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E D I T I O N   M U S I K   S Ü D O S T

ALLERGNÄDIGSTER HERR UND KÖNIG

Die Petition der Banater Gemeinde Darowa aus dem Jahre 1845 an ihren König

von Dr. Franz Metz

Petitionen und Bittgesuche an den König stellten für Banater Gemeinden im 19. Jahrhundert oft die letzte Möglichkeit dar, Missstände, soziales oder politisches Unrecht oder Missachtung von Vereinbarungen vor höchster Stelle – also vor dem König selbst – zu beklagen. Ob diese Bitten kleinerer Gemeinden vom Rande der Monarchie in Wien oder Budapest auch tatsächlich Erfolg hatten oder wenigstens wahrgenommen wurden, ist fraglich. Sie sind für die Geschichte trotzdem wichtige primäre Quellen, um tiefere Einblicke in die Gesellschaft des 19. Jahrhunderts zu erhalten.

Die Petition der Banater Gemeinde Darowa vom 4. März 1845 an ihren „gnädigsten Herrn und König“ ist ein solches Schreiben, in welchem man um den Bau einer Kirche und eines neuen Schulgebäudes bittet. Die Gemeinde Darowa (Daruvar, Darova) wurde im Jahre 1786 („vor etwa 65 Jahren“) gegründet und bestand ursprünglich aus Kolonisten aus Schlesien und Württemberg. Benannt wurde das Dorf nach dem damaligen königlichen Kommissären des Temescher Komitats, Graf Johann Jankovits de Daruvár. Der Adressat dieser Petition war Kaiser u. König Ferdinand I. (1835-1848).

Gleich zum Beginn der Bittschrift wird auf den bisherigen Erfolg des Schulunterrichts in Darowa mit Stolz hingewiesen, der durch die „ungarische Freigiebigkeit“ erstaunliche Erfolge erzielen konnte. Das Dorf hatte bei der Ansiedlung 30 Einwohner, 1845 waren es bereits 835. Trotz der stets wachsenden Einwohnerzahl, hatte man noch keine eigene Kirche: Die Messen wurden im Schulzimmer, in „einem ganz unbedeutenden Haus“ gelesen, sonntags fanden nacheinander mehrere Gottesdienste statt, damit alle Gemeindemitglieder ihren Sonntagspflichten nachkommen können. Die erste Kirche war eigentlich ein aus Lehm gestampftes Bethaus mit einem separaten Glockenturm, gedeckt mit einem Stroh- oder Schindeldach.

In den Jahren 1835-36 sollte es so weit sein und auf „allerhöchster Anordnung“ eine Kirche erbaut werden. Doch der Grund wurde durch die Kammer an drei Grundherren verliehen. Man hatte aber wegen des vorherrschenden Trinkwassermangels auch vor, das Dorf zu verlegen, was den Kirchenbau verzögern konnte. Die Zustände sind durch die wachsende Zahl der Einwohner und der Schuljugend unerträglich geworden. Die Bewohner Darowas hatten nicht die nötigen finanziellen Mitteln um gleichzeitig sowohl eine Kirche als auch eine neue Schule errichten zu können. Der „Armut wegen“ musste man auf dieses Recht verzichten. Man erhoffte sich nun Hilfe vom Landesvater, also dem König, der diese Ungerechtigkeit beseitigen soll. Die Bittsteller, als die „alleruntertänigst treugehorsamsten Untertanen“ des Monarchen, wollten sogar ein Großteil der Arbeit selbst leisten, was die Endsumme beträchtlich beeinflusst hätte. Der Boden um Darowa herum war – verglichen mit dem Boden der Banater Heidedörfer – alles andere als fruchtbar. Die Bevölkerung war um 1845 verarmt, die große Zahl der Kinder erforderte aber eine größere Schule, da diese einen „wohltätigen Einfluss auf die Moralität“ der Jugend hatte.

Als Bittsteller wird die Gemeinde Darowa genannt. Vermutlich wurde diese Petition vom Seelsorger selbst zusammengestellt und geschrieben. Damals wirkte in Darowa Pfarrer Martin Ulehlay, der die Gemeinde zwischen 1829-1848 betreut hat. Im Jahre 1835 wollte er eine neue Kirche erbauen lassen, dafür wurde Ingenieur L. von Retinger beauftragt. Aber selbst während der Visitation von Bischof Joseph Lonovics im August des Jahres 1838 war die gleiche Situation vorgefunden worden. Erst als Bischof Alexander Bonnaz 1861 Darowa besucht und sich von dieser Situation persönlich überzeugen konnte, verordnete er den Bau der heutigen Kirche. Er selbst stiftete dafür die Summe von 1.000 fl, wie es in der Historia Domus der Pfarrei Darowa festgehalten wurde, die Kammer steuerte 1.500,- fl bei, die Gemeinde selbst bezahlte den Rest von 8.000,- fl. Am 26. Dezember 1869 wurde der Bauvertrag unterschrieben, am 16. Mai 1870 begann man mit den Bauarbeiten und am 20. Oktober 1871 wurde die neue Kirche durch den Bischof der Tschanader (Banater) Diözese, Alexander Bonnaz, konsekriert. Damit hatte nun die Pfarrgemeinde Darowa eine neue Kirche und der Schulunterricht konnte ebenfalls in neuen größeren Räumen stattfinden.

