Ein Hatzfelder Sängergruß
Verschollene Werke des Komponisten Leopold Magenbauer entdeckt
von Dr. Franz Metz
Leopold Magenbauer
- Biographie
- Kompositionen
- Bilddokumentation
Leopold Magenbauer (1834 - 15. April 1901) wurde in Werschetz geboren, 1853-55 besuchte er die Lehrerbildungsanstalt in Sankt Pölten, 1855 erlangte er das Lehrerdiplom für deutsche Volksschulen. In den vierzig Jahren seiner Tätigkeit als Pädagoge, Kantor und Komponist verbrachte Magenbauer viele Jahre in Hatzfeld, Kathreinfeld und Großkikinda (Dirigent des Gesangvereins 1894-1898). Seine älteste Komposition die uns erhalten geblieben ist stammt aus dem Jahre 1864: „GRUSS des Hatzfelder Männergesangs-Vereines bei der glücklichen Rückkehr der Hochgeb. Frau Baronin L. v. Csekonics-Lipthay am 5. Oktober 1864. Vierstimmiger Männerchor von Leopold Magenbauer“. Die gräfliche Familie Csekonics spielte im kulturellen Leben Hatzfelds eine bedeutende Rolle. Im Schloss Csito erteilte Leopold Magenbauer der Gräfin Klavierunterricht und hier fanden auch regelmäßig Musikabende statt. Es ist deshalb auch anzunehmen, dass der Hatzfelder Männergesangvereins bereits einige Jahre vor 1865 gegründet wurde.
In Hatzfeld war Magenbauer von 1860 bis 1867 als Unterlehrer tätig. Bereits zum Fasching des Jahres 1865 trat der Männerchor vor dem Publikum auf was wir aus der Handschrift des Komponisten erfahren können: HERR MEIER. Komisches Männerquartett von C. Kunze. Hatzfeld am 31. Jänner 1865, Leopold Magenbauer. Dieser hat nicht nur eigene Kompositionen geschrieben sondern bearbeitete auch Werke anderer Komponisten wie z.B.: „HUSZAREN GRUSZ MARSCH, für Orchester arrangiert von Leopold Magenbauer (undatiert)” und „GEBET VOR DER SCHLACHT. Gedicht von Th. Körner, für vierstimmigen Männerchor componirt von Storch, harmonisiert von Leopold Magenbauer. Hatzfeld am 14. Juli 1866“.
Um die Mitte des 19. Jahrhunderts gab es bereits in den meisten deutschen Dörfern des Banats in Gesangvereine organisierte Chöre wie auch Blasorchester und kleine Symphonieorchester. Leopold Magenbauer komponierte u.a. auch ein Werk für Flügelhorn und Orchester, dessen vollständiger Titel lautet: „VARIATIONEN für das Flügelhorn mit Begleitung von 2 Violinen, Viola, Cello, Violon, Flöte, Klarinetto und 2 Hörnern von Leopold Magenbauer“.
Als einer der Gründer des Hatzfelder Männergesangvereins widmete er zahlreiche Kompositionen diesem Chor, was auf den Manuskripten festgehalten wurde:
„HATZFELDER SÄNGERGRUSS. Zur Begrüßung der zum Fahnenweihfeste am 15. August 1865 ankommenden fremden Sängergästen. Komponirt und dem löblichen Hatzfelder Gesang-Vereine freundlichst gewidmet von Leopold Magenbauer, Lehrer und Organist zu Katalinfalva“
„EINE MAIENNACHT. Gedicht von Lünecke. Für vierstimmigen Männerchor mit Tenor-Solo komponirt und dem Hatzfelder Männergesang-Vereine gewidmet von Leopold Magenbauer. Hatzfeld am 29. Mai 1866.“
„GUTE NACHT. Gedicht von Th. Körner für Soloquartett und 4stimmigen Männerchor componirt und dem Hatzfelder Männergesangs-Vereine gewidmet von Leopold Magenbauer. Hatzfeld am 10. Juni 1866.“
„SÄNGERHOCH für 4 Männerstimmen. Dem Hatzfelder Gesangsvereine freundlichst gewidmet von seinem Ehrendirigenten Leopold Magenbauer. Katalinfalva am 22. Juli 1868.“
Wie jeder Gesangverein brauchte auch der Hatzfelder Männergesangverein seinen Wahlspruch der zum beginn jedes Auftrittes gesungen wurde. Leopold Magenbauer bekam diese ehrenvolle Aufgabe und schrieb die Musik zu diesem Text: Frei und treu in Lied und Wort, fest durch Eintracht immerfort.
