbnislied mit Harmoniumbegleitung

- 28. März: Ostersonntag u. Geburtstag. Wieder schnell im jüdischen Tempel.

- 1., 2. April: Präludien v. Bach

- 3. April: Heute letzter Pesach bei den Juden

- 17. Mai: Pfingsmontag. Heute Pfingsten bei den Israeliten

- 2. Juli: Maria Heimsuchung. Wie oft waren wir an diesem Tage in Mariazell!

- 5. August: Was für ein Tag ist heute 48. Verlobungstag

- 15. August: Heute der Margit Chor nach Tihany

 

1938

- 15. März: Ich zu den Juden

- 17. April: Heute Judenfeiertag

- 26. Mai: Gestern Anfang des großartigen Eucharistischen Congresses in Budapest

- 6. Juni: Gestern und heute schnell in den Tempel

- 16. Juni: Fronleichnamsfest: Viel Wind und kühl

- 29. September: Sehr, sehr gefahrvolle Zeiten! Sudetendeutsche Frage!

- 5. Oktober: Ging alles gut bei ruhigen Nerven!

- 18. Okt.: Heute letzter Feiertag bei den Israeliten

- 6. November: Aus Anlass der Besetzung Oberungarns: festmesse, Ecce sacerdos v. Führer, Kristinus-Messe, Zum Schluß Te Deum

- 11. November: Seit 7. d.M. arbeiten die Rieger Orgelbauer an der Orgel: ausputzen, stimmen

 

1939

- 3. März: Nach langem Leiden verschied Bischof Dr. Ferdinand Rott

- 15. Febr.: Nach Agnus zu den Juden

- 6. April: Gestern und Heute Pesach bei den Juden

- 29. April: Heilige Rechte des S. Stephan in Veszprém. Großartig anzusehen (in schönster Ordnung) vom Turm aus in der Vogelperspektive. Fürst Primas Serédy und seine Leute mit der Hl. Rechte. Gesungen wurden 1stimmige ungarische Lieder.

- 2. Mai: Der Chor war heute Vormittag bei Domherr Langmár, unser Bischof Toth will den Chor auflösen oder pensionieren.

- 6. Mai: gestern Abend veerschied in Budapest unser neuer Bischof Dr. Toth Tihamér an einem schweren Kopfleiden. R.i.p.

- 18. Mai: Schnell in den Tempel, Rabbinertag

- 4. Juni: Schnell in den Tempel: Heldentag

- 8. Juni: Wunderbar schöner Urnap!

- 5. Aug.: Lenci sehr schwer krank!

- 10. Aug. Lenci gestern ins Krankenhaus geführt.

- 14. Sept.: 1. u. 2. Neujahrsfest 5700

- 6. Okt.: Heute letzter Judengfeiertag

- 19. Okt.: ich um ½ 4 israel. Hochzeit

- 14. Dez.: Waren sehr viele Soldaten in der Kirche

- 25. Dez.: Lenci sehr leidend

 

1940

- 13. jan.: Lenci wird von Pater Josef mit den Sterbesakramenten versehen

- 1. März: Horthy Mikós 20 jähriges Regierungsjubiläum

- 15. März: Domherr Simon infuliert: Chor, einst. ung. Marienlieder gesungen. Bei den Israeliten Abend 6 Uhr Gottesdienst

- 21. März: Trotz meines größten Leidwesens aufs Chor. Gestern Abend starb ohne Schmerzen, ohne Sterbeangst ohne die geringste Unruhe unser Lenci, sene Seel dem Herrn unbefleckt zurückgebend, 8 Uhr.

- 27. März: Um 8 Uhr für unseren Sohn Requiem mit Libera, die Kirchensänge und Musiker

- 26. Mai. Bei uns sangen die Cleriker mit ihrem Organisten. ½ 11 bei den Israeliten.

- 18. Juni: Horthy-Feier bei den Israeliten

- 2. Juli: Huber und Kecskés eingerückt.

- 15. Sept.: Feierlichkeiten wegen Zurückkommen Klausenburgs. Alle Stände waren vertreten.

- 4. Okt.: Heute 2. Tag Rosch hoschovo

- 18. Okt.: Gestern und heute 1. u. 2. Laubhüttenfest

- 20. Okt.: 24. u. 25. Okt. Letzte Judenfeiertage

 

1941

- 15. März 1941: ½ 11 Uhr im Judentempel, ging nicht gut!

- 25. März: Maria Verkündigung: Kristinus Messe, Credo v. Brosig, Ave Maria von Piel, Choral, ging gut. Benedicamus - Deo gratias!

 

Copyright © Dr. Franz Metz, München 2018

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