Pax et bonum
300-jähriges Klosterjubiläum und 100-jähriges Kirchweihfest der Arader Katholiken2002
von Dr. Franz Metz
Die katholische Kirchengemeinde der Stadt Arad feierte in der Woche nach Pfingsten das 300-jährige Wirken der Minoriten in ihrer Stadt. Gleichzeitig wurde auch das 100. Kirchweihfest der Pfarrkirche gefeiert, die seit einem vollen Jahrhundert mit ihrer Pracht das Stadtbild prägt. Das Fest begann am Pfingstsonntag mit einem festlichen Gottesdienst, dessen Hauptzelebrant war Joachim Giermek OFM, der General (Vorsteher) des Minoritenordens. Davor wurde die Ausstellung „Die Minoriten – 300 Jahre in Arad“ eröffnet, die in einigen renovierten Räumen des Klosters untergebracht wurde. Es ist keine so umfangreiche Ausstellung, doch der Besucher hat die Möglichkeit einige wertvolle Gegenstände aus dem Besitz des Klosters und der Pfarrkirche zu sehen: alte Messgewänder, Paramente, Kelche, Gebet- und Gesangbücher, alte Zeitungen und Publikationen der Minoriten, Gemälde und nicht zuletzt ein wertvolles handgeschriebenes und in Leder gebundenes Diarium eines Minoriten aus dem Jahre 1680. Besonders eindrucksvoll ist das Gemälde von der Erschießung der 13 Arader Märtyrer aus dem Jahre 1849. Im geräumigen Hinterhof des Klosters befinden sich seit dem Jahre 1999 die Statuen des Freiheitsdenkmals, das bis zum ersten Weltkrieg hinter dem Theater stand und danach abgetragen wurde.
Am 13. Juni 2002, am Festtag des heil. Antonius, dem Patron der Pfarrei und des Klosters, zog man um 10 Uhr in einer Prozession, die vom Rathaus ausging, in die Kirche ein. Um 10 Uhr fand ein festlicher Gottesdienst statt, der von Diözesanbischof Msgr. Martin Roos und einigen Priestern zelebriert wurde. Seit kurzer Zeit hat die Arader Pfarrei wie auch das Minoritenkloster einen neuen Prior, Bogdan Adamczyk OFM. Es ist dies die letzte Pfarrei der Temeswarer Diözese, die von Minoriten betreut wird. Nach dem Tod von P. Elmar Kroner OFM mussten die Minoriten mangels Ordenspriester die Lugoscher Pfarrei aufgeben. In den letzten Jahrzehnten wirkten in Lugosch die Minoriten P. Kutsch, P. Michael Kulcsár und P. Herbert Laschober.
In der Arader Stadtpfarrkirche, wie in fast allen Banater Stadtkirchen, finden die sonntäglichen Gottesdienste in ungarischer, deutscher und rumänischer Sprache statt. Anlässlich des Jubiläums veröffentlichte die Pfarrei auch einen Pfarrbrief mit der Gottesdienstordnung, der ebenfalls in drei Sprachen verfasst ist. Darin heißt es, dass besonders heute der Dank auch in deutscher Sprache ausgesprochen werden muss, da deutsche Minoritenpatres aus dem Kölner Raum vor 300 Jahren nach Arad gekommen sind, um dort die Betreuung der deutschen Katholiken zu übernehmen. Bis heute sei deshalb auch die Stelle des deutschen Seelsorgers dieser Stadt freigehalten. P. Bogdan Adamczyk schreibt zum Schluss: „Es ist zu bewundern, wie sich das winzige Senfkorn entwickelt hat. Dank sei Gott“. Und tatsächlich waren auch die meisten Gottesdienste an diesen Festtagen gut besucht. Heute besteht die katholische Gemeinde meist aus ungarischen Gläubigen.
