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Banater Orgeln Ausstellung

BANATER ORGELN UND ORGELBAUER.

BILDER EINER EUROPÄISCHEN ORGELLANDSCHAFT

Ausstellungen in Rumänien, Serbien, Ungarn und Deutschland

Berichte - Dokumentationen - Fotos

 

Veranstalter: Gerhardsforum Banater Schwaben e.V., München

Autor und Konzeption der Ausstellung: Dr. Franz Metz

Fotografien: Dr. Walther Konschitzky, Arch. Mihai Botescu, Dr. Franz Metz

 

Kooperationspartner:

Demokratisches Forum der Deutschen im Banat, Temeswar

Römisch-katholisches Bistum Temeswar

Gesellschaft für deutsche Musikkultur im südöstlichen Europa, München

Edition Musik Südost, München

Musikhistorisches Museum, Budapest (Ungarn)

Verein der Werschetzer Orgelfreunde St. Gerhard (Serbien)

Verein Felix Milleker, Werschetz (Serbien)

Museum des Kreises Arad (Rumänien)

 

Förderer:

Donauschwäbisches Zentralmuseum, Ulm

Landsmannschaft der Banater Schwaben, München

Bayerisches Staatsministerium für Arbeit und Soziales, Familie und Integration

Verband der Diözesen Deutschlands, Bonn

Rotary International – Länderausschuss Deutschland-Österreich-Rumänien

Rotary Club Rothenburg o. d. Tauber

 

Wissenschaftliche Kooperation:

Dr. Walter Kindl (Temeswar/Timişoara), Ferenc Solymosi, Dr. Pál Enyedi, Dr. István Dávid (Ungarn), Dr. Ivo Sekerka, Dr. Janko Siroma (Slowakei), Dr. István Enyedi (Sathmar/Satu Mare), Dr. Erich Türk (Klausenburg/Cluj), György Mándity (Serbien)

 

Einführung

Zwischen den ersten Orgeln des Wiener Orgelbauers Johann Hencke und jenen Richard Wegensteins entfaltete sich eine fast dreihundertjährige äußerst erfolgreiche Banater Orgelbaugeschichte. Es handelte sich meist um Orgelbauerfamilien – Wälter, Josephy, Hromadka, Dangl, Wegenstein – die aus österreichischen oder böhmischen Regionen stammten. Auch heute erklingen noch Orgelwerke Banater Orgelbauer zum Lobe Gottes in vielen Ländern: in Rumänien, Serbien, Bosnien und Herzegowina, Kroatien, Ungarn, Slowakei und in der Ukraine.

Zum Lobe Gottes wurden diese Musikinstrumente auch geschaffen. Sie begleiteten fast 300 Jahre lang Freud und Leid der christlichen und jüdischen Bewohner des Banats, erklangen bei Fest- und Trauergottesdiensten, in friedlichen und kriegerischen Zeiten. Sie erklingen heute noch in deutschen, ungarischen, kroatischen, bulgarischen, slowakischen, tschechischen und rumänischen Kirchengemeinden des Banats und stehen in katholischen, evangelischen, reformierten Kirchen wie auch in jüdischen Tempeln.

Aus den Temeswarer und Arader Werkstätten gelangten die Banater Orgeln sowohl nach Budapest wie auch nach Bukarest, wurden von bedeutenden Persönlichkeiten gewürdigt, erlangten bei internationalen Ausstellungen erste Preise. Selbst Kriegszeiten haben sie überstanden – trotz der Requirierung von Prospektpfeifen um 1918 und trotz kommunistisch-atheistischer Diktatur nach dem zweiten Weltkrieg. Grund genug, sich mit diesem Thema auseinanderzusetzen.

Diese Ausstellung wird auch ab 14.6.2017 im Temeswarer Diözesanmuseum stehen, ab 2.8.2017 in Maria Radna, im September 2017 in Werschetz und Reschitza, danach in Bukarest und Budapest. Im Jahre 2018 wird sie in München, Ulm, Stuttgart, Oggersheim und Altötting zu sehen sein.

