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E D I T I O N   M U S I K   S Ü D O S T

Josef Tietz

(1859-1930)

Josef Tietz (*20. Juni 1859 Temeswar, †3. April 1930 Reschitza) war der bedeutendste Kirchenmusiker der südlichen Banater Industriestadt Reschitza. Sein Großvater väterlicherseits war als Tischlermeister in Alt-Kalken (Böhmen) tätig und schrieb sich noch „Tietze“. Ignaz Tietze und seine Frau Dorothea bekamen am 19. Mai 1833 einen Sohn, dem man in der katholischen Kirche von Hirschberg auf den Namen Franz Xaver getauft hat. Wie aus dem Schulzeugnis des Jahres 1848 aus Jungbunzlau ersichtlich ist, war er ein besonders begabter Schüler. In seinem 21. Lebensjahr kam er als Lehrer ins Banat, und zwar ließ er sich in Mehala nieder, einem damaligen Vorort von Temeswar. Es war die Zeit, als viele Ansiedler aus Böhmen und Mähren sich im Banat eine neue Existenz zu ermöglich suchten. Darunter befanden sich auch viele Lehrer und Musiker.

 

Franz Xaver Tietz war mit Margarethe Geiger verheiratet, die ihm neun Kinder geschenkt hat. Ihr zweites Kind kam am 20. Juni 1859 in Temeswar zur Welt und wurde in der katholischen Kirche der Josefstadt auf den Namen Josef Ferdinand getauft. Der Junge besuchte die Grundschule in den Mayerhöfen der Elisabethstadt, wo sein Vater als Lehrer tätig war. Nach dem Abschluss des Piaristengymnasiums folgte der Besuch der pädagogischen Lehranstalt in Arad, die er 1877 mit einem Lehrerdiplom beendet hat. Josef Titz wird seine erste Lehrerstelle bei der Staatseisenbahngesellschaft (STEG) in Reschitza antreten, der größten Ortschaft des Banater Berglands. In dieser Stadt wird er die Stelle als Kantorlehrer und 1896 auch des Direktorlehrers von seinem Vorgänger Ludwig Mottl übernehmen. Von diesem übernahm er gleichzeitig die Leitung des Kirchenchors und den Organistendienst an der katholischen Pfarrkirche. In der Zeitspanne 1877-1922 wird Josef Tietz also nicht nur für die Erziehung von mehreren Generationen sorgen, sondern auch für das kirchenmusikalische Leben dieser Industriestadt zuständig sein.

 

Josef Tietz war mit Livia Theresia Diaconovic verheiratet, die im Jahre 1863 in Wien das Licht der Welt erblickt hat. Da die ganze Familie musikalisch gesinnt war, mussten auch ihre Kinder Instrumentalunterricht erhalten. Ihre große Tochter Maria (geb. 1883) wurde eine begabte Pianistin und Klavierlehrerin, die mit dem Kapellmeister und Komponisten Peter Rohr verheiratet war.

 

Die Tätigkeit von Josef Tietz war täglich von der Früh bis zum späten Abend mit Musik erfüllt: nach der Frühmesse folgte der Schulunterricht, danach der Musikunterricht für Kinder und am Abend dann die Chor- oder Orchesterproben. Eine Zeitung schilderte wie folgt seine Tätigkeit:

Als Regens chori unserer röm.-kath. Kirchengemeinde war er bereits in der alltäglichen Frühmesse tätig und ließ seine klare Tenorstimme zum Lobe Gottes erklingen. Er vollzog alle ihm übertragenen kirchlichen Obliegenheiten in der gewissenhaften und aufopferungsvollsten Weise, die ihm eigen war und seinen gesamten Lebenslauf kennzeichnete. Dies Amt hatte er ebenfalls von Ludwig Mottl übernommen. Im Laufe der Jahre brachte er, insbesondere durch Schaffung eines gemischten Kirchenchores, die röm.-kath. Kirchenmusik unserer Heimatstadt auf eine so hohe künstlerische Stufe, dass man ihresgleichen suchen muss. An großen Feiertagen wurden unter seiner Leitung die schönsten und schwierigsten Festmessen klassischer und neuerer Tondichter in vollendeter Weise zur Aufführung gebracht. Die röm.-kath. Kirchengemeinde erleidet durch das Dahinscheiden ihres großen Meisters Tietz einen unabsehbaren Verlust.

