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E D I T I O N   M U S I K   S Ü D O S T

Franz Anton Baumann / Paumon

(1704-1750)

Bischof Berényi, der am 9. April 1741 im Dom zu Fünfkirchen (Pécs, Ungarn) feierlich in sein Amt eingeführt wurde, nahm sich u.a. auch vor, die Dommusik neu zu organisieren. Er beauftragte dazu Canonicus Fonyó, der sich sofort an den Wiener Musiker und Pfarrer an St. Stefan, Paul Geritsch, gewendet hat. Aus der Zeitspanne Februar-Mai 1742 sind uns 18 Briefe erhalten geblieben die davon berichten. Geritsch gelingt es den ehemaligen Chorsänger von St. Stefan, Franz Anton Baumann (Paumon) zu überzeugen um neue Musiker für die Dommusik in Pécs zu werben. Dessen Geburtsdatum ist unbekannt, er starb 1750 im Alter von 46 Jahren. In einem Brief an Canonicus Fonyó gibt er einige Angaben zu seiner Biographie: 10 Jahre war er als Domkapellmeister in Belgrad tätig und hatte von Bischof Thurn große Anerkennung und Lob erhalten. Er hatte einen Jahresgehalt von 300 fl, beherrscht außer der Orgel auch andere Instrumente wie Violine, Violoncello und Fagott, kann mehrere eigene Werke aufweisen, ist in der Gregorianik und der Figuralmusik ein Meister dieser Fächer und zeigt Interesse nach Pécs zu kommen: "(...) da mir doch intenzioniert noch einmal in Unarn zu gehen". Baumann endet sein Schreiben mit der Bemerkung, dass er davor "Rector chori v. Belgrad" war und jetzt als "Musicus bey St. Stephan" tätig ist. Geritsch berichtet in dem beigelegten Schreiben, dass er selbst gerne nach Pécs kommen würde, wenn er ein entsprechendes Gehalt bekäme.

Canonicus Fonyó empfing mit großer Freude diese Zeilen und lud sofort Baumann ein, nach Pécs zu kommen. Er berichtet ihm, dass die Musiker außer ihrem Dienst auch bei den Gebetsstunden sich beteiligen müssen, hier sich aber wöchentlich abwechseln können. Er soll je schneller mit seinen neuen Musikern in Pécs erscheinen und soll sich keine Gedanken um die Unterkunft machen da hier die Mieten und die sonstigen Auslagen viel kleiner wären als in Wien oder Belgrad.

Die beigelegte Liste enthält 9 Musiker die auch für die Stundengebete bezahlt werden: der Kapellmeister mit einem Gehalt von 200 fl, die anderen 130-150 fl. Auch die anderen Einkünfte in Weizen und Wein werden Baumann bekannt gemacht. Baumann wird mit seinen Musikern am Tag des Hl. Georg in Pécs erwartet. Dieser lässt sich aber Zeit, da ihm selbst die tägliche Mitwirkung bei den Stundengebeten nicht gefällt. Er verlangt deshalb dafür das Doppelte von dem was seine Musiker und die Sänger bekommen, da dies, wie er schreibt, auch in Wien, Salzburg, Belgrad und Temeswar so gehandhabt wird. Baumann verspricht dafür im Bereich der gregorianischen und figuralen Musik sein Bestes zu geben. Den Rest will man in Pécs besprechen.

Franz Anton Baumann will mit seinen Musikern am 1. April in Pécs ankommen. Er hat bereits mehrere gute Leute dafür überzeugt: einen Bassist der auch Trompete spielt, einen guten Geiger, zwei junge Musiker die sowohl Trompete als auch Horn, Violine und Violoncello spielen können, davon ist einer ein guter Sänger und der zweite soll noch im gregorianischen Gesang ausgebildet werden. Leider konnte er keinen Diskantisten und auch keinen Altisten für dieses Unternehmen auftreiben. Für die Fahrt bekommt jeder 34 x, er selbst 1 fl pro Tag und die Reise soll je schneller begonnen werden: "(...) dan sie befürchten daß Ungarn wie die Höll und gehet unter hundert nicht gern hinab!". Für den Einkauf von Instrumenten, Gesangbüchern und Saiten verlangt Baumann einen Vorschuss von 200 fl um auch die anderen Auslagen für die bevorstehende Reise decken zu können: "(...) die in Ungarn, wie bekannt ist von dergleichen alles vor doppeltes Geldt". In der Zwischenzeit beginnt Baumann mit seinen Musikern in Wien für den Dienst in Pécs zu proben. Anfang April wurden noch einige Briefe verschickt und Geritsch versichert Canonicus Fonyó, dass die Musiker bis Pfingsten in Pécs ankommen werden. Es wurde auch ein junger Musiker gefunden, der gerade in Stimmbruch war, aber gut auch als Geigenspieler zu gebrauchen ist.

