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EDITION MUSIK SÜDOST

In der Himmelsmusik auf ewig zu loben

Von der Musik der Temeswarer deutschen Zigeuner.

Die berühmte Zigeunerkapelle einer Banater Gräfin

von Dr. Franz Metz

Im Jahre 1936 meldeten sich im Temeswarer Rathaus einige Volksmusiker, die ihre deutsche Volkszugehörigkeit nachweisen wollten. Man nannte sie in Temeswar „deutsche Zigeuner“ und sie wohnten im zweiten Bezirk, also in der Fabrikstadt. Hier gab es früher eine Musikergasse und eine Trommlergasse. In diesem Stadtteil - damals noch als Vorstadt-Fabrique bezeichnet - wohnten, laut Statistik um 1850, etwa 180 Zigeuner. Als Musiker spielten sie mit ihren zahlreichen Kapellen in größeren und kleineren Gasthäusern der Stadt, waren loyale Bürger und wollten nun ihre deutsche Abstammung von öffentlicher Seite bestätigt bekommen. In den lokalen Tageszeitungen konnte man fast täglich Inserate von Gastwirten vorfinden, die auf ihre „nationale Kapelle“ ihres Gasthauses die Kundschaft aufmerksam machen wollten. Alle hatten sie deutsche Namen, wie Müller, Mayer, Stürzingen, Becker oder Städtner sie sprachen die deutsche Sprache und jetzt wollten sie einwandfrei feststellen lassen, dass sie Deutsche sind.

Dieses Bestreben erwachte in ihnen übrigens nicht erst dann, es war auch schon früher zu konstatieren. Die Volksmusiker im zweiten Bezirk pflegten jährlich im Juli in den 30 km entfernten Ort Rekasch zu wallfahren, wo sie der sogenannten „Schwarzen Maria“ 1927 einen prunkvollen Altar errichteten. Ihre Prozession nannte man im allgemeinen die „Zigeunerprozession“, dennoch erschienen damals einige dieser Musiker in den Redaktionen und baten, sie nicht mehr als Zigeuner zu registrieren, sondern als Volksmusiker, nachdem sie nicht Zigeuner sondern Deutsche seien.

Nun aber wollten sie diese Behauptung auch dokumentarisch nachweisen. Es erschien eine drei Mann starke Deputation im Stadthaus und suchte das städtische Archiv auf. Die Volksmusiker trugen ihr Anliegen dem städtischen Archivar Johann Barna vor. Familientraditionen wissen davon zu berichten, dass sie noch zur Zeit Maria Theresias aus Österreich in das Banat einwanderten. Der Archivar möge diesbezüglich Nachforschungen einleiten. Sie wollten also mit einwandfreien Dokumenten nachweisen, daß wenn sie auch musizieren, keine Zigeuner sind. Sie haben es von den Eltern und Großeltern gehört, man habe sie hier, nachdem sie aus Österreich gekommen waren, an einem Ort gemeinsam angesiedelt und zwar am sogenannten „Musikerplatz“.

Den dokumentarischen Nachweis wollte man auf die Weise erbringen, dass man an Hand der Familiennamen der Volksmusiker feststellte, wann die ersten Mitglieder der betreffenden Familie hier in alten Urkunden oder Aufzeichnungen vorkommen und vielleicht lässt sich dann auch Geburtsort und Profession der Betreffenden feststellen. Andere Urkunden konnten sich im Stadtarchiv, besonders was eine eventuelle Ansiedlung der Musiker anbelangt, kaum mehr vorfinden. Das Stadtarchiv wurde nämlich noch um 1850 derart gelichtet, daß vom 18. Jahrhundert nur sehr wenig vorhanden blieb.

Die Deputation überreichte dem städtischen Archivar ein Verzeichnis mit sämtlichen deutschen Volksmusikern des zweiten Bezirks, welches deutsche Familiennamen enthielt. Am 1. Oktober 1783 hat die Magistratur der Festung sämtliche Zigeuner registriert. 1784 waren von den 50 Zigeunerfamilien 30 deutsche. Von diesen betrieben 36 das „Musikantenhandwerk“, 30 von diesen hatten deutsche Namen: Widerhoffer, Becker, Steininger, Hübner, Städtner, Bernecker, Huber, Müller, Stürzinger, Leinberger, Herdenberger, Rosenberger, Kutschmann, Grünwald, Schön, Blüeis, Toll, Edelhart. Widerhoffer, Becker, Steininger, Hübner, Städtner, Bernecker, Huber, Müller, Stürzinger, Leinberger, Herdenberger, Rosenberger, Kutschmann, Grünwald, Schön, Blüeis, Toll, Edelhart. Also 18 Familiennamen, lauter deutsche Namen. Man vermutete auch, daß sie aus einer Gebirgsgegend gekommen seien, nachdem die Namen oft mit „...berger“ enden.

