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EDITION MUSIK SÜDOST

Turnovsky und die Kirchenmusik in Filipova

Von Dr. Franz Metz

 

Die Orgel der Filipowaer Kirche wurde 1831 durch den Apatiner Orgelbauer Kaspar Fischer errichtet. Diese alte Schleifladenorgel wurde 1907 ersetzt durch ein pneumatisches Instrument mit 2 Manualen und 16 Registern der Orgelbaufirma Josef Angster und Sohn aus Fünfkirchen (Pécs, Ungarn).

Die ersten Kantorlehrer Filipovas waren keine ausgebildeten Fachleute, sondern übten dieses Amt nur nebenbei aus. Der erste Kantorlehrer war Jakob Lang, es folgten Ignatz Sproß, Sebastian Schiller, Peter Beran, Georg Leister, Jakob Leister, Franz Turnowsky, Josef Gratz,  Andreas Rubind, Josef Höger, Johann Burger, Anton Werner, Josef Rudolf.

Im Jahre 1848 fand in Filipova eine Kantorlehrerwahl statt, welche die Gemeinde in zwei Parteien spaltete: die eine Partei war für Josef Leister, die andere für Josef Höger. Es wurde Josef Leister gewählt und Höger wurde Lehrer in Neusatz. Der Sieg Leisters entflammte noch mehr den Widerstand der unterlegenen Partei und somit appellierte man an die Schulbehörden in Temeswar; daraufhin wurde Josef Leister 1851 nach Futog versetzt und der dortige Kantorlehrer, Franz Turnovsky kam nach Filipova. Hier war er bis 1870 als Kantorlehrer tätig.  Von seinen Kindern und Schülern wurden auch einige Kantorlehrer und Instrumentenbauer: Alexander Turnovsky wurde Kantorlehrer in Futog, Emmerich Elme Kantor in Temerin, Franz Kern Kantorlehrer in Futog, Anton Schwerer Instrumentenmacher in Fünfkirchen und Paul Leh wurde Kantorlehrer in Neusatz.

Franz Turnovsky war eine Zeit lang auch mit seinen beiden Söhnen gemeinsam als Lehrer in Filipova tätig. Sie bildeten ihre Schüler auch im Instrumentalspiel aus: Klavier, Violine und Orgel. Sie hatten auch ein eigenes Trio: Alexander spielte die erste Geige, der Vater die Viola und Josef Violoncello. Insgesamt machte man in Filipova im 19. Jh. viel Kammermusik. Josef Turnovsky war ein sehr guter Orgelspieler und konnte selbst nach beziffertem Bass sehr gut spielen.

Auch von den Schülern Alexander Turnovskys haben sich viele der Kirchenmusik gewidmet: Georg Ritter wurde Kantorlehrer in Cervenka, Paul Leh Kantorlehrer in Neusatz, Josef Rubind Kantorlehrer in Obrovac, Jakob Leh Regenschori in Neusatz, Franz Dickmann Kantorlehrer, Melchior Gauß wurde Kantorlehrer in Palanka, Karl Rack Kantorlehrer in Kucura, Rochus Hoffmann Kantorlehrer in Gajdobra, Georg Piller Kantorlehrer und Gesanglehrer in Ada, Johann König Kantorlehrer in Filipova, Anton Bäcker Kantorlehrer in Krnjaja.

Die Lehramtspraktikanten bekamen Unterricht in Musiktheorie, in Gesang und in Orgelspiel. Der Leiter des Unterrichts war Alexander Turnovsky, der seine Schüler meist gratis unterrichtete. Dafür mussten diese bei allen kirchenmusikalischen Anlässen mitwirken und auch manchmal landwirtschaftliche und häusliche Arbeiten verrichten.

 

Jakob Leh (1864-1944) war seit dem 1. Dezember 1892 als Chorleiter und Kantor an der Hauptkirche in Neusatz tätig. Im August 1893 gründete er den Kirchenchor "Cäcilia" und 1900 beteiligte er sich bei einem kirchenmusikalischen Kurs in Wien. Als 1905 und in den Jahren darauf die neue Ausgabe des Choralgesangs (Editio Vaticana) erschien, ging er 1907 zu den Benediktinern ins Kloster zu Seckau (Steiermark), um sich mit dem Choralgesang näher zu beschäftigen. So auch 1910 zu den Benediktinern nach Prag (Emaus).

