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E D I T I O N   M U S I K   S Ü D O S T

FRANZ KORINGER

(1921-2000)

von Dr. Franz Metz

 

All zu viele zeitgenössische Komponisten aus dem donauschwäbischen Raum gibt es nicht, man kann sie fast an einer Hand abzählen. Franz Koringer ist einer dieser Wenigen, deren Namen auf den Konzertprogrammen immer häufiger vorzufinden sind. Binnen eines einzigen Monats wurden einige seiner Chor- und Orchesterwerke in mehreren österreichischen Konzertsälen aufgeführt und in den letzten beiden Jahren sind vier CD-Produktionen ihm gewidmet worden. Grund genug, um den künstlerischen Werdegang dieses Komponisten näher zu beleuchten.

Franz Koringer kam 1921 in Towarischewo (Batschka), im heutigen Jugoslawien, zur Welt. Der Ort selbst gehörte bis zum Ende des Ersten Weltkrieges zur österreich-ungarischen Monarchie, danach zum Königreich der Serben, Kroaten und Slowenen. In der Zeit des Zweiten Weltkriegs (1941-1944) war der Ort wieder ungarisch. Diese Angaben sind für seine späteren musikalischen Werke sehr wichtig, da darin auch viele südosteuropäische Elemente vorzufinden sind. Von April bis Juni 1942 besuchte Franz Koringer die Musikschule, danach wurde er ins Grazer Konservatorium aufgenommen. Die Kriegswirren und das Ende des Krieges erlebte er als Student der Hochschule für Musikerziehung in Graz.

Von seiner Familie getrennt, musste sich der damals 21jährige junge Musiker selbst durchschlagen und sehen, wie er sich aus eigener Kraft seine Zukunft gestalten kann. Seine Eltern wurden 1944 aus ihrer Heimat vertrieben. Seit seiner Flucht war Franz Koringer nie wieder in seinem Heimatsort Towarischewo. Der Grund dafür ist leicht zu verstehen.

In dieser Szenerie entstand eines seiner größeren Erstlingswerke, die sinfonische Dichtung „Donauschwäbische Passion“, die 1952 vom Grazer Philharmonischen Orchester unter Karl Randolf uraufgeführt wurde. 1998 wurde das gleiche Werk mit dem Villacher Sinfonieorchester unter Hans Schamberger für eine CD-Poduktion eingespielt (Herausgeber: Donauschwäbische Arbeitsgemeinschaft, Steingasse 25, A-1030 Wien). Franz Koringer schrieb dieses Werk noch unter dem Einfluss seiner Studien über Richard Strauss, aus diesem Anlass auch die spätromantischen Züge dieses Orchesterwerkes. Diesem programmatischen Ouvre liegt ein Spruch Anton Scherers zugrunde, mit dem Titel „Donauschwäbisches Kolonistenlos“. Das dreisätzige Werk behandelt in einem farbenreichen Themenkomplex die Grundideen dieser Verse: Neuland, Rodung, Ernte, Krieg, Flucht, Neubeginn. Fast wagnerianisch geht es in der Bearbeitung der verschiedenen Motive zu, die zu den Tonmalereien effektvoll kontrastieren. Kompositions-technisch versteht es Koringer geschickt und geistvoll die Kriegszene in ein drönendes und tosendes Schlachtgemälde zu verwandeln. Dem Hörer schwebt das Martialische vor den Augen, schrille und dissonante Trompetensignale versuchen das Schaudern und das Grausame dieses Krieges hervorzuheben. Dazu gehört auch die eigene Erfahrung des Komponisten bezüglich der Vertreibung der deutschen Bevölkerung aus ihrer alten Heimat. Und trotzdem, der aufrichtige Wille zu einem friedlichen Neubeginn besiegt durch satte Klänge des Orchestertuttis das Inferno des Krieges und der Verschleppung.

Fast dreihundert Kompositionen entstanden in den letzten dreißig Jahren aus der Feder Koringers. In den sechziger Jahren beschäftigte er sich intensiv mit Arnold Schönberg und der Dodekaphonie, durch weitere Studien wurde ihm die serielle Musik wie auch die Klangfarbentechnik vertraut. Der Komponist bleibt sich seines Leitgedankens stets treu und schreibt solche Musik, die man nicht nur gerne anhören sondern auch gerne aufführen möchte. So gehören seine Erfahrungen mit der Dodekaphonie und der seriellen Musik bereits der Geschichte an. Die Werke, die Koringer heute schreibt, kann man als „Gebrauchsmusik“ bezeichnen, eine Musik die von den meisten Chören, Kammermusikensembles und Orchestern immer wieder gesucht wird.