 

Für seine besonderen Verdienste für die katholische Kirchenmusik wurde Josef Tietz 1917, mitten im Ersten Weltkrieg, von Papst Benedikt XV. mit der päpstlichen Auszeichnung Pro Ecclesia et Pontifice geehrt. Aus Anlass dieser Feierlichkeiten hielt sein damaliger Pfarrer, Dekan Stefan Fiedler, der spätere Bischof von Großwardein / Oradea und Sathmar / Satu Mare, eine Ansprache, in der seine kirchenmusikalische Tätigkeit besonders hervorgehoben wurde:

Im Namen der katholischen Bevölkerung begrüße ich unseren geliebten Regenschori. Die päpstliche Auszeichnung traf einen solchen Mann, der unermüdlich tätig war in der Schule, in der Kirche und bei allen Gelegenheiten, wenn es hieß, für das allgemeine Wohl, für die Armen oder zur Förderung des Kunstsinnes zu wirken.

Die Früchte seiner Tätigkeit, der Einfluss seiner Persönlichkeit, sind keine großen äußeren Werke, sie gleichen vielmehr dem wohltuenden und fruchtbaren Sonnenstrahle. Auch seine Wirkung war wohltuend, die Seele bildend, das Herz erbauend, das Gemüt erquickend.

Wir freuen uns, dass die göttliche Vorsehung ihn uns gegeben, dass es ihm gegönnt war, 40 Jahre rastlos zur Ehre Gottes und zum Wohle seiner Mitbürger tätig sein zu können. Wir gratulieren mit innigstem Herzen zur schönen Auszeichnung und wünschen ihm lange Gesundheit und den reichsten Segen Gottes. Éljen!

 

Diese Festlichkeiten begannen am Vormittag mit einem Festgottesdienst, bei dem die Krönungsmesse Mozarts vom Kirchenchor und der Werkskapelle aufgeführt wurde. Die Leitung hatte der Kapellmeister der Werkskapelle, Peter Rohr. Am Abend dieses Festes sang ihm der Reschitzaer Sängerbund eine Serenade. Diesen Chor hat Josef Tietz 1897 aus der Taufe gehoben und diesem Chor wird er auch bis zum seinem Lebensende die Treue halten. Auch sein 50-jähriges Jubiläum (1927) wie auch sein 70. Geburtstag (1929) wurden festlich begangen, die Zeitungen brachten eingehende Berichte darüber und die ganze Gemeinde feierte ihren Kirchenmusiker und Erzieher. Als Josef Tietz am 3. April 1930 starb, schrieb die Zeitung: “Unser geliebter Tietz-Bácsi ist zu seinem Schöpfer heimgekehrt. Möge sein gesamter Lebenswandel der Nachwelt als unsterbliches Vorbild im besten Angedenken verbleiben.“

 

Josef Tietz

Siegel des Reschitzaer Kirchenchors (um 1930)

Unterschrift von Josef Tietz, Regenschori Reschitza

Unterschrift von Mottl auf dem Umschlag des Requiems von Georg Lickl (1878)

Unterschrift von Mottl (1878)

Unterschrift von Josef Tietz (1897)

 

Unterschriften von Josef Tietz und Peter Rohr (Bielitz, Schlesien, 1915) auf der Orgelstimme der Messe von Theodor de la Hache

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

nach:

Dr. Damian Vulpe: Josef Tietz (Temeswar 2006)

 

Copyright © Dr. Franz Metz, München 2008

 

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