Da einige der Musiker auch ihre Familien zu versorgen hatten, stiegen die Ausgaben und man erbittet wieder um einen Zuschuss. Mitte des Monats April schreibt Baumann, dass sein Kommen nach Pécs durch seine eventuelle Versetzung oder wegen einer Beförderung fraglich ist. Die Lage wurde immer gespannter und fast täglich wurden Briefe in beide Richtungen gesendet. Das Domkapitel versprach Baumann und seinen Musiker, dass die Reise per Schiff auf der Donau wie auch bis nach Pécs bezahlt wird. Trotzdem unterstrich Fonyó, dass man Musiker brauche, die nicht nur die Figuralmusik beherrschen sondern auch Psalmen singen können, ansonsten werden diese nicht eingestellt: "(...) Interim musici tales sint, qui psalmos fluide recitare valeant, nam propter solam musicam excepto discantista et organista nullus assumitur".

Die Musiker bereiteten sich langsam mit ihrem Familien auf die Reise von Wien nach Pécs vor. Vermutlich soll dies aber erst zu Dreifaltigkeit oder Fronleichnam möglich sein, da die Wetterverhältnisse in Ungarn ungeeignet waren. In einem weiteren Brief aus Pécs schreibt Fonyó, dass es an Noten nicht fehle, da Kapellmeister Pack eine große Zahl an Aufführungsmaterial zusammengetragen hat: "(...) Dein sua Dominatio notificavit etiam se compositorem fore, hunc ad similia facere expensas non est necesse." Baumann wird gebeten, falls er nicht nach Pécs kommen kann, einen Ersatz für ihn finden soll, der sich in den gregorianischen Gesängen auskennt: "(...) Quapropter placeat ita negotium instituere, ut si propter meliorem spem emaneret (quod non libenter haberem) alter cantus choralis peritus sacerdos cum musicis submittatur." Canonicus Fonyó befürchtet schon, dass Baumann nicht kommen kann und in einem Brief schreibt dieser auch, dass er als Pfarrer eine andere Pfarrei übernehmen musste. Da sich viele Briefe überkreuzten, hat sich die Situation in der Zwischenzeit verändert. Bis zum Schluss gelang es Baumann mit seinen Musikern nach Pécs zu kommen. Bereits in einem Brief an Canonicus Fonyó unterschreibt er sich als "Magistro di Capell Cap Quinque Eccles".

Die neuen Musiker, die Baumann in Wien für Pécs erworben hat, werden in einem Brief an Canonicus Fonyó genauestens beschrieben.

 

Maistro di Capella Franz Anton Paumon 200 fl

2 Diskantisten 100 fl

Johann Georg Svoboda 150 fl

Anton Jürgens, Altista 150 fl

Kristof Max. Waldt, 1. Trompeter 140 fl

Johann Georg Khülf, 2. Trompeter 150 fl

 

Der Bassist Svoboda kennt sich in gregorianischen Gesängen gut aus, spielt die Trompete, Violine und das Waldhorn. Der Altist singt nicht nur gregorianische Gesänge sonder spielt auch Trompete, Posaune, Violine und das Waldhorn. Der erste Trompeter, Kristof Max. Waldt spielt auch das Violoncello, Waldhorn und muss sich im Gesang noch üben. Der zweite Trompeter, Johann Georg Khülf, spielt auch die Violine, das Violoncello, die Posaune, das Walhorn und kann auch singen. Gemeinsam mit den noch vorhandenen Musikern in Pécs bildeten sie nun die neue Domkapelle. Drei dieser Musiker waren auch als Komponisten tätig, so Paumon, Wittmann und Svoboda.

Die ersten Daten über die Aktivität Franz Anton Baumanns in Pécs erfahren wir durch den Eintrag auf der Rückseite der Mappe mit dem Aufführungsmaterial zum Requiem in g-Moll, das am 30. Oktober 1743 und am 2. November 1743 aufgeführt wurde. In der gleichen Zeit wurde auch die Messe des Mitgliedes der Domkapelle, Georg Svoboda aufgeführt. Das Werk hat der Komponist dem Canonicus Schmacker gewidmet, der für die Kirchenmusik verantwortlich war: Missa Nr. 8 a Novem dependentibus vocibus in Honorem S. Joanni Nepomuceni composita et in debitum observantiae pignus Rssimo Dno Petro Nicolao Schmacker oblata et composita per me indignum clientem Georgium Svoboda Musicum Cathedralem.

Im Jahre 1744 bekommen die Dommusiker ein zusätzliches kleines Honorar: "Musici Ecclesiae Cathedralis: organista 5 fl, director chori 15 fl, duo tubicines 10 fl, altista, tenorista atque Foreli 15 fl". Im selben Jahr brannte ein Feuer zahlreiche Häuser der Stadt nieder und es gab viele Opfer. Man zog auch den Musikern je 5 fl von ihrem Gehalt ein um den vielen Obdachlosen den Schaden zu mindern.

