Guttenbrunn / Zabrani
Eine Orgel für alle Bewohner der Gemeinde
von Dr. Franz Metz
Die Kirchen der Banater Heidedörfer wurden bereits früh mit guten Orgeln versehen. Dies lag in erster Linie am Reichtum dieser Gemeinden und am regen Interesse für Kirche und Schule. Sobald eine neue Kirche errichtet wurde, musste gleichzeitig auch eine neue Orgel angekauft werden, meist eine größere und bessere als die der alten Kirche. Dies war auch der Grund, weshalb sich seit dem Beginn des 19. Jahrhunderts im Banat einige Orgelbauer – meist aus Böhmen – niederließen, um hier ein besseres Auskommen zu haben. Zu diesen zählte auch Joseph Hromadka.
Josef Hromadka (* 1826 Svojanov / Bezirk Chrudim, Böhmen, + 17. Mai 1896 Temeswar-Josefstadt) war der letzte Orgelbauer des Banats der die mechanische Schleiflade in Ehren hielt. Er ist 1853 aus Böhmen nach Temeswar eingewandert und richtete sich in der Josephstadt eine Werkstatt ein. Er baute auch Harmoniums die von einer außerordentlichen Qualität Zeugnis geben. Hromadka baute Orgeln für Guttenbrunn, Gottlob, Kleinjetscha, Blumental, Tschanad u.a. Er erhielt 1885 und 1886 auf Budapester Ausstellungen die Große Ausstellungsmedaille, 1891 auf der Temeswarer Gewerbeausstellung die Goldene Medaille und Kaiser Franz Josef I. ehrte ihn für seine außerordentlichen Verdienste mit dem Goldenen Verdienstkreuz. In Temeswar hatte Hromadka die Vertretung des k.u.k. Hoflieferanten für Klaviere Anton Petrof, er selbst hatte seine Verkaufshalle am Domplatz.
Auch sein Sohn August Hromadka war als Orgelbauer tätig. Er kam am 7. August 1856 in Svojanov / Böhmen zur Welt und starb am 28. Oktober 1907 in Temeswar (Josefstadt). Er verbrachte seine Lehrzeit in der Werkstatt seines Vaters und etwa 1886 wurde er Mitinhaber der Harmonium- und Orgelbauwerkstatt. Nach dem Tod seines Vaters im Jahre 1896 führte er diese Firma weiter.
Ein anderes Familienmitglied war Norbert Hromadka (* 29. Juni 1875 Bahnkanton 16 Eichberg, Dorf Glognitz, Svojanov / Böhmen, + 10. Juli 1958 Temeswar-Josefstadt), der bei seinem Onkel Josef Hromadka den Orgelbau erlernt hat und hier auch als Geselle tätig war. Er machte sich später selbständig und baute als einziger im Banat Drehorgeln und Holzblasinstrumente. Bei einigen Ausstellungen erwarb er auch Preise.
In einem Nachruf wurde Joseph Hromadka in der Temesvarer Zeitung als ein verdienstvoller Veteran der Temeswarer Kunstindustrie bezeichnet und ein gediegener Fachmann, der in Ungarn zu den bahnbrechenden Kapazitäten seines Faches zählte. Einer seiner Schwiegersöhne war der Orgelbauer Carl Leopold Wegenstein.
Temesvarer Zeitung, 19. Mai 1896, Seite 4:
Ein verdienstvoller Veteran der Temeswarer Kunstindustrie, Josef Hromadka Begründer der gleichnamigen Orgelfabrik, ein gediegener Fachmann, der in Ungarn zu den bahnbrechenden Kapazitäten seines Faches zählte - ist gestern Früh im Alter von 70 Jahren gestorben. Er erhielt von Sr. Majestät das goldene Verdienstkreuz und genoß als Orgelbauer einen Ruf in der ganzen Monarchie. Auch als Musiker war er jahrelang eine tüchtige Kraft des Temeswarer Philharmonischen Vereins, welcher sich an der Leichenfeier beteiligen wird. Sein Sohn August, 5 Töchter und ebensoviel Schwiegersöhne, unter diesen der Orgelbauer Wegenstein,(...) trauern an der Bahre dieses wackeren Mannes.