Die im damaligen Amtsdeutsch verfasste Petition beweist nicht nur die Unterwürfigkeit der Gemeinde gegenüber dem Königshaus, sondern drückt klar und deutlich die vorherrschenden ärmlichen und zu beklagenden Zustände im Dorf aus. Vermutlich wurde der Text dieser Bittschrift in Wien und von der Kammer ernst genommen, da sich noch im selben Jahr 1845 die Grundherren schriftlich verpflichteten, eine Kirche und ein Pfarrhaus zu bauen – wenn es auch noch einige Jahre dauern wird. Hier der gesamte Inhalt dieser Schrift:

 

Von Daruvaer Gemeinde

datt. 4. März 1845

 

Euer Majestaet

Allergnädigster Herr und König!

 

Zu des Landes ruhigem Wohlstand gehört unstreitig der Kirchliche Unterricht des Volkes und zu nächst denselben der Schulunterricht der Jugend, der überall mit ungarischer Freygebigkeit dotirt, seyne Vollkommenheit in den erstaunlichen Erfolgen und in seinem wohlthätigen Einfluße auf die Moralität, lichtklar bewähret.

 

Mit gerührter Dankbarkeit empfindet es daher auch die in aller Unterthänigkeit gefertigte Gemeinde des, vor etwa 65 Jahren durch die hohe Kammer gegründeten Dorfes Daruvar, dessen Inpopulirung seyd dieser Zeit, - nebst 30 Einwohner auf 160 Grund, Häußer, und die Kath. Seelen Anzahl Beweis der sub f: anruhenden Conscription bis 835 Seelen sich vermehrte; -

 

Mit dem Trost daß es in der Absicht der weisen Regierung Allerhöchst Sr. Majestät liege, mit der Zeit auch in diesem Dorfe eine neu zu erbauende Römisch Katho. Kirche Allergnädigst zu bewilligen, ist der Gottesdienst in dem Schullzimmer, obschon in einen ganz unbedeutenden Haus von Ursprung her immer abehalten worden; -

 

Schon geschahene Schritte welche die milde Absicht Allerhöchst Sr. Majestät und der hohen Regierungsorgane in der vorgesprochenen bereits vor mehreren Jahren durch die Tiefgebeugten erbetene Gnade erkennen ließen, in dem gemäß Allerhöchsten Anordnung zur Erbauung einer neuen Röm. Kath. Kirchen in den Jahren 1835 und 1836 bereits solche Vorkehrungen getroffen wurden, welche die Hoffnung der in aller Unterthänigkeit gefertigten Unterthanen zu verwirklichen verhießen, allein! wie sehr sich die so glücklich dargestellte Aussicht trübte als in dem Jahre 1837 das Dorf Daruvar bey solchen Aussichten, eher einem Gotteshaus, nach welchem wir mit zerrütteltem Herzen strebten; an drey Grundherren verliehen, und keine Kirchen gebaut wurde.

 

Bauend auf die Maaßlose Gnade des Hohen Patronats, und da itzt in den verfloßenen Jahren zu unserem nicht geringen Erfreuen ein drittel Theil des Dorfes Daruvar abermahl an die hohe Kammer rückgelanget ferner da auch ja selbst das für die nun mehr große Gemeinde kaum für den 15. Theil für reichende Zimmer wo der Gottesdienst bishero abgehalten wurde, dem Ziele des gänzlichen Verderbens nahe ist, nebst den, dasselbe zur Schullunterricht unserer nun mehr bedeutend vermehrten Schulljugend /: die bishero aus Mangel eines Raumes, oder der Armuthwegen, eines anderen Gebäudes, abgeschleidert aus den Kreißen der Aufklärung seyn mußte :/ sehr nothwendig gebraucht wird. = keimeth abermahl in uns ehrfurchtsvoll Gefertigten das nun vermehrte sehnlichste Bestreben nach einer Kirche auf, und so in der nicht aufgegebenen Hofnung, dann in den Bewußtsein wen der, unsrer Allerhöchst Gnädigster Landes Vater gewohnten Huld und Gnade, vollkommen überzeugt zu seyn, wegen wir in aller Unterthänigkeit gefertigten, im Nahmen der ganzen Gemeinde Allerhöchst Sr. Majestät unseren Allergnädigsten Herrn und König um die allerhöchstgnädige resolvirung der Erbauung einer neuen ordentlichen Kirche in dem Dorfe Daruvar, um so mehr Kniefälligkeit zu bitten, je bereitwilliger wir die zu den Bauerforderlichen Hand und Zugfrohen nach Mäßigkeit herbey zugeben und verpflichten, wodurch bedeutende Auslagen erspart, und unberechenbare Vortheile erwachsen würden.

 

So in der angenehmen Hofnung glaubt die Allerunterthänigste Gemeinde um so weniger eine Fehlbitte zu thun da die allbekannte Gnade und Mildthätigkeit Euerer Majestät gegen Ihre Unterthanen unbegränzt ist.

 

Zu der Anschaffung der gnädigsten Gewährung dieser Bitte erstreben in tiefster Unterthänigkeit,

Euer Majestät

Allergnädigsten Herrn und König,

allerunterthänigst threugehorsamste Unterthanen.

 

Der Wunsch der Gemeinde nach einem Ort des Gebets, des Gotteslobs und der Eucharistiefeier war so groß, dass kein Weg zu steil war, bis nicht 1871 die erste Messe in der neuen Kirche gelesen werden konnte und in der über 130 Jahre lang gesungen wurde: Ein Haus voll Glorie schauet, weit über alle Land…

Copyright © Dr. Franz Metz, München 2009

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