 

Banater Orgeln und Orgelbauer. Bilder einer europäischen Orgellandschaft

Die Ausstellung des Gerhardsforums wurde bisher in vier Ländern von zahlreichen Interessierten besucht

 

Freitag, 8. Juni 2017 fand im Temeswarer Guttenbrunn-Haus im Rahmen der Heimattage der Banater Deutschen die Vernissage der Ausstellung BANATER ORGELN UND ORGELBAUER. BILDER EINER EUROPÄISCHEN ORGELLANDSCHAFT statt. Nach der Einführung durch den Vorsitzenden des Banater Forums Dr. Johann Fernbach sprachen Bischof Dr. h. c. Martin Roos und Dr. Franz Metz, der Initiator und Autor dieser Ausstellung. Es wurde sowohl auf die Vielfalt der Banater Orgellandschaft hingewiesen, wie auch auf die einmalige Bedeutung und Besonderheit auf europäischer Ebene. Zum ersten Mal wurde die historische Orgellandschaft des Banats in ihrer Gesamtheit dargestellt – sowohl die des rumänischen wie auch des serbischen und ungarischen Banats. Das Besondere am Banater Orgelbau: Orgeln Banater Orgelbauer finden wir heute von der Slowakei bis in die Ukraine, in Ungarn, Bosnien, Serbien in Siebenbürgen und in vielen Kirchen und Synagogen Rumäniens.

Im Juli 2017 stand die Ausstellung in der Temeswarer Domkirche, wo sie von vielen interessierten Gruppen des In- und Auslands besichtigt wurde.

 

Eröffnung der Ausstellung im Guttenbrunn-Haus, Temeswar, am 8.6.2017

Besichtigung der Ausstellung im Temeswarer Guttenbrunn-Haus

Zahlreiche Besucher waren bei der Eröffnung der Ausstellung zugegen

Die Fotos stammen von Dr. Walther Konschitzky, Arch. Mihai Botescu, Dr. Franz Metz; hier zusammen mit Marianne Meissner-Wegenstein

Marianne Meissner-Wegenstein vor den Orgeln ihres Vaters Richard Wegenstein

Der Konsul der Bundesrepublik Deutschland in Temeswar, Rolf Maruhn, lässt sich die Ausstellung von Dr. Franz Metz erklären

 

In Maria Radna wurde sie anlässlich der deutschen Wallfahrt am 2. August 2017 unmittelbar nach dem Festgottesdienst eröffnet. Anni Fay, Vorsitzende des Gerhardsforums, hat eine Einführung in dieses Vorhaben gesprochen, da die Ausstellung als ein Projekt des Gerhardsforums geplant und verwirklicht wurde. Wegen der großen Nachfrage mussten zusätzlich noch 500 Exemplare des rumänischen Ausstellungskatalogs nachgedruckt werden.

Die Ausstellung BANATER ORGELN UND ORGELBAUER wurde danach zwischen 1.-10. September auch in Senta/Zenta, Großbetschkerek/Zrenjanin und Werschetz/Vrsac - also im serbischen Banat – ausgestellt, verbunden mit jeweiligen Orgelkonzerten von Franz Metz, gehalten in der Herz-Jesu-Kirche (Senta), in der Kathedrale (Zrenjanin) und in der Gerhardskirche (Werschetz). Der Katalog zur Ausstellung wurde von Tamás Fodor aus Werschetz ins Serbische übersetzt.

Am 11. September 2017 fand die Ausstellungseröffnung im Museum des Banater Berglands in Reschitza statt. Josef Tigla, Vorsitzender des Deutschen Forums des Banater Berglands, machte die Einführung. Ein besonderes Interesse galt natürlich den vielen interessanten Orgeln des Banater Berglands, viele davon stammen aus Wien.

