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Hans Weisz

(1903-1982)

Hans Weisz kam am 26. Juni 1903 im Banater Dorf Saderlach (rum. Zădăreni) zur Welt, wo er auch die Volksschule besucht hat. Nach dem Gymnasium von Arad besuchte er hier 2 Jahre die Lehrerpräparandie und danach die katholische deutsche Lehrerbildungsanstalt in Temeswar. Seine erste Lehrer- und Kantorenstelle hatte Weisz zwischen 1922-1931 in Pankota. Hier leitete er den Kirchenchor, gründete einen deutschen Männerchor und führte mehrere Singspiele und Operetten auf. In der katholischen  Kirche dieser Gemeinde fand Weisz das Manuskript der Alten Banater Weihnachtsmesse, die er für gemischten Chor und Orgel bearbeiten wird.

Im Jahre 1931 wechselte er nach Temeswar und wurde hier zum Kirchenmusiker der Salvatorianerkirche in der Elisabethstadt gewählt. In diesem Stadtteil wohnte ein Großteil der deutschen Bevölkerung Temeswars und Weisz leitete hier den Männerchor „Eintracht“. Im Jahre 1940/41 leitete er die Premiere seiner Kinderoper Schneewittchen. 1941 wird Weisz zum Kriegsdienst in der rumänischen Armee eingezogen, gerät in sowjetische Gefangenschaft und kam 1946 frei. Er übernahm wieder die Kirchenmusikerstelle der Elisabethstadt, reorganisierte den Kirchenchor und den Männerchor. Regelmäßig gelangten große Messen und Oratorien zur Aufführung und das kirchenmusikalische Niveau wurde erheblich gehoben.

In dieser Nachkriegszeit musste das kirchliche Leben in Rumänien fast gänzlich verstummen. Die allherrschende kommunistische Parteiideologie erlaubte die Ausübung des Glaubens nur im Rahmen von Gottesdiensten, weshalb konzertante Kirchenmusikaufführungen in solche eingebettet werden mussten. Werbung dafür war strengstens untersagt. Und dies war auch der Grund, weshalb die Leute trotzdem in Scharen zu solchen Ereignissen strömten. Es wurden die bekanntesten Werke der Kirchenmusik aufgeführt: Messen von Mozart, darunter die Krönungsmesse, Spatzenmesse, das Requiem, die C-Moll-Messe, von Haydn die Nelson-Messe, Missa Cellensis, Nicolai-Messe, das Oratorium Die sieben letzten Worte unseres Erlösers Jesus Christus am Kreuze, Messen von Franz Schubert und Passionen von Bach.

Nach 51 Dienstjahren ging Hans Weisz mit 70 Jahren in den Ruhestand und bekam kurze Zeit danach die Genehmigung nach Deutschland auszuwandern. Er starb am 15. April 1982 in Crailsheim. Zu seinen Nachfolgern als Kirchenmusiker der Elisabethstädter Kirche gehörten vorübergehend die pensionierten Lehrer Nikolaus Schmidt und Jakob Hübner, 1975 begann hier Franz Metz seine Tätigkeit als Organist, Chorleiter und Kantor.

 

Hans Weisz war also über 40 Jahre als Kantor, Organist und Chorleiter an dieser Kirche tätig und 1965 wurde er mit einem päpstlichen Verdienstorden für seine fruchtbare kirchenmusikalische Tätigkeit ausgezeichnet. Er ist auch der Verfasser einer Messe in A-Dur für Solisten, Chor und Orchester. Eine größere Verbreitung im Banat fand aber eine andere Komposition von Hans Weisz: Messlied zu Ehren des hl. Gerhard (Gerhardslied). Der Text wurde von Msgr. Dr. Franz Kräuter (* 27. Juli 1920 Nitzkydorf, † 11. Mai 1986 Jahrmarkt) verfasst und dem Gründer und Schutzpatron der Tschanader (Temeswarer) Diözese, dem heiligen Gerhard, gewidmet († 24. September 1046). Paul Wittmann bearbeitete die Melodie von Hans Weisz für gemischten Chor und für Orgel mit Gesang:

 

Messlied zu Ehren des hl. Gerhards,

Gründer und Schutzpatron der Temeswarer Diözese

  Text: Msgr. Dr. Franz Kräuter

  Musik: Hans Weisz, Paul Wittmann

 

Sankt Gerhard frommer Gottesmann, dich flehen deine Kinder an.

O Schutzpatron bei Gottesthron! Zu dir ruft unsres Lebens Not,

Sei unser Helfer jetzt bei Gott. In Angst und Not, vor Krieg und Tod.

 Schau gnädig auf das Ackerfeld, das du als Sämann einst bestellt,

 Hüt´  deine Saat, schirm das Banat!

 Du kamst als Gottes Bote her, du pflanztest hier des Kreuzes Lehr.

 Hüt´ deine Saat, schirm das Banat!