Archivar Barna nahm sich ihrer zuvorkommend an und schon bei der ersten Gelegenheit, als er eine kleine Umschau in alten Akten hielt, fand er, dass die Familien Widerhoffer, Becker und Leinberger in dem Jahre 1790 bereits hier wohnten, sie waren eng verwandt. Bei Hauskäufen kommt ferner 1801 ein Bartholomäus Widerhoffer und 1802 ein Franz Leinberger vor.

Dieser Sache nachgehend, kann man feststellen, dass in der Rekascher Kirche sich wirklich ein Marienaltar mit einer Schwarzen Madonna befindet und daneben, an der Wand angebracht, eine weiße Marmortafel mit folgender vergoldeter Aufschrift: „Zur Erinnerung an die durch Se. Gnaden, den Hochw. Herrn Ludwig v. Kayser, Päpstlicher Hausprälat, Odoner Propst, Domherr, am 2. Juli 1927 vollzogene Weihe dieses Marien Altares welchen die Temesvar-Fabriker katholischen Volksmusiker im frommen Opfersinn zu Ehern der glorreichen Himmelskönigin, gestiftet zur Zeit des Seelsorgeramtes Sr. Hochwürden Dechant-Pfarrer Gustav Dietl. Es widmeten Spenden und emsige Mühen dem Altar und sämmtlicher Ausstattung als Bevollmächtigte die Herren Kapellmeister Karl Müller, Bassgeiger Karl Müller, I. Violine Stefi Becker, I. Violine Karl Städtner, I. Violine Georg Stürzinger, die Frauen Katharina Müller, Wwe. Malcsi Hübner, Elise Müller. O Maria hilf uns, Deinem göttlichen Sohn, unserem Heiland Jesus einst in der Himmelsmusik auf ewig zu lobsingen. Amen.“ 

Über die Tradition der Wallfahrten an diesen Ort gibt es reichlicher Quellen. In der Historia Domus der Pfarrei wird erwähnt, daß alljährlich am 2. Juli, am Fest Mariä Heimsuchung, die Wallfahrt zur Muttergottes von Rekasch stattgefunden hat. Die ersten Wallfahrten fanden bereits am 2. Juli 1746 statt. Die Pilger wurden von den Franziskanerpatres außerhalb des Ortes empfangen und mit Gesang zog man feierlich in die Kirche ein. Dabei sang man das Lied „Heilige Maria von Rekasch, helfe uns!“ Ab der Mitte des 19. Jh. waren es hauptsächlich die Temeswarer Zigeunermusiker, die alljährlich an diesen Ort pilgerten.

Das Interesse für die Zigeunermusik wurde im Banat auch durch die Veröffentlichung Franz Liszt´s erwacht. So brachte die Temesvarer Zeitung im Jahre 1880 mehrere Folgen mit dem Titel Das zigeunerische Volkslied, verfasst von Moritz Rosenfeld. Er behauptet darin u.a.: „... Seinen Liedern, welche so einfach wie er selbst sind, haftet neben der sehr stark vorherrschenden Gehaltlosigkeit noch eine gewisse Oberflächlichkeit in der Besinnung des Gegenstandes an. (...) Außerdem mangelt den Liedern Naivität, welche aber selbstverständlich von einem Volke, dem dieselbe nicht eigen ist, überhaupt nicht erwartet werden kann... Ja, es sind wohl Volkslieder eines Vagabundenvolkes, welche aber nur als Wahrzeichen eines im Aussterben begriffenen Volkes kulturhistorischen Werth besitzen. (...)“ Wir wissen heute, dass diese damalige Anschauung der Realität nicht entspricht. Rosenfeld macht in seinem Aufsatz einen unangebrachten Vergleich zwischen dem „naiven oder belehrenden, poetischen, kulturhistorisch werthvollen“ deutschen Volkslied und dem „gehaltlosen, oberflächlichen, ausdruckslosen“ Volkslied der Zigeuner.

