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E D I T I O N   M U S I K   S Ü D O S T

Zur Musikgeschichte der Stadt Werschetz

(Serbien, Wojwodina, Banat, serb. Vrsac, rum. Varset)

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Nach dem Türkeneinbruch (1738) wird in den Kirchenrechnungen oft auch die Kirchenmusik erwähnt. In den Werschetzer Kirchenrechnungen sind aufgeführt: Geigen, Bassgeige, Trompete, Waldhorn und Pauken. Musikalische Messen wurden aufgeführt zu Weihnachten, Hl. Dreikönig, Johann von Nepomuk, Urbani, Fronleichnam und Kreuzerhöhung. 1749 kaufte man 6 gedruckte musikalische Messen um 2 fl. 30 kr. In den Jahren 1751 und 1758 ließ man in Temeswar mehrere musikalische Messen einbinden.

In Werschetz gab es schon im 18. Jahrhundert Konzerte, die ersten sind 1775 bezeugt. Der Werschetzer Kantorlehrer Johann Michael Watzelhan (*23. Februar 1741 Werschetz, + 6. September 1805 Werschetz) war auch ein bedeutender Komponist: er vertonte die Sieben Worte Christi am Kreuze, ein Werk das noch um die Mitte des 19. Jahrhunderts alljährlich am Karfreitag in der Werschetzer Pfarrkirche aufgeführt wurde. Er starb als "Diurnist".

Für die Kirchenmusik wurde schon in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts viel investiert. So hat man bereits 1753 für die St. Gerhardskirche eine neue Orgel bestellt, deren Erbauer ist nicht bekannt. Anstelle der Orgel des Wiener Orgelbauers Wilhelm Hörbiger (32 Register), wurde im Jahre 1912 eine Orgel der Firma Carl Leopold Wegenstein & Sohn aus Temeswar angeschafft.

1861 gründete man in Werschetz einen Männergesangsverein. Am 30. Oktober 1861 beschloss die Stadtvertretung die Errichtung einer städtischen Musikschule: jeder Knabe konnte hier unentgeltlich im Geigen- oder Flötenspiel unterrichtet werden. Als Lehrer wurde der ehemalige Kapellmeister des serbisch-banater Grenzregiments, Wenzel Josef Hajek, beauftragt. 1920 wurde diese Musikschule aufgelöst. Der letzte Musiklehrer war Otto Daum.

1864 eröffnete der Werschetzer Männergesangsverein eine Gesangschule für Knaben, welche der Chorleiter Max Daum leitete. Diese wurde 1870 aufgelöst. Zwischen 1865 und 1875 erlebte die Werschetzer Musikkultur ihre höchste Blüte: in jedem Haus wurde musiziert, eine Tradition, die man in vielen Südbanater Orten vorfinden konnte. Regenschori war Adolf Benda, der 1875 mit seinem Kirchenchor die Krönungsmesse von Franz Liszt aufgeführt hat. Der Werschetzer Klavierlehrer Adolf Bruné gab eine Klavierschule heraus, Ludwig Gothov-Grünecke war Dirigent der Ottep´schen Operettengesellschaft und war auch Chormeister des Männergesangvereins, am 1. August 1869 wurde er Orchesterdirigent der Zeh´schen Theatergesellschaft. Später war er auch Pächter des Theaters am Alexanderplatz in Berlin, danach Inhaber und Leiter einer Operettenschule in Wien wo er am 17. Oktober 1921 im 76. Lebensjahr starb. Er komponierte u.a. Ein Böhm in Amerika und die Oper in 3 Akten Eduard und Kunigunde welche der Männergesangsverein 1869 aufgeführt hat.

In Werschetz gab es auch Instrumentenbauer: um 1870 wirkte der Geigenbauer Veit Horvath und der Drehorgelbauer Johann Moravetz. F. J. Wettel gründete um die gleiche Zeit einen  Musikverlag, in dem 94 Werke erschienen sind. In Temeswar gab Wettel noch 228 Musikwerke heraus. 1882 und 1883 erschien in Temeswar die in Werschetz gedruckte Banater Musik- und Sängerzeitung.