Zwischen dem 16.-20. Oktober 2017 wurde sie in Budapest gezeigt, im Musikhistorischen Museum (Institut für Musikforschung) auf der Burg, eine Einrichtung der Ungarischen Akademie der Wissenschaften. Die Einführung machte Dr. Anna Baranyi, die Direktorin des Musikhistorischen Museums. Dr. Pál Enyedi hielt danach einen Vortrag in ungarischer Sprache zum Thema „Banater Orgeln“ und Dr. Franz Metz präsentierte den zahlreichen Gästen die Ausstellung.

 

Die Orgelausstellung im Temeswarer Dom...

... und in Maria Radna

Das Erdödi-Palais in Budapest, wo die Orgel-Ausstellung gezeigt wurde

Di Direktorin des Musikhistorischen Museums, Frau Dr. Anna Baranyi, Dr. Pál Enyedi und Dr. Franz Metz bei der Ausstellungseröffnung in Budapest

Dr. Pál Enyedi

Führung durch die Ausstellung im Musikhistorischen Museum, Budapest

 

Am 18. November 2017 wurde die Ausstellung in Sindelfingen (Haus der Donauschwaben) anlässlich der 53. Kulturtagung des Landesverbandes Baden-Württemberg (Landsmannschaft der Banater Schwaben) eröffnet. Hier kann sie noch bis zum 20. Dezember 2017 besucht werden.

Zwischen dem 26. Februar 2018 und dem 29. März 2018 wird die Ausstellung im Haus der Heimat, Stuttgart, stehen. Weitere Termine: 27. Mai bis10. Juni 2018 in St. Pius, München; September-Dezember 2018 im Donauschwäbischen Zentralmuseum, Ulm und zwischendurch in Altötting, Augsburg, Nürnberg.

 

Der Ausstellungskatalog kann unter www.edition-musik-suedost.de bestellt werden oder über das Gerhardsforum Banater Schwaben.

(Siehe auch die weiteren Berichte über die Ausstellungen in Serbien wie auch über die beiden CD-Neuerscheinungen „Wegenstein“ und „Banater Orgeln“)

 

Es wächst zusammen, was zusammen gehört

Eine musikalische Reise durch das westliche (serbische) Banat 2017

Von Dr. Franz Metz

 

Wer heute eine Reise aus dem rumänischen Banat in das serbische Banat unternehmen will, sollte sich unvoreingenommen auf den Weg machen: Vieles, was in Geschichtsbüchern geschrieben steht, ist heute bereits überholt oder wurde übertüncht. Dazu gehören auch die Gefühle vieler Banater Landsleute, die in der Zeit des „glorreichen Sozialismus“ die Freiheit über den mit Schusswaffen gesicherten Grenzstreifen zwischen Rumänien und Jugoslawien suchen wollten. Damals wurde man bereits 40 Kilometer vor der Grenze von der rumänischen Grenzpolizei kontrolliert. Und wenn man als Fremder in dieses Gebiet kam, war man doppelt verdächtig. Dieser Zustand hat sich, Gott sei Dank, heute verändert: nur die verlassenen Kontrolltürme, ruinierte landwirtschaftliche Gebäude und brachliegende Wiesen und Ackerflächen weisen darauf hin, dass hier der ehemalige Grenzstreifen vor nicht so langer Zeit eine Realität war.

 

Man kann auch kaum übersehen, dass die Architektur der Häuser und Kirchen auf der einen und anderen Seite der rumänisch-serbischen Grenze eine Einheit bildet: ob in Großkomlosch oder in Nakovo, in Hatzfeld oder Kikinda – man sieht, dass hier vor vielen Jahren auf einem weit entfernten Schreibtisch von Politikern eine Grenze mitten durch das Leben von Familien und Kulturlandschaften gezogen wurde, mitten durch eine im Laufe von Jahrhunderten gewachsene Geschichte und Kultur. Dadurch wurden nicht nur Banater deutsche, sondern auch rumänische und serbische Kulturen zerrissen und voneinander bis heute getrennt. Und mit dieser politischen Realität haben die Völker an der mittleren und unteren Donau bis heute zu kämpfen. Eine Wunde, die bis heute nicht geheilt ist.

