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E D I T I O N   M U S I K   S Ü D O S T

DIE ORGEL VON ST. PIUS, MÜNCHEN

von Dr. Franz Metz

Die heutige Orgel von St. Pius, München

Foto: Oliver Lehermaier

Die erste Orgel von Albert Moser

 

Die Pfarrkirche von St. Pius besitzt eine der großen Orgeln Münchens, erbaut 1979. Doch bis es dazu kam, war eine weite Wegstrecke zu bewältigen. Bereits kurze Zeit nach dem Kirchenbau (1932) konnte eine dreimanualige Orgel in St. Pius errichtet werden. Dieses Instrument wurde vom langjährigen Chordirektor und Organisten der Kirche, Hermann Geigl, ihres schönen Klanges wegen sehr geschätzt. Deren Erbauer war der Münchner Albert Moser, der Prospekt wurde vom Architekten der Piuskirche, Geh. Rat Prof. Richard Berndl entworfen. Bei der Einweihung dieser Orgel am 21. Mai 1936 wurde u.a. die große Cäcilienmesse von Charles Gounod gesungen, die Leitung lag in den Händen des Chordirektors Dr. Hans Brunner. Auch die Aufstellung auf der Empore war glücklich gewählt: das ganze Pfeifenwerk befand vor der Ostwand, die heute leider verdeckte Rosette ließ genügend Licht einfallen (die Kirche war damals noch durch die schlichten Kirchenfenster von Licht durchflutet) und der Kirchenchor hatte freie Sicht zum Altar. Die übergroßen 12 Apostel vor jedem der Fenster erstrahlten in hellem Licht. An jedem Sonntag wurde vom damaligen Kirchenchor eine vierstimmige Messe aufgeführt, mehrmals im Jahr, besonders an den Hochfesten, auch mit Orchesterbegleitung.

Die erste Pius-Orgel am Tag der Orgelweihe 1936

Wiederaufbau der Kirche nach der Bombardierung 1943

Blick zur Orgelempore anlässlich der Weihe des Volksaltars 1969

Die Orgel von Guido Nenninger

 

Während des zweiten Weltkrieges (1943) wurde St. Pius von einer Bombe getroffen und der Turm samt Orgelempore dadurch teilweise zerstört. Auch die Orgel hatte darunter zu leiden. In den Jahren 1955-56 erbaute die Münchner Firma Guido Nenninger unter Verwendung eines Teiles der alten Orgel ein neues dreimanualiges Instrument mit 38 Registern und 3.500 Pfeifen. Am 2. Juni 1957 fand deren Einweihung statt, die Festansprache hielt Msgr. Prof. Heinrich Wismeyer.

Bereits im Jahre 1971 befasste sich die Kirchenverwaltung mit dem Umbauprojekt der Orgel von St. Pius. Dies war nur ein Teil der großen Renovierungsmaßnahmen der Piuskirche. Gleichzeitig arbeitete man auch an der Umgestaltung des Kircheninneren, wie man dies damals nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil empfunden hat: die großflächigen Fresken und Malereien (Altarraum, Apostel) wurden mit weißer Farbe übertüncht, der Hauptaltar samt den Seitenaltären und der Kommunionbank abgebaut, die hellen Kirchenfenster mit dunkelfarbigen Vitralien ersetzt. Man hat beschlossen, die alte Orgel mit einem neuen großen Vorderpositiv zu versehen, das 1972 eingeweiht werden konnte. Der damalige Orgelsachverständige der Erzdiözese München und Freising, Franz Lehrndorfer, lobte das erweiterte Orgelwerk. Gleichzeitig wurde der neue viermanualige Spieltisch errichtet.

Entwurf für eine neue Orgel in St. Pius, 1971

Einblick in die Orgelwerkstatt, 1979

Orgelteile werden unter der Orgelempore für den Aufbau vorbereitet, 1979

Die heutige Orgel

 

Der zweite Bauabschnitt des Orgelumbaus wurde 1976 in Auftrag gegeben. Die Arbeiten wurden auch diesmal durch die Münchner Orgelbaufirma WRK (Klaus Wendhack, Gerd Redeker, Friedrich Kreuzer) ausgeführt. Aus der damaligen Zeit sind uns einige interessante Fotos erhalten geblieben, die den Aufbau der großen Orgel von St. Pius dokumentieren. In kürzester Zeit konnten die Kosten der Orgel in Höhe von etwa 200.000 DM von der Gemeinde gedeckt werden. Für den Orgelneubau wurde (leider!) das vollständige Pfeifenmaterial der alten Orgel verwendet, womit man sich einiges an zusätzlichen Kosten ersparen wollte. Hermann Geigl bemerkte in der damaligen Festschrift zur Orgelweihe: „So ist der Gemeinde eine große finanzielle Belastung erspart geblieben. Da nur bestes Material verwendet wurde, können die Orgelbauer und Sachverständigen eine lange Haltbarkeit versichern.“

Samstag, 30. Juni 1979, fand in St. Pius die Weihe der neuen Orgel statt. Am selben Abend fand das erste Orgelkonzert statt, gespielt von Karl Maureen. Das Programm umfasste Orgelwerke von Max Reger, Franz Liszt, Joh. Seb. Bach, César Franck und Gaston Litaize. Karl Maureen, Orgelsachverständiger, lobte in seinem Bericht zwar das neue Orgelwerk und dessen Schöpfer, doch beklagte er sich über das zur Verfügung gestandene schlechte Pfeifenmaterial der alten Orgel. Unter diesen „ungünstigen Voraussetzungen“ entstand nun unser „großes Instrument in neuem Gewand und aufgefrischtem Klang“.