In den Reisebeschreibungen des Freiburger Theologen Franz Xaver Eckert (1815-1882) erfahren wir einige interessante Details über die Zigeunermusiker und Musikbanden des damaligen Banats wie auch Einzelheiten zum gesellschaftlichen und kulturellen Leben auf dem Lande: „Wenn bis hierher dem Reisenden entweder Dampfwagen oder Flußfahrt zu Gebote standen, so sieht er sich hier plötzlich bis an das Ende der Welt versetzt, denn hier hört die Eisenbahn auf und nur ein Briefwägelchen nimmt in der Richtung nach Kikinda und Komlosch einen, sage einen Passagier mit. Zwar war im Jahre 1857 der Eisenbahnkörper bis Temeswar schon errichtet, aber noch nicht im Gange. (...) Es ist halb vier Uhr als ich nach Komlosch komme; da es Sabbath ist sieht man auf der Straße Wallachische und Judenkinder in ihrem freundlichen malerischen Sonntagsstaat. (...) Unter den Nationalitäten sind hier vertreten: die Magyaren, Wallachen, eingewanderte Deutsche, Juden und Zigeuner. (...) Auch die Musikbande des Ortes besteht aus angesessenen Zigeunern. Ihr Spiel das ich hörte ist gut, obgleich nur einer von ihnen Noten kannte. (...) Außerdem ist hier ein herrschaftliches Schloß, dessen Grundherr Nako heißt, aber seit langen Jahren stets abwesend ist. (...) Es befindet sich hier ein Billard darin und bisweilen spielt auch die Ortsmusikbande darin auf. (...)

Dienstag, den 14. Juli. In der katholischen Kirche ist die Einsegnung einer Zigeunerhochzeit. Der Bräutigam gehört zur Musikbande des Ortes, die Braut ist weder schön noch jung. Es ist ein armes Paar, doch wird es von den Stamm- und Zunftgenossen des Bräutigams unter Musik zur Kirche geleitet. (...) Ein Besuch bei Oberlehrer Melcher überzeugte mich, daß die materielle Lage der Lehrer besser ist als bei uns. Er und seine Frau - eine lebhafte Ungarin, nahmen uns sehr zuvorkommend auf.

Die nichtunierten Griechen - Wallachen hier - haben zwei Pfarrer. (...) Ihre Kirchen sind auch verziert, sie haben Fahnen, Standarten und einen s.g. Himmel wie wir, aber keine Orgel, da sie Choral singen. (...)

Auf dem Rückwege lud mich Hr. Oberlehrer Melcher ein, in Nakofalva einer Lehrerversammlung anzuwohnen. (...) Heiterer Scherz und Laune würzte das Mahl, bei welchem Lieder in deutscher, ungarischer, wallachischer und serbischer Sprache abwechselten. Alle waren Deutsche, deren Voreltern im vorigen Jahrhundert aus Elsaß, Sauerland und anderwärts her eingewandert waren. (...)

Gerne hätte ich die benachbarten Orte besucht, wie Hatzfeld, eine deutsche Kolonie aus dem vorigen Jahrhundert, deren Bauern sehr reich seyn sollen, sowie das entferntere Temesvar, das die Ungarn in Bezug auf Comfort und Behaglichkeit „Klein Wien“ nennen. (...)

Als ich im Jahre 1866 zum zweiten Male Ungarns Boden betrat, machte ich von Komlosch aus auf der Eisenbahn einen Ausflug nach dem 18 Stunden entfernten Temesvar. 1 Stunde von Temesvar entfernt ist das kleine Städtchen Fabrique mit schönen großen Biergärten und Badeanstalten. Fast jeden Abend spielt Militärmusik in denselben, wozu sich die fashionable Welt von Temesvar zahlreich einfindet.“

Die Temesvarer Zeitung brachte im Jahre 1881 einen kurzen Bericht über die nächtliche Serenade eines Arader Musikers auf dem Friedhof: „Vorgestern Nachts zechte der Primas einer Arader Zigeunerkapelle mit seinen sämmtlichen Unterthanen in einem Weinhaus. Gegen Mitternacht machte sich die ganze Gesellschaft auf den Weg - zum Friedhof. Dort angelangt, postirten sie sich um das erst vor Kurzem geschlossene Grab der Tochter des Primas und exekutirten einen von dem letzteren komponirten Trauermarsch. - Ein Konzert auf dem Friedhofe um Mitternacht...“