Tonangebend für das Schaffen eines Komponisten ist oft die Nachfrage nach geeigneten Werken für das Ensemble einer Jugendmusikschule, das Streichquartett der Stadt oder für den Gesangverein eines Winzerortes. Franz Koringer gelang es, dafür nicht nur eine „Gebrauchsmusik“ sondern auch kleine Kunstwerke in vollendeter Form zu erschaffen. Zu solchen Kunstwerken müssen auch die „Sechs pannonischen Tänze“, entstanden 1964-1968, gezählt werden. Diese wurden von dem Sinfonieorchester des ORF (Wien), von dem Niederösterreichischen Tonkünstlerorchester und anderen berühmten Ensembles bereits mehrmals erfolgreich aufgeführt. Darin kommen immer wieder folkloristische Motive aus der engeren Heimat Koringers zu Gehör, bald der serbische Kollo, bald der ungarische Csárdás oder ein anderer südosteuropäischer Tanz.

Die Kirchenmusik spielt im Schaffen Koringers eine ebenso wichtige Rolle, wie auch die Kammermusik. Zahlreiche Werke sind bei bekannten Musikverlegern wie Doblinger (Wien und München), Styria (Graz), Tonger (Köln), Fidula (Salzburg), Krenn (Wien), Bauer (Karlsruhe) erschienen. Koringer-Abende wurden bereits nicht nur in Wien und Graz sondern auch in Heidelberg, Schwetzingen oder Leibnitz veranstaltet. Seine Werke wurden in der Schweiz, in den USA, in Deutschland, Österreich und Rumänien uraufgeführt. Seine Chorwerke erlangten dabei die größte Verbreitung und werden von unzähligen Gesangvereinen gerne gesungen.

Für sein unermüdliches kreative Schaffen bekam Franz Koringer im laufe der Jahre zahlreiche Ehrungen und Preise: 1962 die Hugo-Wolf-Medaille, 1963 den Förderpreis zum Stamitz-Musikpreis, 1967 das Goldene Ehrenzeichen des Steirischen Sängerbundes, 1971 das österreichische Ehrenkreuz für Wissenschaft und Kunst, 1972 Ehrengabe zum Donauschwäbischen Kulturpreis des Landes Baden-Württemberg, 1975 den Andreas-Lutz-Preis der Donauschwäbischen Landsmannschaft in der Steiermark, 1976 den Joseph-Marx-Musikpreis des Landes Steiermark, 1977 Verleihung des Titels „Professor“ durch den Bundespräsidenten, 1978 die Viktor-Zack-Medaille in Silber des Steierischen Sängerbundes, 1981 die Goldene Ehrennadel der Stadt Leibnitz, 1986 die Walther-von-der-Vogelweide-Medaille des Österreichischen Sängerbundes, 1991 das Große Goldene Ehrenzeichen des Landes Steiermark u.v.a. Im Jahre 1991 wurde die Leibnitzer Musikschule, deren Leitung Franz Koringer viele Jahre hindurch inne hatte, in „Franz-Koringer-Musikschule“ umbenannt. 1996 veröffentlichte Hugo Mali im Rahmen seines Magister-Artium-Studiums am Institut für Musikethnologie der Hochschule für Musik und Darstellende Kunst in Graz die Biographie „Franz Koringer. Leben und Werk“ (Weishaupt Verlag, A-8342 Gnas). Prof. Wolfgang Suppan, Ordinarius am Institut für Musikethnologie, Graz, schreibt in seinem Geleitwort, Franz Koringer sei „einer der erfolgreichsten steirischen Komponisten in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts.“

Nicht vielen zeitgenössischen Musikern ist es gegönnt, noch Zeit ihres Lebens eine solche Anzahl von Ehrungsbekundungen mitzuerleben. Geschweige noch für solche, die als Vertriebene irgendwann ihr Schicksal unter schweren Bedingungen allein meistern mussten. Gerade deswegen drückt der Komponist durch sein kürzlich eingespieltes Erstlingswerk „Donauschwäbische Passion“ das in Tönen aus, was Anton Scherer als „das alte Siedlerlos“ bezeichnete. Die donauschwäbische Musikkultur hat im umfangreichen Werk Koringers einen Teil ihrer ureigenen Identität versiegelt um auch der nächsten Generation davon berichten zu können: vom „Donaustrand! Himmelweiter Heimatgrund!...“.

Der Autor dieser Zeilen mit dem Komponisten Franz Koringer

Copyright © Dr. Franz Metz, München 2008

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