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E D I T I O N   M U S I K   S Ü D O S T

Hermann Klee

(1883-1970)

Von Franz Metz

 

Das Standardwerk des deutschen Musikschrifttums ist das Große Musiklexikon von Hugo Riemann (1849-1919), das schon im Jahre 1916 in der achten Auflage veröffentlicht wurde.   Alfred Einstein (1880-1952) erweiterte dann dieses umfangreiche Werk und aktualisierte es, um dann 1959 von Willibald Gurlitt schon in der 12. Auflage, nochmals erweitert, zu erscheinen. Beim Durchblättern des ersten Bandes finden wir auch den Namen Hermann Klee mit einigen unvollständigen biographischen Angaben. Außerdem veröffentlichten in der Neuen Banater Zeitung Joseph Brandeisz und Luzian Geier Artikel über das Leben und Schaffen Klees. In Temeswar eröffnete man sogar eine Ausstellung mit Musikalien und Handschriften sowie Plakate über Hermann Klee (Museographin Rodica Giurgiu trug das Material zusammen), und die Temeswarer Oper ehrte den Komponisten und ihren Chorleiter und Dirigenten mit einem Hermann-Klee-Abend.

Hermann Klee wurde am 8. September 1883 in Rendsburg bei Hamburg geboren. Schon zur Zeit seines Studiums am Hamburger Konservatorium entstanden seine ersten Kompositionen. Bei der Abschlussprüfung begleitete er seine eigenen Lieder am Klavier. Zur gleichen Zeit (1904) war Klee auch Dirigent der Gutenberg-Liedertafel in Hamburg-Altona. Außer Liedern entstand 1903 die Musik zu dem Festspiel Frühlingserwachen (Text Hermann Pohl), und ein Jahr später trat er als Orchesterdirigent auf und erarbeitete seine ersten Operettenarrangements. Sein Hauptinstrument war aber Kontrabass, und so spielte er als 21-jähriger im Orchester der Dresdner Philharmonie. Bei Prof. Felix Draeseke setzte er dann sein Studium fort, um 1905 im Berliner Philharmonischen Orchester aufgenommen zu werden. Zeitweilig wirkte er auch an der Oper, wo Beziehungen zu namhaften Komponisten und Dirigenten entstanden: Gustav Mahler, Arthur Nikisch, Richard Strauss, Ferruccio Busoni, Siegfried Ochs, Leo Blech und Max Eschke. Er vertiefte seine Kenntnisse vor allem in Kontrapunkt, Komposition und Canto.

Aufgrund einer Zeitungsannonce bewarb sich Hermann Klee 1909 in Bistritz (Siebenbürgen) um die Stelle des Chormeisters, Musiklehrers und Organisten. Hier wirkte er dann bis 1919, das Jahr, in dem Klee dann nach Klausenburg umgezogen ist, um hier als Dirigent des Opernchores tätig zu sein. Tiberiu Brediceanu, ein aus Lugosch stammender bedeutender Komponist und Folklorist, war damals der Leiter der Klausenburger Oper und Hermann Klee kannte von der Bistritzer Zeit her dessen kompositorisches Schaffen. Dessen Komposition La şezătoare wurde vom Bistritzer Chor 1913 unter Hermann Klee uraufgeführt. Hier in Klausenburg entstanden in den Jahren 1919-1946 seine bedeutendsten Werke: die Märchenoper Făt frumos (Uraufführung 1924) und Es tagt [Se face ziua] (1926). Die zweite Oper wurde aber erst 1956 von den Temeswarer Philharmonikern als Konzert unter der Stabführung von Mircea Popa aufgeführt. Es entstanden auch die Gesänge Zarathustra und Venedig nach  Friedrich Nietzsche, das symphonische Poem Lancelot, die Ballade, die Sinfonietta in C-Dur und die Suite Dorfleben, außerdem viele deutsche und rumänische Lieder und Chöre, Klavierstücke sowie zahlreiche Bearbeitungen. Allein die Märchenoper Făt frumos wurde zwischen 1924 und 1940 über vierzigmal aufgeführt, und in Temeswar wurde die gleiche Oper 1957 als Neuinszenierung siebenmal aufgeführt.

Im Jahre 1920 wurde dann Klee zum Professor für Theorie, Kontrapunkt, Harmonie und Komposition an das Klausenburger Konservatorium berufen. Seine Schüler waren unter anderen die späteren bedeutenden Komponisten Sabin Drăgoi, Zeno Vancea, Eugen Cuteanu, der Sänger Traian Grozavescu und andere. In diesen Jahren entstanden dauerhafte freundschaftliche Beziehungen zu Tiberiu Brediceanu, dem damaligen Generaldirektor der Oper, Dimitrie Popovici-Bayreuth sowie zu Sabin Drăgoi, Wilhelm Siorban, zu seinem Librettisten Dr. Ion Dan, der Sängerin Lya Pop-Popovici and anderen. Viele Rezensionen aus deutschen, ungarischen und rumänischen Zeitungen jener Zeit lobten Hermann Klees Arbeit mit dem Klausenburger Opernchor und würdigten sein kompositorisches Schaffen: so die Deutsche Allgemeine Zeitung, Frankfurter Allgemeine Zeitung, Die Musik, Ostland, Hermannstädter Tagblatt, Siebenbürgisch Deutsches Tagblatt, Deutscher Bote, Uj Kelet, Keleti Ujság, Natiunea, Cuvantul, Aurora, Patria, u. a.