Im Laufe der Zeit wirkten in dieser Stadt u.a. noch folgende Musiker:

Heinrich Weidt leitete einige Jahre den Werschetzer Männergesangverein und war hier als Pädagoge tätig.

Johann Glöckner (*1866 Hatzfeld, +Juni 1913 Werschetz) war nach 1900 als Kantor und Chorleiter der katholischen Kirche in Werschetz tätig.

Philipp Keller (*1857 Orzydorf, +1942 Werschetz) war zwischen 1882-1932 als Chorleiter des Werschetzer-Weinproduzenten-Gesangvereins tätig.

Josef Gettmann (1870-1945) war in Werschetz als Bassist tätig und sang mehr als 50 Jahre im Kirchenchor. Er trat auch als Solist bei vielen Trauungen auf und zu seinem Repertoire gehörten u.a. In diesen heilgen Hallen und O Isis, Osiris aus Mozarts Zauberflöte.

Namhafte Dirigenten des katholischen Kirchenchores waren: Max Daum, Johann Nocker (starb in Südamerika), Fritz Renger, Stefan Ochaba und Wildner.

Fritz Renger (*1866 Böhmisch-Kamnitz, +1937 Werschetz) studierte am Wiener Konservatorium und war ein bedeutender Chorleiter, Pädagoge, Dirigent und Komponist. Er war an der St. Gerhardskirche als Regenschori tätig. Fritz Renger sang als Knabe auch bei den Regensburger Domspatzen, später absolvierte er das Konservatorium in Wien. 1913 gab er ein Gesangbuch heraus: Kirchen-Liederbuch. Gesänge für den Gebrauch beim Volksgesang in der Werschetzer r.k. Pfarrkirche. Versecz 1913 (53 Seiten).

Andreas Kuhn (*24. April 1904 Bela Crkva / Weißkirchen, +14. September 1945 Tabor / Böhmen) erwarb 1929 das Kantorendiplom in Werschetz, studierte vorher in Zagreb / Agram, Wien und Celje / Cilli. Er war eine Zeit lang als Kantor der israelitischen Kultusgemeinde tätig. Die jüdische Gemeinde hatte auch einen kleinen gemischten Chor, Chorleiter war Emanuel Spranger. Im Tempel befand sich eine Orgel, nähere Daten darüber sind nicht bekannt. Kuhn leitete auch Chöre in Weißkirchen, ab 1936 in Veliki Kikinda / Großkikinda und war ab 1940 Kulturamtsleiter in Osijek / Esseg.

Karl Naprovnik (*10. Januar 1882 Humpolec / Böhmen, +28. Januar 1968 Werschetz) war Schüler an der Prager Meisterschule bei Vitezslav Novák und kam 1912 nach Werschetz. Hier leitete er den serbischen Kirchenchor der orthodoxen Kathedrale. Zwischen 1915-1919 wirkte er in Prag als Pianist, kehrte danach nach Werschetz zurück und war hier pädagogisch tätig. In Subotica / Szabatka und auch in anderen Orten leitete er mehrere Gesangvereine.

Stefan Ochaba (1900-1948) war als Chorleiter und Organist tätig. Zwischen 1926-1939 leitete er den Chor der katholischen Kirche in Werschetz und eröffnete die Bischöfliche Kantorenschule. 1930 erschien sein Gesangbuch: Kirchenliederbuch. Sammlung von geistlichen Volksgesängen zum Gebrauch beim heiligen Gottesdienst. Gesammelt und durchgesehen von Stefan Ochaba, Regenschori. Wrschatz 1930. Es erschien 1936 auch ein Anhang zum Kirchenliederbuch.

 

Bilddokumentation

St. Gerhardskirche, Werschetz (1863)

St. Gerhardskirche, Werschetz (1863)

Wandgemälde: Der heilige Gerhard im Banat

Blick zur Orgel

Wegenstein-Orgel

Werschetzer Kirchenchor 1922-1928

 

Copyright © Dr. Franz Metz, München 2007

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