Es handelt sich dabei um künstlerisch und satztechnisch gelungene Kompositionen, die über dem Durchschnitt der damals entstandenen Werke für Männerchöre herausragen. Der Verfasser des Textes zum Hatzfelder Sängergruß ist uns nicht bekannt, es könnte auch der Komponist selbst diesen geschrieben haben:
Hatzfelder Sängergruß
Willkommen uns mit Herz und Hand,
Ihr Brüder uns durchs Lied verwandt.
Nehmt freundlichst hin was Hatzfeld heut,
Euch Sängergästen freudig beut.
Geöffnet sei Euch jedes Haus,
Die Sehnsucht blickt nach Euch voraus,
Und was uns fehlt im Kunstbereich,
Ersetze unsre Freundschaft Euch.
Drum rufen wir zu dieser Stund,
Drum rufen wir Euch zu aus tiefstem Herzensgrund:
Grüß Gott mit hellem Klang
Heil Florian, Wort und Sang!
Leopold Magenbauer schrieb auch Chormusik auf ungarische Texte, was ausdrücklich nach dem Ausgleich auch von der deutschen Intellektualität des Banats verlangt wurde. 1882 schrieb er für den Hatzfelder Männergesangverein den Wahlspruch mit ungarischem Text: „A ZSOMBOLYAI DALÁRDA JELIGÉJE, 18.12.1882“. Im Jahre 1887 entstand eine Komposition die in der ungarischen Musikzeitschrift Apollo (Herausgeber Johann Goll) in Budapest erschienen ist: Királyért, hazáért! (Für König und Vaterland).
Als Kirchenkomponist war Magenbauer kein unbedeutender Meister. Leider ist von seinem kirchenmusikalischen Schaffen nur ein einziges Werk erhalten geblieben: BEATUS VIR. Offertorium für Männerchor mit Tenor Solo componirt von Leopold Magenbauer. (undatiert). Selbst diese einzige Komposition ist von besonderer Schönheit.
Vermutlich war Magenbauer in der Zeitspanne 1868-1875 als Kantorlehrer in Hatzfeld und danach bis zu seiner Pensionierung (1895) in Großkikinda tätig. 1877 bekam er den Auftrag, dem Schulinspektor Anton Steinbach eine Komposition zu widmen. Anton de Padua Steinbach (*1836 Blumenthal, +1899 Großbetschkerek) wurde 1876 zum Schulinspektor des Torontaler Komitats mit dem Amtssitz in Großbetschkerek ernannt. Zu seinem Namenstag, am 12. Juni 1877, brachte der Chor des Südungarischen Lehrerverbandes ein Ständchen, dabei wurden zwei Werke von Leopold Magenbauer vorgetragen: Honfidal (nach Sándor Petöfi) und Morgenwanderung (nach Geibel Manó). Beide Männerchöre wurden 1877 bei Franz Pleitz in Großbetschkerek veröffentlicht. Wenn im Chor Honfidal der Rhythmus und die Melodik dem Charakter der ungarischen Volksmusik angepasst sind, so ähnelt das zweite Werk einem romantischen deutschen Chorgesang.
In jener Zeit widmete auch der Komponist Josef Kirchner einen Männerchor diesem Ereignis und dem Schulinspektor Steinbach. Es war eine Zeit, in der die Zukunft des Torontaler Komitats, mehr denn je, in den Händen der Lehrer lag. In den zahlreichen schwäbischen Dörfern des historischen Banats, der Heide und der Hecke, leiteten diese nicht nur die Schulen sondern auch die gesamte Kultur ihrer Gemeinden.
