BuiltWithNOF
E D I T I O N   M U S I K   S Ü D O S T

Ein besonderes Sommerkonzert im Dom zu Temeswar

 

Es heißt, es sei beinahe zur Tradition geworden: Der bekannte Musikwissenschaftler und Organist Dr. Franz Metz aus München kommt jeden Sommer in sein Heimatland, das Banat, zurück und bietet dem Musik liebenden Publikum Orgelkonzerte mit Solisten.

Auf dem Konzertprogramm stehen meistens Werke bekannter oder fast in Vergessenheit geratener Komponisten aus dem Banat, viele Werke von ihm selbst bearbeitet. Am 1. August 2012, gab der Organist ein Sonderkonzert in Temeswar gemeinsam mit dem aus Orzydorf stammenden Bariton Wilfried Michl, ebenfalls aus München.

Sommerzeit? Da fragt man sich schon: kommt überhaupt jemand zu dem Konzert und dann auch noch am Mittwochabend? Bleiben von den vielen gedruckten Konzertprogrammen welche übrig? Es würde einem Leid tun um die Mühe der Musiker – ist doch das schönste Honorar für die Seele jedes Künstlers ein zahlreiches aufmerksames Publikum und viel Applaus!

Es ist aber genau das Gegenteil eingetreten: die Programme waren viel zu schnell vergriffen, die Domkirche füllte sich mit unzähligen Menschen fast bis auf den letzten Platz, junge Menschen, festlich gekleidet. Die Sitzplätze in den Bänken wurden immer weniger, viele Besucher standen unter der Empore im Dom.

Bestimmt waren sowohl die Zusammenstellung des Programms wie auch der Name der Künstler ein Magnet für die zahlreichen Musikliebhaber Temeswars.

Der Name Richard Waldemar Oschanitzkys (1939-1979) kennt auch heute noch – mehr als 30 Jahre nach dessen Tod – fast jeder echte Temeswarer.  Dem Programmheft nach, hinterließ er nach seinem viel zu frühen Tode auch zahlreiche geistliche Werke, so eine Messe, Chorwerke und auch ein sehr gelungenes Ave Maria. Von all diesen erklangen nach dem ersten großen Orgelwerk Bachs (Phantesie und Fuge, g-Moll) dessen Sieben Gesänge um Wort, Licht und Heil, für die Oschanitzky auch den Text verfasst hat. Jedes einzelne Stück enthält manigfaltige zeitgenössiche Klänge, die man in dieser Form eher dem Jazz als der E-Musik zutrauen würde. Doch deren tiefe Gedankengänge ließen die Zuhörer regelrecht in eine andere geistige Welt versetzen, die meditativ wie geschaffen für einen solchen sakralen Raum sind, wie die Temeswarer Domkirche. Nach Dr. Franz Metz, der diesen Zyklus bearbeitet hat, konnte Richard Oschanitzky bereits als Zwölfjähriger sein Gloria für Chor und Orchester unter der Leitung Franz Stürmers in der gleichen Domkirche hören. 1953 schrieb er dann sein Ave Maria für gemischten a-capella-Chor. Dieses Werk erklang nun in der Fassung für eine Gesangstimme mit Orgelbegleitung. Und wenn die Baritonstimme Wilfried Michls den ganzen Raum im „Halleluja“ Oschanitzkys füllen konnte, so war man überrascht über die differenzierten leisen und träumerischen Klänge des Ave Marias.

Die Orgel, von Franz Metz virtuos wie selten gespielt, die Königin der Instrumente, füllte nicht nur den in Dunkel gehüllten Domraum, sondern führte fast einen Dialog mit dem gegenüber, oberhalb des Altares auf einem Schimmel mit Schwert und Lanze gegen den Drachen kämpfenden Heiligen Georg. Im klangerfüllten Raum schien so, als beginnen sich die vielen Heiligenfiguren zu bewegen, mit der Musik zu fühlen, zu kämpfen, zu beten. Und wenn man dachte, dass jetzt die Orgel vom Spieler auseinandergenommen wird, erklingen gleich danach die sanftesten Klänge, die zartesten Töne, die sich in dieser herrlichen Akkustik wie auf Schwingen verbreiten.

Was Franz Metz aus der Orgele entlocken konnte, gelang es Wilfried Michl mit seiner Stimme: die ganze Palette von Klangfarben war zu vernehmen, vom dominanten Fortissimo bis zum gefühlvollen und andächtigen Beten im Ave Maria.

Und nach einer guten Stunde voller musikalischem Genuss fragt man sich, was die vielen jungen Menschen in dieses Orgelkonzert gelockt hat. Waren es die Namen der Künstler, der Banater Komponisten, oder die Schönheit der Temeswarer Domkirche? Wohl alles zusammen. Der lang anhaltende aufbrausende Applaus störte fast die Stimmung dieses Konzertes und draußen, vor den Dompforten in der hinter den Türmen der serbischen Kathedrale untergehenden Abendsonne stand man noch lange Zeit, um über das erlebte zu sprechen.

Es war ein besonderer Kunstgenuss, den die beiden Banater Künstler boten. Unterstützt wurde dieses außergewöhnliche Konzert durch die Kulturreferentin für Südosteuropa am Donauschwäbischen Zentralmuseum, Ulm, und dem Gerhardsforum Banater Schwaben, München. (Katharina Ortinau)

 

[Home] [Bücher] [Noten] [CD] [Musikwissenschaft] [Komponisten] [Artikel] [Editor] [Organologie] [Kontakt] [Impressum] [Links] [Konzert]