Noch mehr Aufmerksamkeit lenkte das Begräbnis eines solchen Temeswarer Volksmusikers im Jahre 1898 auf sich: „Vom Trauerhause in der Fabrikshofgasse aus hat gestern Nachmittags das Begräbnis des ersten Temeswarer Zigeunerprimas, Franz Stettner, stattgefunden. In dem Verblichenen ist ein sehr talentirter, braver Musiker heimgegangen, dessen Kunst den Temeswarer noch lange in Erinnerung bleiben wird. Den Sarg schmückten Kränze des Hoteliers Herr Martin Witzenetz und der Kapelle des Verstorbenen. Allgemeines Befremden erregte es, daß keine der anderen hiesigen Zigeunerkapellen bei dem Begräbnisse vertreten war; besonders fiel dies von der Hübner´schen Kapelle auf, welche in erster Reihe berufen gewesen wäre, dem verstorbenen Kollegen die letzte Ehre zu erweisen und die traditionelle Art der Zigeuner-Musikanten-Begräbnisse aufrecht zu halten. Die Stettner´sche Kapelle wird übrigens ganz im Geiste ihres Gründers, durch dessen Cousin und auch hiesigen Stellvertreter Béla Stettner weiter geleitet werden. Der neue Primas ist ein fachlich gebildeter vorzüglicher Musiker, der die Kapelle auf dem bisherigen Niveau erhalten wird.“

Die Gräfin Bertha von Gyertyánffy de Bobda (1820-1882) hielt auf ihrem Gut in Großsanktnikolaus eine eigene Zigeunerkapelle, mit der sie bei Wohltätigkeitsveranstaltungen auftrat. Sie heiratete 1842 den begüterten ungarischen Grafen Coloman Nakó, dem auch das Schloss in Großsanktnikolaus gehörte. Graf Christoph Nakó hat bereits 1799 die Herrschaft Großsanktnikolaus übernommen. Das gab ihr die Möglichkeit, ihre künstlerischen Begabungen voll zu entwickeln. Sie galt als bedeutende Klaviervirtuosin, ihre Zeitgenossen rühmten den Glanz und den Zauber ihres Spiels. Ihre Palais in Budapest und Wien (heute Dorotheum) waren Mittelpunkte literarischer und künstlerischer Gesellschaften. Sie ließ sich in Wien in der Malerei ausbilden und zeichnete später im Banat viele Genrebilder mit Zigeuner. Wurzbach nennt die Gräfin eine „Virtuosin auf dem Piano“ und widmet einige Zeilen auch deren Zigeunerkapelle: „Gräfin Bertha ist eine Virtuosin auf dem Piano, die wenige ihres gleichen haben dürfte. Der ganze und gewaltige Zauber ihres Talentes gab sich in der berühmten Dielettanten-Akademie kund, welche die den ersten Kreisen von Pesth angehörigen Mitglieder zur Linderung der damals in Croatien herrschenden Hungersnoth veranstaltet hatten. Die Gräfin unterhielt eine eigene Zigeunerkapelle, bestehend aus einer 1. und einer 2. Violine, Viola, Violoncello, Clarinette und Cimbal und mit Begleitung dieser Capelle trug sie ungarische Weisen für Piano vor. Diese Nummer des Magnaten-Concerts war der Glanzpunkt desselben. Bei dem Vortrag ungarischer Weisen improviciert die Gräfin in geistvoller Art über ein Grundthema, auch soll sie schon mehrere reizende Tonstücke komponiert haben.“ In vielen Banater Musiksammlungen befanden sich Kompositionen der Reichsgräfin Mathilde Antonia von Schmettow-Gyertyánffy de Bobda, die in Arad und Temeswar im Eigenverlag gedruckt wurden: Trauer-Klänge, Nobless-Polka für Klavier und Jugend! für Violine und Klavier.

Das Altarbild Madonna mit Kind in der Tolwader Kirche malte sie im Jahre 1839. Außer dem Gut in Großsanktnikolaus gehörten zu ihrem Besitztum auch Bobda, Tolwad, Tschawosch (Csávos) und Modosch. In seinen Reiseaufzeichnungen durch Südungarn schreibt der Maler Friedrich Baudri am 6. Juli 1839: „(...) Die Csávoser Bande (deutsche Zigeuner) spielte abends - nicht übel für hier (...)“ Die Gräfin gab regelmäßig Klavier- und Kammermusikabende und in ihren Banater Wohnungen konzertierten namhafte Musiker jener Zeit, wie z.B. die Sängerin Kornelia v. Hollosy.

