Die Orgeln der Kirche in Jahrmarkt / Giarmata
von Dr. Franz Metz
Schon die ersten Kirchen der Banater Ansiedler wurden mit einer kleinen Orgel versehen. Der Lehrer-Organist (Kantorlehrer) war für die ordentliche Begleitung des Kirchengesangs zuständig. Im Jahre 1768 verordnete Kaiserin Maria-Theresia, dass jedem Lehrer in den neuen schwäbischen Gemeinden des Banats jährlich 60 fl (Gulden) als Gehalt aus der ärarischen Kassa ausbezahlt werden müssen.
In der Kirche von Jahrmarkt wurden 1773 Sammlungen für die Orgel eingeleitet und selbst außerhalb des Ortes spendete man dafür. Das Geld von Kirchenstiftungen und aus anderen Quellen reichte aber nur für eine Kleinorgel mit 6 Registern. Der Erbauer war vermutlich ein Wiener Orgelbauer. Doch schon nach etwa 50 Jahren begann dieses Instrument seinen Dienst zu versagen und die Gemeinde ließ im Jahre 1821 eine neue Orgel mit 10 Register um die beträchtliche Summe von 2.500 Gulden vom Temeswarer Orgelbauer Wälter errichten. Pfarrer Franz Demele schrieb in seiner Ortsmonographie 1913 über dieses damals fast 100-jährige Instrument, dass sie „…noch heute den frommen Gesang der Gläubigen begleitet, aber mit ihrem oft stockendem Atem und ebenso oft quietschenden Stimmpfeifen schon sehr deutlich mahnen will, dass sie kein sanglustiger Jüngling mehr sei.“
Als Pfarrer Demele 1913 seine Monographie schrieb, war die Zeit der Magyarisierung auf ihrem Höhepunkt angelangt: „Die Schützen des Ortes, die älteste Körperschaft in der Gemeinde, legen in demselben Jahre 1913 ihre alte Uniform, den vom Auslande mitgebrachten dreispitzigen Hut, den Frack, die Kniehose, wie auch den von der Schulter herabhängenden Säbel- und Patronentaschenüberschwung ab, nehmen Stiefel, ungarische Hose und ungarischen Csákó an.“
In den siebziger Jahren des 20. Jahrhunderts, als noch der spätere Bischof Sebastian Kräuter in Jahrmarkt als Pfarrer wirkte, wurde eine elektronische Orgel angeschafft, die die altersschwache Wälter-Orgel ersetzen sollte. Doch die alte Pfeifenorgel erklingt auch noch zum Beginn des 21. Jahrhunderts in der Jahrmarkter Kirche, wenn auch seltener und mit vielen Mängeln. Als im Jahre 1982 diese Orgel renoviert wurde, konnten auch die originalen Registerbezeichnungen festgestellt werden: im Manual Principal 8´, Bourdon 8´, Coppel major 8´, Oktave 4´, Coppel minor 4´, Quinte 2 2/3´, Superoktav 2´, Mixtur III 1 1/3´; im Pedal Subbass 16´ und Oktavbass 8´.
Im Orgelinneren finden wir einige Inschriften zu ihrer Geschichte. So erfahren wir, dass Johann Hinkelmann, als Mitarbeiter bei der Renovierung und Mechanik dieser Orgel im Jahre 1881 mitgewirkt hat. Aus einem Schreiben des Temeswarer Orgelbauers Wegenstein aus dem Jahre 1928 an den damaligen Pfarrer von Jahrmarkt Nikolaus Anton erfahren wir, dass in diesem Jahr die während des ersten Weltkriegs für Kriegszwecke requirierten Orgelpfeifen ersetzt wurden. Im Jahre 1960 wurde dieses Instrument vom Temeswarer Orgelbauer Franz Kecskés repariert und gestimmt. Die letzte große Renovierung dieser Orgel fand 1982 durch den Autor dieser Zeilen statt. Die Jahrmarkter Orgel gehört heute zu den ältesten und wertvollsten historischen Instrumenten des Banats.
Bilddokumentation
Jahrmarkt / Giarmata: Kirche
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Kirchenschiff
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Orgel von Wälter (1821)
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Klaviatur der Orgel (1982)
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Pfarrer Sebastian Kräuter (der spätere Bischof Temeswar, Mitte), Franz Metz (links), Jakob Konschitzky und Adam Mager, nach der Renovierung der Orgel im Pfarrhof (Jahrmarkt 1982)
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Hl. Cäcilia an der Orgel (Fahne des Jahrmarkter Männergesangvereins)
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Copyright © Dr. Franz Metz, München 2008
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