 

An der Theiß in Zenta

 

Reist man über den neuen rumänisch-serbischen Grenzübergang von Lunga/Nakovo in Richtung Theiß, kommt man in ein breites Sumpfgebiet, das den Reisenden an Niklaus Lenaus Schilflieder erinnert. Die Stadt Zenta/Senta befindet sich eigentlich geographisch bereits in der benachbarten Batschka, doch sie gehört geschichtlich zum Banat. Schon vor 320 Jahren trat dieser Ort aus der Bedeutungslosigkeit hervor. In der Schlacht bei Zenta/Senta an der Theiß errangen die kaiserlichen Truppen unter dem Oberbefehl von Prinz Eugen von Savoyen am 11. September 1697 einen bedeutenden Sieg über die Osmanen. Dieser Sieg führte schließlich zum Frieden von Karlowitz (1699), der den Großen Türkenkrieg (1683–1699) beendete. Es war ein vollständiger und umfassender Sieg und von nun an war der Name Prinz Eugens in ganz Europa zu einem Begriff geworden. Der nach Temeswar fliehende Sultan verlor an die 25.000 Kämpfer, seine gesamte Artillerie und den ganzen Verpflegungsvorrat, wohingegen die Verluste der Truppen des Kaisers 28 Offiziere und 401 Mann an Toten betrugen. Trotzdem wurde der Sieg bei Zenta militärisch nicht vollständig genutzt, weil auf eine Verfolgung der Türken angesichts der Witterungsbedingungen verzichtet wurde.

Originale Handschrift des Prinzen Eugen von Savoyen im Museum der Stadt Zenta

Ausstellung „Banater Orgeln und Orgelbauer“ in der Herz-Jesu-Kirche, Zenta

Die Orgel der Herz-Jesu-Kirche in Zenta

2017 feierte man in Zenta großartig dieses kleine Jubiläum: es wurden Geschenkartikel angeboten, weiße Schokolade mit den Daten der Schlacht von 1697, Weinflaschen mit dem bekannten Schlachtengemälde und dem Prinzen Eugen von Savoya, Konzerte und Ausstellungen. Es lohnt sich sogar das städtische Museum zu besichtigen, das die Schlacht bei Zenta äußerst beeindruckend dokumentiert hat: aus der Theiss gehobene Waffen und Gegenstände der gefallenen Soldaten, Schlachtpläne, originale Dokumente und Briefe, Pferdegeschirr der damaligen Zeit und mehrere Schlachtengemälde. Heute sind knapp 80 % der 10.000 Einwohnerstadt Ungarn. Auf der Straße spricht man serbisch und ungarisch und in vielen Geschäften kann man in ungarischer Sprache einkaufen. Es ist ähnlich wie z.B. im siebenbürgischen Târgu Mures / Marosvásárhely.

Im Sonntagsgottesdienst der stattlichen Herz-Jesu-Kirche erlebt man einen einheitlichen ungarischen Kirchengesang, ein herrliches Orgelspiel und gut vorbereitete Kantorengesänge. Der Organist Zoltán Borbely und seine Frau Réka Miklós, beide Absolventen der Grazer Musikhochschule, haben hier vorbildliche Arbeit geleistet: Reihen von Orgel- und Chorkonzerten, musikalische Gottesdienste, Fortbildungen für Kantoren und nicht zuletzt der Aufbau einer neuen großen Orgel, die man aus Österreich geschenkt bekommen hat. Sie stammt aus dem Ort Fellbach und Prof. Dr. Karl Praßl (Graz) hat sich dafür eingesetzt, dass dieses Instrument nach Serbien gebracht werden konnte. Diese Orgel wurde aber nicht nur einfach in Zenta aufgebaut: ein ungarischer Orgelbauer hat dieses Instrument generalüberholt und der Spieltisch wurde unten aufgestellt, um den Organisten nicht nur zu hören, sondern auch zu sehen. Und um dem ganzen kirchenmusikalischen Aufschwung noch einen Impuls zu verleihen, richtete man aus privaten Mitteln und mit persönlichem Einsatz eine „Kulturpension“ ein – etwas Einmaliges in diesem Raum. Parallel dazu hat man auch die Möglichkeiten wahrgenommen, grenzüberschreitende Kulturprojekte zu verwirklichen (IPA-Projekte), die die Bande zwischen Rumänien und Serbien stärken. Obzwar die finanziellen Mitteln von der EU kommen, sind solche Projekte mit persönlichem Einsatz verbunden und die ersten Schritte zu einer zukünftigen EU-Mitgliedschaft Serbiens.