Mit der Errichtung des neuen Seminars im Jahre 1746 entstehen auch neue Möglichkeiten für die musikalische Bildung der Jugendlichen. Es wurde beschlossen vorwiegend solche Schüler aufzunehmen die auch singen oder ein Instrument spielen können. Bereits 1746-47 werden in die Domkapelle zwei junge des Seminars aufgenommen: Matthias Pongrácz aus Varasd und Nikoalaus Strobach aus Seckau /Österreich.

Am 25. September 1748 stirbt Bischof Berényi im Alter von 54 Jahren. Im Frühjahr des gleichen Jahres gab er noch strenge Anweisungen und Verordnungen die Kirchenmusik betreffend. So sollen alle Musiker bei den Prozessionen in Uniform mitwirken. Desgleichen sollte ab sofort mehr Bedeutung dem Stundengebet geschenkt werden und an Sonn- und Feiertagen mussten alle daran teilnehmen. Der Musikunterricht musste auch an diesen Tagen, ohne Ausnahme, abgehalten werden.

Im Jahre 1749 stirbt der Trompeter Georg Gyricskovics und als sein Nachfolger wurde Josef Tomaschl bestimmt, der schon seit einiger Zeit als Aushilfe tätig war: "(...) Josephum Tomaschl antehac I. Regiminis Equestris ordinis Festeticesiana Tubicen probatis per longiorem jam chori frequentationem qualitatibus ejus, velut idoneus in locum defuncti Georgii Gyuricskovics Tubicinis, pro musico ad Cathedralem Ecclesiam die 15 mensis Augusti Anni delabentis 1749 assumptus (...)"

Im selben Jahr wird auch der zweite Trompeter Georg Khülf mit Kaspar Hemmerich, Pfarrer aus Graz, ersetzt. 1749 starb auch Georg Svoboda im Alter von 45 Jahren, dessen Stelle gerne Nikolaus Strobach übernehmen würde. Dieser hat aber wegen Alkoholismus nicht die Zustimmung des Domkapitels erhalten: „(...) Erga Instantiam R Dni Nicolai Strobach Praebendarii, pro vacantia figuralis Bassi supplicantis resolutum est (quod utique V Capitulum ex reflexione allegatorum, hactenus in choro praestitorum servitiorum ejusdem habuisset considerationem) si eam, quam occasione sui isthuc Adventus habebat vocem sonoram retinuisset, cum interim eam nocturnis divagationibus, ac scandalosis, et statu suo Ecclesiatico inconvenientibus compotationibus corruperit, a sui emendatione favores etiam V Capituli praestoletur (...)".

Nach dem Tod von Georg Svoboda hat sich das Domkapitel dessen Sohnes Johann angenommen und diesem den Besuch der Schule zu ermöglicht. Dieser war 1742 mit seinen Eltern aus Wien nach Fünfkirchen gekommen und bekam hier auch eine gediegene musikalische Ausbildung.

Am 28. Mai 1750 stirbt Domkapellmeister Franz Anton Baumann im Alter von 46 Jahren. Kornel Bardos behauptet, dass durch den Tod von Svoboda, Khülf und nun Baumann das Ensemble seinen Wiener Charakter verloren hat. Tatsache ist, dass Baumann diese Musiker zueinander geführt und auch nach Fünfkirchen gebracht hat.

Die Biographie Baumanns ist sehr spannend. Vor seiner Tätigkeit als Domkapellmeister in Fünfkirchen befand er sich in Wien und davor in Belgrad als Kapellmeister an der dortigen Kathedrale. Ein Dokument aus dem Jahre 1734 belegt, dass er damals in Belgrad eine ordentliche Dommusik geleitet hat, so wie sie damals auch in Temeswar und Großwardein bestand. Sein damaliger Bischof, Graf Franz Engl von Wagrain, hatte viel Sinn für Kirchenmusik und förderte dieses Anliegen Baumanns. Nach der Wiedereroberung Belgrads durch die Türken im Jahre 1738 kehrte Bischof Engl samt seinem Hof nach Wien zurück. Auch Franz Anton Baumann kehrte in seine Heimatstadt Wien zurück und wird später die Dommusik in Fünfkirchen leiten.

 

Das Musikarchiv des Fünfkirchner Doms enthält folgende Kompositionen von Franz Anton Baumann / Paumon:

 

- Requiem in G; SATB, vl 1,2., cor 1,2., org.

- Missa ex C; SATB, 2 vl, 2 clar, timp, org.

- Offertorium Eja sanati fidibus, in C; SATB, vl 1,2., vla, trb 1,2., org.

- Offertorium Corporis Christi, in Es; S s, vl 1,2., ob s, org.

Copyright © Dr. Franz Metz, München 2007

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