Die Gründung des Arader Minoritenklosters
Nach den Kriegen gegen die Türken, kam deutsches und böhmisches Militär nach Arad, die sich dem General Löffelholtz und unterstellten. Darunter befanden sich auch zahlreiche Handwerker, die beim Wiederaufbau der Festung Arad gut gebraucht werden konnten. Die meisten dieser neuen Bewohner Arads waren katholischen Glaubens und brauchten dringend deshalb auch einen deutschen Seelsorger. Obzwar die katholische Festungskirche von Franziskaner betreut wurde, sprachen diese Ordensleute meist ungarisch oder slawisch. Diese Festungskirche gibt es heute noch und ihre Türme sind von der Umfahrungsstraße Arads deutlich zu erkennen. Sie befindet sich aber seit Jahrzehnten in einem erbärmlichen Zustand. Die Festung selbst – eine der wenigen historischen Bauten dieser Art in Europa und fast vollständig erhalten – war in der Zeit der ungarischen Monarchie auch als Gefängnis benützt. Unter den neuen Feldgeistlichen befand sich um 1700 auch P. Kamill Höfflich, den die deutschen und böhmischen Gläubigen für ihre Gemeinde gewinnen wollten. Dieser war Minorite und kam aus der Gegend von Köln. Im Jahre 1702 errichtete man die erste Pfarrei der Minoriten, deren war und ist es bis heute, der heil. Antonius. Aus Spenden der Gläubigen wurde ein Bauplatz erworben, auf dem man bald eine Kapelle und ein mit Schindeln bedecktes Haus errichtet hat. Während des Angriffs Rakóczys wurde sowohl die Kapelle aus auch das Haus durch einen Brand zerstört. Doch schon bald bauten die Gläubigen im Jahre 1710 eine größere Kirche aus Ziegeln. Aus eigenen Mitteln errichteten danach die Minoriten der Provinz der heil. Elisabeth einen Kirchenturm wie auch ein Kloster. Einige Dokumente aus dem Jahre 1752 belegen die Existenz dieser Bauten.
In den ersten Jahren betreuten sowohl die Franziskaner als auch die Minoriten die Arader katholischen Gläubigen. Nach einigen gerichtlichen Verhandlungen, die selbst bis zum königlichen Hof vorgetragen wurden, einige man sich darauf, dass die Minoriten die Arader Pfarrei endgültig übernehemn sollten. Die Franziskaner hatten ja ihr Kloster und die Wallfahrtskirche in Maria-Radna. Am 11. September 1752 genehmigte auch Bischof Graf Engl von Temeswar aus die Übernahme der Seelsorge durch die Minoriten. In den nächsten Jahren bekam das Minoritenkloster Feld und Weide am Rande der Stadt, in den Gemeinden Ghioroc und Minisch legte man Weinberge an.
Eine neue Minoritenkirche für Arad
Durch die stetige Erweiterung der Stadt wurde die alte katholische Kirche bald zu klein und am 3. April 1751 fand bereits die Weihe des neuerbauten Gotteshauses statt. Der Tschanader Diözesanbischof Engl übernahm die Zeremonie der Weihe, zugegen waren auch der Domherr Franciscus Eugenius de Limburg und Paulus Vuco de Branko. Die Kirche wurde zu Ehren des hl. Antonius de Padua geweiht. Das stattliche Gebäude fasste über 1.200 Gläubige, doch musste der Bau im Jahre 1752 durch eine Verordnung des Prinzen Lobkovitz für sechs Jahre eingestellt werden. Danach konnte bis 1770 der ganzen Bau beendet werden. Als Baumeister wirkte Egidius Ienowein. Die meisten Spenden kam aus den Reihen wohlbemittelter Gläubigen: die Bierbrauerei Jung finanzierte den Hauptaltar, Gaspardin den Kreuzaltar, Ignatz Edelspacher den Marienaltar und die große Glocke, Familie Bohus den Johannes- und Annaaltar. Baron Imre Bohus stiftete die Orgel, die durch Karl Janicsek aus Preßburg errichtet wurde. Janicsek war als einer der bedeutendsten Orgelbauer seiner Zeit angesehen und hat mehrere Arbeiten im Banat verrichtet. Die Holzarbeiten wurden von Johann Pilger geliefert, für die Malerarbeiten war Ferdinand Schiszler zuständig, die Statuen kamen aus der Werkstatt von Franz Eberhardt. Die Glocken wurde in Eger/Erlau von Josef Jusztel gegossen, bei Johann Pinterer und Johann Brunner in Buda und bei Josef Egartner und Jakob Jungbauer in Temeswar.