 

Die vielen Namen der Stadt Zrenjanin

 

Der Serbien-Reisende muss sich unbedingt an die kyrillische Schrift gewöhnen: viele der Straßenschilder der Wojwodina und des serbischen Banats sind nur in kyrillischer Schrift angegeben. Dies hatte ich bei meiner ersten Reise durch dieses Gebiet vor fast sechzehn Jahren noch ganz anders erlebt. Die Kriege der neunziger Jahre und die politischen Wirren jener Zeit haben das Land wirtschaftliche ruiniert. Dies kann man auch heute noch auf Schritt und Tritt feststellen. Dabei darf man nicht vergessen, dass die Menschen des rumänischen Banats noch bis 1989 von Serbien aus mit Lebensmittel versorgt wurden. Zum Glück gehört dieses Kapitel aber heute der Geschichte an.

Ausstellung „Banater Orgeln und Orgelbauer“ in Zrenjanin

Spuren deutschen Lebens in der Kathedrale von Zrenjanin: Türschloss und...

...Widmung an Förderer Johann Weiterschan 1934

Wenn in der Batschka und in Zenta ein großer Teil der Bevölkerung Ungarn sind, so sieht es in Richtung Kikinda und Zrenjanin schon anders aus. Durch die Vertreibung der deutschen Bevölkerung im Oktober 1945 aus Serbien, wurden deren Häuser mit Menschen aus anderen Landesteilen bewohnt. Viele die ihre Heimat nicht verlassen wollten, kamen in Konzentrationslager, wo tausende ihr Leben verloren. Heute erinnern einige serbisch-deutsche Gedenkstätten an diese schrecklichen Zeiten. Dass damals, vor 72 Jahren, dieser Riss in der Gesellschaft erfolgte, kann man auch heute noch beobachten: einige barocke Giebel alter schwäbischer Bauernhäuser sprechen heute noch von den ehemaligen Bewohnern und deren Kirchen stehen heute meist verwaist da. Die Spuren des zweiten Weltkriegs, das Wüten der deutschen SS-Division Prinz Eugen (was für schrecklicher Vergleich mit den Türkenkriegen vor 320 Jahren…) und die Kriegsfolgen mit Verschleppung, Vertreibung und Besiedlung der ehemals schwäbischen Dörfer mit serbischen Kolonisten aus anderen Landesteilen – alles auch heute noch ein Thema.

 

Mitten durch die Stadt Zrenjanin fließt der träge Bega-Kanal – auch das eine Verbindung mit dem Temescher Banat. Doch wie heißt die Stadt letztendlich doch? Bis 1935 hieß sie Veliki Bečkerek (deutsch: Großbetschkerek, ungarisch: Nagybecskerek). Zwischen 1935 und 1946 hieß sie Petrovgrad, nach dem jugoslawischen König Peter I. Seit 1946 heißt die Stadt Zrenjanin, benannt nach Žarko Zrenjanin, Partisanenkämpfer und Volksheld Jugoslawiens. Dessen Denkmal finden wir heute nicht nur in Zrenjanin, sondern auch in anderen Städten Serbiens und der Wojwodina. In den letzten Jahren gab es Bestrebungen, der Stadt ihren alten Namen zurückzugeben. Daraus wurde aber nichts. Man hat wichtigere Aufgaben zu lösen.

