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EDITION MUSIK SÜDOST

Lenau auf Hebräisch

Eine besondere Entdeckung im Lenaujahr 2002

von Dr. Franz Metz

Vor kurzer Zeit konnte ein interessantes Musikmanuskript aus dem Banat entdeckt werden, das bisher der Forschung unbekannt war. Es handelt sich um eine Komposition von Felix Mendelssohn-Bartholdy mit dem Titel Die Primel, nach dem Gedicht Primula veris von Nikolaus Lenau. Dieses Gedicht wurde u.a. auch von dem Hermannstädter Komponisten Gheorghe Dima (1847-1926) für ein Klavierlied vertont und jetzt für eine CD-Produktion in München eingespielt. Das Besondere an dem Manuskript der Komposition Mendelssohns aber ist, dass es sich um eine Übersetzung ins Hebräische handelt, die aus der Feder von Dr. I. Bierer stammt. Der hebräische Titel heißt Hamiftchon und die ersten Verse haben folgenden Text: Pejrach naim we ja fe kwar schuw hik dam ta la wo. Auf Deutsch wäre dies: Liebliche Blume, bist du so früh schon wiedergekommen? Sei mir gegrüßet, Primula veris. Sowohl unter dem Titel wie auch am Ende des Manuskripts ist von Franz Tietz vermerkt „N. Lenau, übers[etzt] Dr. I. Bierer“.

Dieses Manuskript stammt aus einer Sammlung von jüdischen Gesängen, die Franz Tietz in Lugosch abgeschrieben hat, später gelangten diese Manuskripte nach Neuarad. Tietz war der Dirigent des Chores der Lugoscher jüdischen Gemeinde Hazamir, der in der Zwischenkriegszeit das Kulturbild dieser Musikstadt an der Temesch gemeinsam mit vielen anderen deutschen, ungarischen und rumänischen Chören geprägt hat. Franz Tietz kam 1888 in Reschitza zur Welt, beendete 1909 sein Musikstudium und kam 1919 als Lehrer an das Deutsche Gymnasium in Lugosch. Im Jahre 1924-25 wurde er anlässlich seines 15-jährigen Lehrerjubiläums geehrt. Ab Januar 1931 wirkte Tietz als erster Dirigent des soeben gegründeten jüdischen Chores Hazamir, den er vermutlich bis 1934 geleitet hat. Ab Januar 1934 hat Filaret Barbu die Leitung dieser Singgemeinschaft übernommen.

Diese Komposition nach dem Gedicht Lenaus wurde anlässlich eines Konzertes des Chores Hazamir in Lugosch aufgeführt. Zu diesem Anlass wurden auch andere Texte von verschiedenen Musikwerken in die hebräische Sprache übersetzt, so z.B. ein Chor der Operette Anna Lugojana des rumänischen Komponisten Filaret Barbu. Auch dies ist ein Beweis dafür, dass die Musikkultur des Banats von sämtlichen Ethnien und Religionen gemeinsam gepflegt wurde. Die Übersetzung dieses Liedtextes Lenaus in die hebräische Sprache beweist dies.

 

Copyright © Dr. Franz Metz, München 2007

 

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