Die Orgel der katholischen Kirche zu Guttenbrunn erbaute Joseph Hromadta im Jahre 1883. Zu seinen Mitarbeitern zählten damals sein Sohn August, Carl Leopold Wegenstein und Valentin Regenholz. Dies erfahren wir aus einer Inschrift im Inneren der Guttenbrunner Orgel. Darin wird noch vermerkt, dass dieses Instrument „… durch sämtliche Bewohner der Gemeinde Guttenbrunn unter der Leitung der Gemeindevorstehung Nikolaus Grünzweig (Notär), Georg Geiß (Richter), Michael Bangert (Kassier), Georg Nebel, Nikolaus Sauer, Nikolaus (?) (Geschworene) und Michael Luckhaup (Vize Richter)“ angekauft und am 14. September 1884 durch Weihbischof Josef Német geweiht wurde. Der Preis des Instruments belief sich auf 4.135 Gulden. Als Organist und Lehrer wirkte damals Julius Lackner tätig.
Inschrift im Orgelgehäuse:
Diese Orgel wurde durch sämtliche Bewohner der Gemeinde Guttenbrunn unter der Leitung der Gemeindevorstehung Nikolaus Grünzweig Notär, Georg Geiß Richter, Michael Bangert Kassier, Georg Nebel, Nikolaus Sauer, Nikolaus (?) Geschworene und Michael Luckhaup Vize Richter und um den Betrag von 4.135 Gulden (Währung im Jahre 1883) angekauft und 1884 - 14. September nach der Überprüfung und Einweihung übernommen:
Orgelbauer: Josef Hromadka und Sohn aus Temeswar
Arbeiter: Leopold Wegenstein (Schwiegersohn und Orgelbauer) (...) und Valentin Regenholz
Organist und Lehrer: Julius Lackner
Einweihung geschah durch den Hw. Weihbischof Josef Németh.
(Folgt die Unterschrift von Josef Hromadka)
Die Orgel hat eine mechanische Spiel- und Registertraktur. Das Hauptwerk wurde später teilweise mechanisch umgebaut. Mit ihren 22 Registern gehört diese Orgel zu den größeren und schönsten Instrumenten des Banats. Die Disposition ist folgende:
Hauptwerk
Bourdon 16´
Hohlflöte 8´
Rohrflöte 8´
Prinzipal 8´
Trompete 8´ (Gamba 8´)
Gedeckt 8´
Octave 4´
Waldflöte 4´
Spitzflöte 4´
Quinte 2 2/3´
Octave 2´
Mixtur IV 2 2/3´
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Positiv
Gamba 8´
Silvestrina 8´ (Gedeckt 8´)
Fugara 4´
Dulcflöte 4´
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Pedal
Violon 16´
Subbass 16´
Principal 8´
Bassbordun 8´
Posaune 16´ [Streicher 8´] Octave 4´
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Außerdem hat die Orgel eine Manualkoppel und einen Calcantruf (Calcantenzug), mit dem der Organist dem Orgeltreter durch ein Glöcklein das Zeichen zum Einsatz geben kann.
In keiner anderen Kirche des Banats ist die gesamte Inneneinrichtung so einheitlich, wie in Guttenbrunn. Dies kann man besonders am Orgelgehäuse erkennen, das die gleiche Ornamentik und Farbe aufweist, wie der Hauptaltar, die Wandmalerei oder die Brüstung. Typisch für die Orgeln Hromadkas ist das Register mit der Bezeichnung „Silvestrina“. Die beiden Zungenregister (Trompete und Posaune) sind eigentlich Labialregister. Kann sein, dass dies nur eine Notlösung war, bis man das Geld für die teureren Zungenregister beisammen hatte. Doch – wie so oft im Orgelbau – blieb dieser Zustand endgültig.
Der Klang der Guttenbrunner Orgel ist für die große Kirche nicht nur raumfüllend, sondern weist viele edle Klangelemente auf. Leider ist der heutige Zustand dieser Orgel nicht der beste. Durch die Benützung der Kirche durch die rumänische griechisch-katholische Gemeinde ist man wenigstens einem weiteren Verfall entgegengetreten.