Schon seit 1894 sang man in der Kirche zu Neusatz die Choralresponsorien (damals Medicäa). Zum Weihnachtsfest 1907 wurde zum Pontifikalamt aus der Editio Vaticana die 8. Choralmesse gesungen (Missa de Angelis). Besonders beliebt war auch die 9. Choralmesse. Der Kirchenchor hatte jährlich etwa 25 Auftritte und sein Repertoire umfasste 26 lateinische Messen. Es wurden auch größere Messen für Chor, Solisten und Orchester aufgeführt, wie z. B. die Missa choralis von Franz Liszt und die C-Dur-Messe, Op. 169, von Josef Rheinberger. 1933 hatte der Chor 56 Mitglieder und das Orchester bestand aus 24 Mitgliedern, meist waren es Instrumentalisten der Militärkapelle. Der Chor sang auch in anderen Kirchen, wie z. B. 1926 in Sombor und 1937 in Titel.

Jakob Leh war auch als Komponist tätig, von seinen Werken sind folgende zu nennen: Intonuit de coelo (1928), Ego sum pastor bonus, Ave Maria mit ungarischem und deutschem Text, verschiedene Kirchenlieder in beiden Sprachen, eine vierstimmige Messe, ein Stabat Mater, eine Litanei, ein Te Deum, ein Melodrama, u.a. Er schrieb auch Präludien für die Orgel. Am Gymnasium dirigierte Jakob Leh das Schulorchester und leitete in Neusatz auch mehrere Chöre. Er hielt bei Kantoren- und Lehrerversammlungen öfter Vorlesungen über Kirchenmusik, wie z.B. 1897 in Budapest (im Prunksaal der Universität) und 1898 in Esztergom (Gran) im Seminar. Von den kirchlichen Behörden wurde Jakob Leh auch zu verschiedenen Kantorwahlen und Orgelabnahmen gesandt.

1897 erschien sein Gesangbuch "Jubilate Deo" in ungarischer Sprache und 1925 das Gesangbuch in deutscher Sprache "Laudate Dominum. Lobet den Herrn". Dieses enthält über 440 Lieder und wurde auch im Ausland und in Amerika verbreitet.

 

Franz Dickmann (5. März 1866 - 5. Februar 1919) studierte in Kalocsa und war zwischen 1886-1893 in Futog als Kantorlehrer tätig. 1893-1899 war er einfacher Lehrer und 1899-1919 Kantorlehrer in Filipova. Er war ein guter Musiker, spielte meisterhaft die Orgel und war der erste Chorleiter des Gesangvereins.

 

Anton Bäcker (geb. 5. Juli 1876) war als Kantorlehrer in Krnjaja und Zemun tätig. 1908 gab er das Liederbuch "Marien-Gesänge" heraus, das 1908 in Hodschag / Odzaci erschien und 109 Marienlieder enthielt. 1930 gründete der den Männergesangverein, mit dem er auch regelmäßig in der Kirche auftrat. 1934 stellte er, nach dem von Dr. Graber, Klagenfurt, in Versen abgefassten Oberammergauer Passionsspiel ein solches in Prosa zusammen, welches durch den Kirchenchor und andere Kunstliebhaber erstmals in der Gemeinde vom 5.-20. Mai 1934 zum Vortrag kam.

 

Anton Keller (geb. 31. Dezember 1888) war als Lehrer in Bukin tätig. Er war Schüler Franz Dickmanns und erlernte von diesem auch das Violin-, Klavier- und Orgelspiel. In Obrovac leitete er den dortigen Gesangsverein und in Bukin den Kirchenchor (Cäcilienverein).

 

Dr. Franz Dickmann (geb. 8. Dezember 1900) war in Filipova als Arzt tätig. Er war auch ein sehr geschätzter Klavierspieler und ein virtuoser Orgelspieler. Das Orgelspiel erlernte er von seinem Vater, dem Kantorlehrer Franz Dickmann und schon in Kalocsa spielte er während  seiner Studienzeit die Orgel in der Jesuitenkirche. 1924 begleitete er in mehreren Konzerten den Chor des königl. ung. Opernhauses auf der Margaretheninsel. Er gab auch Konzerte gemeinsam mit dem Konzertmeister Béla Melles und dem Solisten Stefan Bartok von der Budapester Oper. Dr. Franz Dickmann gab viele Orgelkonzerte, die teilweise auch vom Rundfunk übertragen wurden: am 26. August 1933 in Neusatz, im November 1933 in Subotica, 1934 in Apatin, im März 1935 in der Zagreber Jesuitenkirche mit Orchester und Orgel. Mit großer Virtuosität trug er die schwersten Orgelstücke von Bach, Liszt und Reger vor.

 

Kantorlehrer Franz Turnovsky

Kantorlehrer und Komponist Alexander Turnovsky

Kantorlehrer Josef Turnovsky mit Sohn Ludwig

Das Kirchengesangbuch der Brüder Turnovsky aus Filipova

 

 

 

Copyright © Dr. Franz Metz, München 2018

 

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