 

Du lehrtest hier das Wort des Herrn, du gabst dafür dein Leben gern,

Du Gottes Held, von ihm bestellt! Mehr unsren Glauben, mach ihn stark,

Lass treu uns sein und ohne Arg. O steh uns bei, hilf uns aufs neu.

 Schau gnädig...

 

Reich führend deine heilge Hand, der Jugend hier in Stadt und Land,

Führ sie zurück zum wahren Glück, dass Glaube, Reinheit, Ehr und Treu,

Die Richtung ihres Lebens sei, im Lebensstreit sei hilfsbereit!

 Schau gnädig...

 

Schütz deiner Herde Priesterschar, lass fest sie stehen zum Altar.

Lass ihre Reihn dem Herrn sich weihn, daß sie wie du mit frommem Sinn

Uns führen zu dem Heiland hin. Ihr Lebenswerk, den Glauben stärk!

 Schau gnädig...

 

Schirm den, der heut die Bürde trägt, und deiner Herde Schifflein hegt.

Den Hirten hüt, der uns jetzt führt! Erfleh ihm Weisheit und Geduld,

Zum Opfer Kraft und Gotteshuld. Halt von ihm Fern des Unglücks Stern!

 Schau gnädig...

 

Dieser Text ist im Jahre 1946 (900 Jahre seit dem Märtyrertod von Bischof Gerhard) geschrieben worden, eine Zeit, die das Ende der donauschwäbischen Kultur einläutete: Verschleppung, Zwangsarbeit, Verfolgung der Kirche, Elend in den vom Krieg getrennten Banater Familien, bis hin zur Enteignung der gesamten kirchlichen materiellen Güter. Hans Weisz schrieb die Melodie in e-Moll, ein harter Gegensatz zu den üblichen deutschen Kirchenliedern des Banats, die meist in „Dur“ verfasst sind. Dieses Lied wurde auch als Messlied im Gottesdienst gesungen, also je eine Strophe zum Kyrie, Gloria, Credo, zum Offertorium und zum Sanctus. Zum Gerhardsfest im Jahre 1980 (980-1980) schrieb Franz Metz die Musik zum Text von Hans Mokkas Gedicht Lobgesang auf Sankt Gerhard.

Hans Weisz war der Entdecker der Alten Banater Weihnachtsmesse, deren Autograph er in seiner Lehrerzeit in Pankota entdeckt hat. In in den sechziger Jahren hat er dann diese für gemischten Chor und Orgel bearbeitet und zum ersten Mal in der Temeswarer Elisabethstädter Kirche aufgeführt.

Die Alte Banater Weihnachtsmesse (Ihr Hirten hört Wunder) ist in vielen schwäbischen Gemeinden zur Mette oder am Weihnachtstag gesungen worden und ist in zahlreichen Liedsammlungen vorhanden. Oft wurden diese Lieder während des traditionellen Hirtenspiels vorgetragen. Das älteste Manuskript ist jenes aus Pankota, entstanden um 1820. Damals wirkte hier der aus Gosheim (Süddeutschland, Baden-Württemberg) stammende Kantorlehrer Andreas Brunner. Um 1817 ist er gemeinsam mit anderen Gosheimer Familien nach Ungarn gezogen, wo man sich in Pankota niedergelassen hat. Die Gründe seiner Auswanderung kann man aus seinen Briefen erfahren, die er aus der neuen Heimat an seine Verwandte geschrieben hat. Da in jener Zeit über mehrere Jahre hindurch eine große Hungersnot herrschte, suchten zahlreiche Bewohner Süddeutschlands die Möglichkeit für eine bessere Existenz. Dazu kommt noch die Tatsache, dass Brunner ein Anhänger Großösterreichs war und seit der Auflösung des Heiligen Römischen Reichs Deutscher Nation (1806) befand sich Gosheim unter der Herrschaft des Königs von Württemberg. Auf seiner Reise nach Ungarn bat er in Wien um eine Audienz beim Kaiser, die ihm aber nicht gewährt wurde… Es ist bewiesen, dass die Lieder dieser von Weisz als Alten Banater Weihnachtsmesse betitelten Sammlung aus der alten Heimat des Lehrers Andreas Brunner, also aus Gosheim, stammten.

 

Bilddokumentation

 

Katholische Pfarrkirche zu Gosheim (Baden-Württemberg)

Katholischer Friedhof, Pankota: Altes Ansiedlerkreuz

Katholische Pfarrkirche, Pankota: Deckengemälde

Autograph der Banater Weihnachtsmesse (um 1816)

Kantor Hans Weisz an der Orgel der Elisabethstädter Pfarrkirche

Päpstliche Auszeichnung für Kantor Hans Weisz: Pro Ecclesia et Pontifice

Salvatorianerkirche der Elisabethstadt (Temeswar)

Wegenstein-Orgel der katholischen Pfarrkirche (Temeswar Elisabethstadt, Salvatorianer)

Gedenktafel für Hans Weisz in der Elisabethstädter Kirche

 

Copyright © Dr. Franz Metz, München 2007

 

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