Festgruß zum Steinbach-Jubiläum
Gedicht von Béla Birkenheuer, Musik von Josef Kirchner
Für Männerchor
1.
Willkommen schöner Tag der Lehrerwelt!
Glückauf zum süßen Jubelfeste!
Schulmänner eilt herbei, umjauchzt den Held,
Der auf der Volkserziehung heilgem Feld
Geleistet hat das Allerbeste.
Seit fünfundzwanzig mühvollen Jahren,
Die für die Schul von hohem Werthe waren,
Hat Steinbach, liebevoll(?) durchdrungen,
Für Bildung und Kultur gerungen.
2.
Es ist dies eine dornenvolle Bahn;
Doch der von ihr wahrhaft gepflogen,
Ist stetig ihr von Herzen zugethan,
Und schreitet treu und schreitet kühn in ihr voran,
Nicht scheuend Sturm und Wetterwogen.
Und so ist unser lieber Schulprotektor,
Der einstge Lehrer, heute Schulinspektor;
Durch Dornen und durch Wetterwogen
In dies erhabne Amt gezogen.
3.
Wir waren alle froh und stolzerfüllt,
Gehoben auf der Neuzeit Höhe,
Als unser Jubilar, das Lehrerbild,
Die Aufsicht über unsre Schul erhielt.
Wir hofften, dass sie nun erstehe.
Und heute können wir mit Wonne sagen:
Wir sehn die Schule unter Steinbachtagen,
Wir sehn die Hemmung nämlich schwinden,
Das Volk wird Menschenbildung finden!
4.
Da braucht man rechten Takt und guten Rath
Bei so gemischten Nationen,
Wie sie im torontaler Komitat,
Im größten Schulbezirk vom ganzen Staat,
Allüberall bei einander wohnen.
Und Steinbach, unser Meister in solchen Stücken,
Amtiert in dieser Weise zum Entzücken,
Und Alle, die sein Wirken schauen,
Begleiten ihn mit Hochvertrauen.
5.
Im schönsten Walten Deiner Tage
Und da hast Du Dein Alles eingesetzt,
Dass unsre Schul, die dirch so hoch, so hoch ergötzt,
Hinan bis in den Aether rage.
Das wissen die Schulfreunde noch und ferne
Und stehn zu deinem schönen guten Sterne:
Er möge immer dich geleiten
Und allen Glanz um dich verbreiten!
6.
Das wünschen Dir die Lehrer allesammt
Der du gewählt bist uns zu führen,
Die wir für dich und unser Lehrer Amt
Zu jeder Zeit von ganzer Seel entflammt sind,
Mannenhaft wacker uns zu führen,
Gott schenke dir, o treuer Schulverwalter,
Ein freudenreiches und gesundes Alter,
Und lass durch Deine vielen Mühen,
Die Schulen Torontals erblühen!
Einige der entdeckten Werke Leopold Magenbauers verdienen es nach 150 Jahren Vergessenheit wieder aufgeführt zu werden. Der bisher aus geheimnisvollen Gründen für uns bisher unbekannt gebliebener Musiker war nicht nur ein bedeutender Pädagoge sondern auch ein vorzüglicher Komponist, dessen Werke in der damaligen Zeit weit über die Grenzen des Banats hinaus bekannt waren. So wurde selbst in der St. Josefskathedrale in Bukarest eine Komposition von ihm aufgeführt: Ecce sacerdos magnus, für gemischten Chor, Orgel und Orchester. Das Autograph entstand am 7. April 1877 und der Komponist selbst nennt sich unter seiner Unterschrift „Organist in Groß-Becskerek“.