Aus einem Brief aus dem Jahre 1929 an Sabin Drăgoi ist ersichtlich, dass Klee bereit gewesen wäre, nach Temeswar als Chorleiter zu kommen. Dies kommt aber erst mit der Umsiedlung der Klausenburger Oper nach Temeswar zustande, 1940. Sechs Jahre später berief die Direktorin Aca de Barbu Klee als Chormeister an die neu gegründete Staatsoper in Temeswar. 25 Jahre verbrachte Hermann Klee in der Banater Metropole, bis er kurz vor seinem 87. Geburtstag, am 22. August 1970, verstarb. Zu seinem Nachfolger als Leiter des Temeswarer Opernchores wurde Eduard Weiser ernannt.

Am 27. April 1947 wurde die erste Spielzeit der Temeswarer Staatsoper mit Verdis Aida eröffnet. In den Anfangsjahren gelang es Hermann Klee, aus dem zusammengewürfelten Opernchor einen homogenen Klangkörper zu machen. Unter der musikalischen Leitung Klees wurden ferner Cavalleria rusticana, Boheme, Carmen, Eugen Onegin, Figaros Hochzeit, Rigoletto, Faust, Don Pasquale, Ana Lugojana, Das Dreimädelhaus auf die Bühne gebracht. In Temeswar entstand das vokal-symphonische Poem Es geht ein Liedchen im Volke nach Versen von Anna Ritter, und in Zusammenarbeit mit Mercedes Pavelici das Ballett Der  goldene Apfel, das in Russe (Bulgarien) uraufgeführt und 1960 in Kronstadt ins Repertoire aufgenommen wurde. Dirigiert von Norbert Petri wurde es am 24. September 1961 vom Fernsehen ausgestrahlt. Ebenfalls in Temeswar schuf er die Kammermusikstücke Aus der Puppenstube (für Klavier) und Reverie (für Harfe). Der rumänische Rundfunk hat Mitte der dreißiger Jahre die ersten Klee-Lieder gesendet. Auch Chöre nach Texten von Eichendorff, Goethe, Karl Stieler, Storm, Hesse und Theodor Fontane entstanden in dieser Zeit.

In Temeswar heiratete Hermann Klee Rosalia Lorenz, Sängerin im Opernchor. Seine Familie lebt heute in Deutschland. Seine Tochter Wanda Klee war in Berlin viele Jahre als Harfenspielerin tätig. Die meisten seiner Werke sind nur in wenigen Handschriften erhalten geblieben. Noch vor dem Zweiten Weltkrieg druckte Pregler in Temeswar sechs seiner Lieder nach Texten rumänischer Dichter. Eine wichtige Rolle in der Verbreitung und Aufführung von Hermann Klees Liedern spielte die langjährige Pianistin der Temeswarer Staatsoper, Wally Tarjányi, die schon 1957 „…zum guten Gelingen der Premiere Făt frumos“ (so der Komponist selbst in einer Widmung) viel beigetragen hat und sich noch bis zu ihrem Tode um die Verbreitung seines Liedschaffens bemühte.

 

(erschienen in: Banater Post, München, 12.1990, Der Donauschwabe, Aalen, 1990)

 

BILDDOKUMENTATION

Klee in seinem Garten in Bistritz

Entspannung als Klausenburger Chorleiter

In Klausenburg

Hermann Klee als Dirigent des Temeswarer Opernchores

Im Orchestergraben als Dirigent einer Opernaufführung

Aus der Temeswar Zeit

Mit seiner Ehefrau, der Sängerin Rosalia Klee (geb. Lorenz)

Nach der Premiere der Oper Fat Frumos, auf der Bühne der Temeswarer Oper

Hermann Klee und seine Sänger, zusammen mit seinem Nachfolger Eduard Weiser (hinten, mitte)

Hermann Klee in seinem Arbeitszimmer

Plakat der konzertanten Aufführung von Se face ziua (Es tagt)

Der Leichenzug auf dem Weg in den Friedhof

Die letzte Ruhestätte von Hermann Klee auf dem Josefstädter Friedhof in Temeswar

Gedenkstein für Hermann Klee. Auf den Blättern des Lorbeerkranzes stehen die Titel einiger seiner Werke

Foto mir Widmung seiner langjährigen Klavierbegleiterin Wally Taryani

 

 

 

Copyright © Dr. Franz Metz, München 2008

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