Pfeifen und schwere Orgelteile werden auf die Empore hochgezogen, 1979

Der heutige Orgelspieltisch

Dr. Franz Metz an der Pius-Orgel

(Foto: Oliver Lehermaier)

 

Orgelkonzerte trotz Orgelprobleme

 

33 Jahre nach dieser (vierten!) Orgelweihe haben wir nun eine andere Situation. Einige der heutigen Probleme haben eine gewisse Ähnlichkeit mit jenen der alten Orgel: damals hat die Orgel durch die Kirchenheizung stark gelitten und in den Wintermonaten fiel die Luftfeuchtigkeit deshalb unter 20%. Auch die ständige Aufwärmung und Abkühlung des Kirchenraumes führte zu gravierenden Problemen dieser Orgel. Heute haben wir das Problem, dass ein Teil der Holzpfeifen wie auch Teile des Orgelgehäuses vom Schimmel befallen sind. Grund ist die große Luftfeuchtigkeit und die lange anhaltende Kälte in den Wintermonaten. 2010 musste deshalb die Orgel mit starken chemischen Mitteln vom Schimmel befreit werden.

Das größte Problem ist aber die komplizierte und anfällige Registertraktur der Orgel. Das eingebaute System wurde in den siebziger Jahren nur kurze Zeit im Orgelbau angewendet, bevor man sich endgültig davon verabschiedet hat. Heute beginnen immer mehr Registerzüge deswegen mangelhaft zu funktionieren. Außerdem wird für die Orgel ein Kompressor verwendet, der ständig, rund um die Uhr, in Funktion sein muss. Der Münchner Orgelbaumeister Markus Harder-Völkmann betreut heute die Pius-Orgel, was als ein Glücksfall bezeichnet werden kann, da er selbst bei dieser Firma früher tätig war und dieses Instrument seit der Entstehung gut kennt.

An der Pius-Orgel finden regelmäßig Orgelkonzerte statt, so auch am 14.07.2013 (Pawel Cabala und Eva Megyesi aus Odda / Norwegen) und am 22.09.2013 (Franz Metz, Orgel, Wilfried Michl, Bariton, Werke von Liszt und Wagner). Außerdem werden am Pfarrfest von St. Pius (28.07.2013) Orgelführungen angeboten, die in den letzten Jahren an Interesse zugenommen haben.

Das Zweite Vatikanische Konzil hat vor 50 Jahren die Orgel ausdrücklich als das ideale Musikinstrument erwähnt, um den Gesang der Gläubigen zu begleiten. Vom Vorspiel bis zum Postludium der Gottesdienste und Andachten bildet das Orgelspiel nicht nur den musikalischen Rahmen der Feier, sondern ist Teil des Gotteslobs in unserer abendländischen Kirche. Auch in den kirchlichen Orgelkonzerten erklingen Werke bedeutender Komponisten, für die die Orgelmusik nicht als Selbstzwecke dient, sondern zum Lobe Gottes. Wie hat es doch Johann Sebastian Bach so treffend am Anfang seines Orgelbüchleins vermerkt:

Dem höchsten Gott allein zu Ehren,

dem Nächsten draus sich zu belehren.

 

Die Disposition der Orgel von St. Pius, München

Hauptwerk (I)

Prinzipal 16´

Prinzipal 8´

Koppelflöte 8´

Gemshorn 8´

Oktave 4´

Kupferflöte 4´

Nasatquinte 2 2/3´

Schwiegel 2´

Mixtur major 2´

Mixtur minor 1´

Trompete 8´

 

 

Oberwerk (II)

Gedeckt 8´

Quintade 8´

Violflöte 8´

Prinzipal 4´

Rohrflöte 4´

Flachflöte 4´

Quinte 1 1/3´

Oktävlein 1´

Zimbel 1/3´, 3-fach

Krummhorn 8´

Tremulant

 

 

Schwellwerk (III)

Rohrflöte 8´

Hornflöte 8´

Weidenpfeife 8´

Prinzipal 4´

Spillpfeife 4´

Sesquialter 2 1/3´-2 3/5´, 2-fach

Glöckleinton 2´+1´, 2-fach

Scharff 1´, 3-4-fach

Schwebung 8´

Oboe 8´

Tremulant

Positivwerk (IV)

Gedeckt 8´

Oktave 4´

Spitzflöte 4´

Prinzipal 2´

Terzian 1 3/5´-1 1/3´, 2-fach

Mixtur 1 1/3´, 4-5-fach

Rankett 16´

Clairon 4´

Tremulant

 

 

Pedalwerk

Prinzipalbass 16´

Subbass 16´

Stillgedackt 16´

Oktavbass 8´

Gedecktbass 8´

Choralbass 4´

Weitpfeife 4´

Rauschbass 4´, 5-fach

Posaune 16´

Basson 8´

 

 

Manual: C-g3

Pedal: C-g1

Koppeln

Hilfszüge

3 freie Kombinationen

Walze

Schweller (III. Manual)

 

Copyright © Dr. Franz Metz, München 2013

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