Im Jahre 1941 veröffentlichte in Temeswar der Banater Journalist und Historiker Béla Schiff sein in ungarischer Sprache verfasstes Buch mit dem Titel Régi idök, régi emberek [Alte Geschichte, alte Persönlichkeiten]. Dieses Büchlein enthält eine spannende Erzählung über die Gräfin Berta [Gyertyánffy de Bobda] von Nakó. Die Anregung dazu kam zufällig: in einem Antiquariat fand der Autor ein Notenblatt mit dem Titel Unsere Ahnen. Original Csardás komponiert von Fabian Rácz, aufgeführt anlässlich eines Konzertes der Kroaten im Nationaltheater, es spielte Gräfin Berta von Nakó. Auf der Titelseite befand sich noch ein Bild mit einer schön gekleideten Dame am Klavier, umgeben von einer Zigeunerkapelle, nach einer Zeichnung aus dem Jahre 1860 von Fuchstaller.

Die Gräfin Berta von Nakó war eine der bedeutendsten Frauengestalten des Banats, geschätzt als eine hochgebildete Persönlichkeit, eine gute Klavierspielerin, Malerin, Schriftstellerin und eine besonders gutherzige Frau. Alljährlich zur Weihnachtszeit teilte sie unter den Kindern ihres Gutes Großsanktnikolaus zahlreiche Geschenke aus. Als gebürtige Berta von Gyertyánffy lernte sie auf einem Ball in Großbetschkerek den jungen Grafen Kálmán von Nakó kennen. Diesem gehörte das ganze Gut um Großsanktnikolaus samt dem noch heute existierenden Schloss. Gegen den Willen seines Vaters, der noch unter König Franz I. gedient hat und für seine besonderen Verdienste den Titel eines Grafen erhalten und die Tochter des Grafen Georg von Fesztetics geheiratet hatte, heiratete er die junge Baronin Berta von Gyertyánffy. Die Heirat fand unter abenteuerlichen Umständen statt: der junge Graf bedrohte Pfarrer Emmerich Bukovits mit einer Pistole, wenn er ihm nicht ein Schreiben aushändigt, mit dem er anderweitig kirchlich heiraten kann. Nachdem er den Pfarrer in dessen Wohnung eingesperrt hatte, reiste er so hastig mit einem Vierergespann zu seiner Frau, dass zwei der Pferde bei der Ankunft starben. Trotzdem Pfarrer Bukovits sich befreien und den alten Grafen benachrichtigen konnte und dieser sofort mit einem Vierergespann seinem Sohn nacheilte, konnte die Ehe nicht mehr verhindert werden.

Berta von Gyertyánffy bekam als Mitgift das Gut Tolvád und ein Palais in Budapest, das jede Stunde ein Goldstück Nutzen brachte. Nach dem Tod des alten Grafen erbte das junge Ehepaar das ganze Anwesen in Großsanktnikolaus. In diesem Schloss organisierte sie regelmäßig Konzerte und Bälle, dabei trat sie oft mit ihrer hauseigenen Zigeunerkapelle unter der Leitung von Puka Jancsi auf.

Im Jahre 1860 war Gräfin Berta von Nakó die Schirmherrin eines besonderen Balls, dessen Erlös zur Errichtung einer Büste für den aus Großsanktnikolaus stammenden Forscher Nikolaus Révai verwendet wurde. Auch Berta trat mit ihrer Zigeunerkapelle bei diesem Fest auf. Das Konzert wurde in Budapest mit einem noch größeren Erfolg wiederholt, so dass selbst die Sonntagszeitung darüber berichtet hat. Von ihren Malereien fand ein Marienbild in der Kirche von Großsanktnikolaus einen ehrwürdigen Platz. Ihre Aquarellen malte sie oft auf Reisen durch ganz Europa, wie auch während der Fahrt nach Ägypten. Ihr mit vielen Bildern bestücktes Tagebuch wurde auf ihren Wunsch hin nach ihrem Tod verbrannt. Graf Nakó ließ als Erinnerung an seine Frau eine Schule und ein Krankenhaus errichten.

 

 

Copyright © Dr. Franz Metz, München 2007

 

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