Von Joseph Hromadka sind uns noch folgende Dokumente erhalten geblieben:
Visitenkarte aus dem Archiv des Philharmonischen Vereins, Temeswar:
"Orgel-, Clavier- u. Harmonium-Etablissement von J. Hromadka & Sohn
Temesvár, Josefstadt, eigenes Haus, Ecke der Friedhof- und Sterngasse Nr. 9."
Brief an das Csanader (Temeswarer) Domkapitel vom 3. Juli 1888:
Hochwürdigstes Csanáder Domcapitel!
Ergebensgefertigte erlauben sich das hochwürdigste csanáder Domcapitel aus dem nachstehendbezeichnetem Grunde und gegen die angebliche Sicherstellung respect. Deckung um eine Unterstützung in Form einer Geldanleihe auf die Dauer von 6 Monaten dringendst zu bitten. Und zwar:
Wir übernahmen außer andere Zeitgeschäften auch im April l. J. den Bau einer neuen Kirchenorgel für die evang. Cultus-Gemeinde Mramorak, für deren Anfertigung wir mit Ausnahme einer kleinen a conto-Zahlung einen Restbetrag von 1.050 fl. erst 1 Monat nach Ablieferung derselben, d. i. am 1. Dezember l. J. bekommen. Benannte Orgel ist zum größten Theile fertig und gegen Feuersbrunst versichert, trotzdem brauchen wir zur Fertigstellung als auch zur Anschaffung der dazu nöthigen Bildhauer- und Vergolder-Arbeiten noch Geld, über welches wir, bei der nun, wie alljährlich in dieser Zeit eintrettenden Geschäftsstockung nicht verfügen, bekommen aber wie oben erwähnt, außer andere Vorderungen auch am 1. Dezember l. J. aus Mramorak eine Summe von 1.050 fl., von welchem Betrage wir zuverläßig die nun erbittende Geldanleihe mit größtem Danke und den angemessenen Zinsen rückzahlen. Wir erlauben uns dies ergebene Ansuchen hauptsächlich aus dem Grunde weil wir erstens von von der uns von Seite des hochwürdigsten Domcapitels bereits erwiesenen Wohlwollen vollends überzeugt sind, und anderseits aber um uns dem Presbiterium der evangelischen Gemeinde, durch das Ansuchen um einen Vorschuß nicht unterwerfen zu müssen.
Unsere Bitte ergebenst wiederholend verharren mit dem Ausdrucke besonderer Hochachtung.
Temesvár am 3. Juli 1888
Jos. Hromádka, Orgelbauer
August Hromádka, Orgelbauer
Schreiben Hromadkas vom 14. Februar 1889 an das Domkapitel:
(...) obiger Schuld vermeinte Summe aus Mramorak für die Erbauung ihrer Orgel nicht auf einmal sondern nur ratenweise und trotz der errungenen größten Zufriedenheit bis nun nicht ganz erhalten. Zur theilweisen Deckung der für dies Darlehen schuldigen Zinsen, legen wir unsere Quittung über 20 fl welche wir an Jahres-Pauschale pro 1888 für die Orgel-Instandhaltung der hiesigen r. k. Bischöflichen Dom-Kirche bei dem hochwürdigsten Dom-Kapitel gut haben, bei.
Unsere ergebene Bitte wiederholend verharren mit dem Ausdrucke ergebener Dankbarkeit und besonderer Hochachtung.
Temesvár am 14. Feber 1889
Jos. Hromádka & Sohn
bürgl. Orgelbaumeister
Besitzer der gold. Verd. Kreutzes etc.
Bilddokumentation
Guttenbrunn: Kirchenschiff, Blick zum Altar
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Altar
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Deckenmalarei
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Blick zur Orgelempore
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Deckenornamentik
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Unter der Empore: zwei besondere Familienbänke
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Orgel: im Einklang mit dem Kircheninnern
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Orgelpfeifen und Farbe
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Kam das Orgelgehäuse aus Südtirol?
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Detail
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Vorderpositiv
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Holzschnitzereien auf dem Positiv
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Spieltisch und Vorderpositiv
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Spieltisch
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Ornamentik am Orgelgehäuse
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Spieltisch
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J. Hromadka & Sohn, Temesvar
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Holzschnitzerein unter den Klaviaturen
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Registerzüge
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Registerzüge
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Inschrift
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Copyright Dr. Franz Metz, München 2008
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