Zrenjanin ist auch ein römisch-katholischer Bischofsitz. Bischof Dr. Lászlo Németh leitet seit einigen Jahren dieses westbanater Bistum und versucht die vergangenen Wunden zu heilen. Regelmäßig zelebriert er auch gemeinsam mit seinen beiden anderen Banater Amtsbrüdern aus Temeswar und Szeged Gottesdienste, so z.B. auch in der Temeswarer Domkirche oder in Maria Radna. Auch Bischof Martin Roos aus Temeswar ist oft im serbischen Teil des Banats, ob in Zrenjanin, in Werschetz, Pantschowa oder Kudritz. Dessen umfangreiche Historiographien zur Kirchengeschichte der historischen Diözese Csanád beinhalten natürlich auch wertvolle Recherchen über den heutigen serbischen Teil der ehemaligen Diözese. In der gemeinsamen Kirchengeschichte findet man sich wieder vereint – eigentlich eine aktuelle Aufgabe im Sinne des europäischen Gedankens.

 

Die imposante katholische Bischofskirche prägt den Rathausplatz Zrenjanins und lädt mit offenen Türen die Menschen zum Beten ein. Doch deren Zahl ist äußerst überschaubar. In den Gottesdiensten betet und singt man in ungarischer oder kroatischer Sprache. Wenn auch die Zahl der Gläubigen nicht mehr so hoch ist wie früher, so kann man doch prozentuell zahlreiche Jugendliche und Kinder antreffen. Ob beim Religionsunterricht von Dompfarrer Lászlo Gyuris oder bei den Proben des Kinderchores, das noch zarte Pflänzlein gedeiht und gibt Hoffnung. So wurde z.B. die Ausstellung BANATER ORGELN UND ORGELBAUER. BILDER EINER EUROPÄISCHEN ORGELLANDSCHAFT vom Musiklyzeum und von einem Mädchengymnasium besucht. Die jungen Menschen zeigten sich äußerst interessiert und offen, sprechen serbisch, ungarisch, kroatisch, englisch und auch deutsch. Mit großem Interesse verfolgten sie auch die Vorstellung der Wegenstein-Orgel in der Kathedrale von Zrenjanin, ein größeres Instrument, das aus Temeswar stammt. Leider ist auch diese Orgel, wie die meisten im Banat, renovierungsbedürftig.

 

Die musizierenden Engeln von Etschka

 

Das Bild auf der Orgelempore von Etschka/Ečka lockte mich in diesen Ort, unweit von Zrenjanin gelegen. Es war ehemals ein deutsches Dorf, wie man es auch heute noch auf Schritt und Tritt in allen Ecken dieser katholischen Kirche feststellen kann. Unweit dieses Ortes liegt ein bedeutendes Naturschutzgebiet. Der Weg von Zrenjanin nach Etschka ist nicht einfach zu finden: man muss die zahlreichen Dämme und Erdwällen umfahren, Sumpfgebiete ringsum und mehrere kleinere Arme der Bega. Eine idyllische und träumerische Gegend, mit nur wenig Straßenverkehr, zahlreichen Radlfahrer (unterwegs mit Hadsets und Smartphones), Ausflügler und Fischer.

Stolz steht die altehrwürdige Pfarrkirche da, umgeben von einem etwas vernachlässigten Park. Der Ort selbst soll früher dem Grafen Csekonics gehört haben – also auch hier die Beziehung zum östlichen (rumänischen) Banat, zu Hatzfeld. Im Altarraum kann man ein altes Dokument in deutscher Sprache finden, das aber was anderes aussagt: „Victorine Lázár de Écska, geborne Edelspacher de Gyorok, gibt in ihrem sowie im Namen ihrer einzigen Tochter Marianna Sigmundine Victorine Lázár de Écska mit betrübtem Herzen Kunde von dem Hinscheiden ihres geliebten Gatten, beziehungsweise Vaters Siegmund Lázár de Écska, Besitzer der Herrschaft Écska, k. k. General-Major und Kämmerer, Ritter des österreichischen Leopold-Ordens, Besitzer des Verdienst-Ordens I. Classe, des Medschidie-Ordens III. Classe und des päpstlichen St. Georg-Ordens, welcher am 17. Mai, Nachmittags 2 Uhr, nach Empfang der heiligen Sterbesakramente, nach langer Krankheit verscheiden ist. (…) Écska, am 18. Mai 1870.“