Leopold Magenbauer wirkte um die Jahrhundertwende als Chorleiter in Turnu-Severin, eine Hafenstadt an der unteren Donau, die zu Rumänien gehört. Hier gab es in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts den Internationalen Männergesangverein Frohsinn Turnu-Severin. Schon der Name sagt aus, dass er aus deutschen (österreichischen) und rumänischen Sängern bestand. Leopold Magenbauer verbrachte hier vermutlich die letzten Jahre seines Lebens. Seinen Namen finden wir in einem Konzertprogramm vom 11. Dezember 1897. Hier wirkte er neben Seeler als Dirigent, seine Tochter spielte den Klavierpart. Das Programm ist in rumänischer und deutscher Sprache gedruckt und beinhaltet rumänische und deutsche Chöre und Lieder. Dieses Programm wurde als Einladung an den Temeswarer Philharmonischen Verein gesendet.
Nach ihm kamen in Hatzfeld andere die diese Tradition fortführten: Josef Linster, Andor Arató, Emmerich Bartzer, Matthias Svoboda. Durch seine Entdeckung ist Hatzfeld um einen Komponisten reicher geworden.
Kompositionen und zeitgenössische Abschriften
1. Beatus vir, Offertorium für Männerchor mit Tenor-Solo
2. Hatzfelder Sängergruss, Zur Begrüßung der zum Fahnenweihfeste am 15. August 1865 ankommenden fremden Sängergäste, komponiert und dem löblichen Hatzfelder Gesang Verein freundlichst gewidmet, Leopold Magenbauer, Lehrer und Organist zu Katalinfalva
3. A Zsombolyai dalárda Jelige (ungarisch, Motto des Hatzfelder Gesanvereins), 18. Dezember 1881, Männerchor
4. Két dal [ungarisch, Zwei Lieder], Anton Steinbach im Namen des Südungarischen Lehrervereins gewidmet (12. Juni 1877): Honfidal (ungarisch, nach Petöfi Sándor) und Morgenwanderung
5. Királyért, hazáért!, Text nach Erney József, für Männerchor, in Druck erschienen in der Sammlung Apollo, herausgegeben von Goll (1887)
6. Wahspruch des Hatzfelder Gesangvereins
7. Sängerhoch, für vier Männerstimmen. Dem Hatzfelder Gesangverein freundlichst gewidmet von seinem Ehrendirigenten Leopold Magenbauer, Katalinfalva, am 22. Juli 1868
8. Gute Nacht, nach Theodor Körner, für Soloquartett und vierstimmigen Männerchor, komponiert und dem Hatzfelder Männergesangverein gewidmet von Leopold Magenbauer, Hatzfeld, 10. Juni 1866
9. Gruß des Hatzfelder Männergesangvereins, bei der glücklichen Rückkehr der Hochgeb. Frau Baronin L. v. Liptay, 5. Oktober 1864
10. Huszaren Grusz, Marsch für Orchester, eingerichtet von L. Magenbauer
11. Variationen für das Flügelhorn mit Begleitung von 2 Violinen, Viola, Cello, Violon, Flöte, Klarinette und 2 Hörnern von L. Magenbauer
12. Eine Maiennacht, Gedicht nach Lünecke, für vierstimmigen Männerchor mit Tenor-Solo, komponiert und dem Hatzfelder Männergesangverein gewidmet von L. Magenbauer, Hatzfeld, 29. Mai 1866
13. Gebet vor der Schlacht, nach Theodor Körner, für Männerchor, componiert von Storch, harmonisiert von L. magenbauer, Hatzfeld, am 14. Juli 1866
14. Herr Maier, komisches Männerquartett von C. Kuntze, bearbeitet von L. Magenbauer, Hatzfeld, den 31. Jänner 1865 (Inv. Nr. 692!!!)
15. Grablied
Bilddokumentation
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Konzertprogramm des Internationalen Männer-Gesangvereins Frohsinn Turnu-Severin mit Leopold Magenbauer als Dirigent (1897)
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Leopold Magenbauer auf dem Jubiläumsfoto des Gesangvereins aus Kikinda, dessen Chorleiter er 1894-1898 war.
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Copyright Dr. Franz Metz, München 2007
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