Im Jahre 1715 gründeten die Minoriten eine Schule, in der die Ordenspriester- und Ordensbrüder den Unterricht in deutscher Sprache erteilten. Ab 1733 wurde der Unterricht von angestellten Lehrern übernommen. Die Minoriten waren nicht nur gute Pädagogen sondern waren auch künstlerisch tätig. So ist uns ein handgeschriebenes Kantorenbuch erhalten geblieben, das deutsche, ungarische und lateinische Gesänge für den gottesdienstlichen Gebrauch enthält. Am Ende dieses Orgelbuches finden wir auch einen „Wallachischen Tanz aus Tautz“, den der Ordensmann sich aufnotiert hat. Eine andere Schule wurde im Jahre 1822 errichtet, hier unterrichtete bis 1873 die Minoriten selbst, bis die Stadt die Lehrer stellte und deren Bezahlung übernommen hat.
Das wichtigste Ereignis des 19. Jahrhunderts für die katholische Pfarrgemeinde Arads war wohl die Ernennung der Stadt zur „königlichen Freistadt“ im Jahre 1834 durch Kaiser Franz I. Die Festlichkeiten dauerten mehr als eine Woche. Zu diesem Anlass fand auch ein Pontifikalgottesdienst statt, bei dem ein besonderes kirchenmusikalisches Werk aufgeführt wurde. Franz Hübl bearbeitete zu diesem Anlass Teile der Oper „Joseph und seine Brüder“ von Mehul zu einer Missa Solemnis. Diese widmete er „dem musicalischen Künstler Verein der königlich eliberirten Stadt Arad“. Das Orchester bestand aus Musikern des Theaterorchesters und aus Professoren des Arader Konservatoriums, das nur ein Jahr davor, 1833, als drittältestes Konservatorium Europas, gegründet wurde.
In den Jahren 1902-1904 baute man an einer größeren Kirche, deren Baupläne vom Architekten Emil Tabakovics stammen. Am 22. Oktober 1911 wurde die Weihe von Bischof Dr. Julius Glattfelder vollzogen. Oberhalb des breiten Aufgangs steht eine Kopie der „Pieta“ Michelangelos. Im Kirchenvorraum wurden die Bronzefiguren der Dreifaltigkeitssäule untergebracht, die bis dahin vor dem Theater standen. Das große Altarbild stammt aus der Werkstatt des Malers Johann Vastagh und stellt eine Szene aus dem Leben des heil. Antonius des Padua dar. Die Orgel wurde vom Budapester Orgelbauer Otto Rieger im Jahr 1905 erbaut und wird auch heute noch – wenn auch reparaturbedürftig – benützt.
Die Arader Minoriten heute
Mit der Ernennung von Msgr. Sebastian Kräuter im Jahre 1990 zum ersten Bischof der Temeswarer Diözese in der postkommunistischen Ära, bedingt durch die neuen Möglichkeiten nach dem Sturz der Ceausescu-Diktatur, und besonders nach 1999, als Bischof Msgr. Martin Roos die Leitung der Diözese anvertraut wurde, musste auch die Arader Stadtpfarrkirche in diese Veränderungen miteinbezogen werden. Dazu gehört nicht nur die Einbindung der Arbeit der Minoriten in die Seelsorgetätigkeit für die Katholiken dieser Großstadt. Vieles von dem Hab und Gut der Minoriten wurde nach 1947 beschlagnahmt oder verstaatlicht, dazu gehören sowohl materielle wie auch kulturelle Werte. In der Rückgabe dieser kirchlichen Güter besteht ein deutlicher Nachholbedarf. Somit hat P. Bogdan Adamczik OFM als Vorsteher der Arader Minoriten kein leichtes Erbe übernommen. Dieses Jubiläum hat aber bewiesen, dass sich „das winzige Senfkorn“ – trotz allem – nicht nur gut entwickeln konnte, sondern dass auch nach 300 Jahren die Hoffnung besteht, das Wort Gottes auch den nächsten Generationen – in welchen Sprachen auch immer – verkünden zu können. Und P. Kamill Höflich aus Köln wagte damals vor drei Jahrhunderten den Anfang… und, wie schon so oft in der Geschichte dieser Stadt und dieser Diözese, steht die katholische Arader Gemeinde wieder vor einem neuen Anfang.
Copyright © Dr. Franz Metz, München 2009
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