Der seit 72 Jahren verlassene Kirchenraum sieht riesig aus. Nur selten finden hier noch Gottesdienste statt. Dies sieht man an den Spinnfäden und am vielen Staub auf der Orgelempore. Hier steht eine längs verstummte größere mechanische Orgel, die um 1810-20 erbaut wurde, mit 2 Manualen und Pedal. Seitlich auf dem Orgelgehäuse wurde vermerkt: „Neurenovierung der Orgel im Jahre 1928. Durch die Spende des Peter und Susanna Toffing, geborenePenz.“

Doch nicht dieses Instrument lockte mich hierher, sondern die Malerei rundherum: musizierende Engel, ikonographische Hinweise an den Sakramentshymnus Tantum ergo und die halbe Heilige Schrift auf allen Wänden rechts, links, vorne, hinten, oben und oben. Riesige naive Malereien, meist einheitlich aus der Hand des selben Malers. Dass diese Wandmalereien etwas die Gemeinde gekostet hat, beweist eine der Signaturen: „Gespendet vom Männergesangverein Etschka, unter Leitung des Chormeisters Stefan Klein“.

Die Lieder in den seltenen Gottesdiensten dieser Kirche werden heute in ungarischer oder kroatischer Sprache gesungen, begleitet an einem alten wertvollen Harmonium der Gebrüder Rieger aus Jägerndorf (Österreich-Schlesien). Die Heiligenstatuen der Etschkaer Kirche stammen aus Südtirol, wie es in den meisten katholischen Kirchen des Banats der Fall ist. Ähnlich wie in der katholischen Kirche von Großsanktnikolaus, befindet sich auch hier unter dem Altarraum der Kirche eine großräumige Krypta (Familiengruft) mit den sterblichen Überresten der Familie Lázár und Harnoncourt.

Katholische Kirche in Etschka

Blick in den bemalten Kirchenraum

Orgelempore mit musizierenden Engeln und der wertvollen Orgel

Werschetz – ein Synonym für Kultur und Banat

 

Nähert man sich der südbanater Stadt Werschetz, sieht man schon von Ferne die Kula auf dem Berg und später die beiden neugotischen Türme der Gerhardskirche. Fast in Sichtweite die Ortschaften jenseits der Grenze im rumänischen Banat. Nicht nur die Kibitze – die besonderen Fenster des Banater Berglands, die auch in Weißkirchen und in Orawitza vorzufinden sind – gehören zu den Gemeinsamkeiten. Man spricht hier auch viel Rumänisch, bedingt durch die rumänischen Orte in der ganzen Gegend. Neuestens spricht man auch in besseren Gaststätten von Werschetz rumänisch, da man oft Gäste aus dem Nachbarland zu bedienen hat. Es wächst also langsam zusammen, was zusammen gehört. Vielleicht viel zu langsam, denn die Menschen sehnen sich nach einem besseren Leben, ohne Vorurteile und ohne politische Hindernisse. Hier hätten unsere EU-Politiker noch viel Arbeit zu leisten und gleichzeitig noch sehr, sehr viel dazu zu lernen. Viele Probleme in diesem Raum sind bis heute nicht gelöst, nur verschoben. Siehe Kosovo. Oder das Problem mit dem kulturellen Erbe der Banater Schwaben (Donauschwaben) im serbischen Banat.

 

Es ist rührend, wie sich immer mehr Vereine und Gruppen um das Miteinander der Menschen im serbischen Teil des Banats bemühen. Ob der Werschetz Felix-Milleker-Verein oder der Verein der Orgelfreunde St. Gerhard, um nur zwei zu nennen, eine neue Generation von meist jungen Bürgern dieses Kulturraums versucht immer mehr zu erfahren über das kulturelle Erbe das die Donauschwaben hier hinterlassen haben. Und dieses ist in Werschetz so reichhaltig wie in keinem anderen Ort des gesamten Banats. Auf den ersten Blick ist es vielleicht nicht für jeden sichtbar, aber es ist im Verborgenen noch sehr reichhaltig vorhanden. Ein guter Kenner dieses deutschen kulturellen Erbes ist Tamás Fodor, Bibliothekar an der städtischen Bibliothek in Werschetz. Er betreut einen riesigen Bestand von deutschen Büchern, Zeitungen, Zeitschriften, Musikalien die ehemals deutschen Bürgern der Stadt gehörten. Aber nicht nur. Es ist auch ein Großteil der vom Historiker Felix Milleker gegründeten Sammlung, die in ihrer Art einmalig im ganzen Banat ist. Diese müsste gesichert, erhalten und inventarisiert werden, um so der Forschung weiterhin zur Verfügung stehen zu können. Auch dies ist einmalig: ein Ungar im serbischen Werschetz betreut eine deutsche Sammlung. Das ist Europa und das ist Banat!

 

In der imposanten Gerhardskirche liest Pfarrer und Dekan Mihály Erös täglich die heilige Messe in ungarischer oder kroatischer Sprache. Sein Kantor János Lovasz leitet den kleinen aber feinen Kirchenchor, dessen Sänger, zwar wenig an der Zahl, doch stets in vollster Harmonie singen. Auch hier abwechselnd in ungarischer und kroatischer Sprache und manchmal auch deutsch. Leider ist die 1912 erbaute Wegenstein-Orgel nicht gerade im besten Zustand, doch das Werschetzer Publikum schätzt die Orgelkonzerte, welche an dieser Orgel regelmäßig organisiert werden. Außer der Pfarrkirche wirkt dabei auch der Verein der Werschetzer Orgelfreunde an St. Gerhard mit, geleitet von Dr. Zoran Maximovic. Man feierte so 2012 das 100jährige Jubiläum der Wegenstein-Orgel, es werden in- und ausländische Organisten zu Konzerten eingeladen und man will bald mit der Orgelrenovierung beginnen.

Ausstellung „Banater Orgeln und Orgelbauer“ in der Werschetzer Gerhardskirche

Bischof Gerhard, der erste Bischof des Banats (Kirchenfenster)

Monumentalmalerei in der Werschetzer Gerhardskirche: Das letzte Abendmahl

Kantor János Lovasz vor seinem eigenen Foto in der Ausstellung

Die imposante Gerhardskirche in Werschetz

Ankündigung des Orgelkonzertes in serbischer Sprache

Kantor János Lovasz mit seinem Kirchenchor

Franz Metz an der Wegenstein-Orgel der Werschetzer Gerhardskirche

Tamás Fodor und Franz Metz bei der Vorstellung der Ausstellung „Banater Orgeln und Orgelbauer“ in Werschetz

Ein Abstecher in Kudritz

 

Auch das ist Banat: der aus Rumänien stammende griechisch-katholische Geistliche Mihai Gherghel betreut nicht nur seine Gemeinden, sondern hat voreinigen Jahren die baufällige katholische Kirche in Kudritz übernommen. Hier bestätigt sich das Sprichwort: „Der Mensch heiligt den Ort.“ Mit größten Mühen und mit finanzieller Hilfe der in Österreich und Deutschland lebenden ehemaligen deutschen Gemeindemitglieder und deren Nachkommen, ließ er das Gotteshaus renovieren. Vor kurzer Zeit konnten die beiden Bischof Dr. Lászlo Németh (Zrenjanin) und Martin Roos (Temeswar) im Rahmen eines Festgottesdienstes die neu renovierte Kirche weihen. Der Kirchenturm ist heute noch eingerüstet, man versucht auch das Äußere der Kirche in Ordnung zu bringen. Selbst die alte verwahrloste Brandl-Orgel aus Maribor wurde inzwischen renoviert und soll in Zukunft auch als Konzertinstrument Verwendung finden. Und wenn das Kirchenlied Ein Haus voll Glorie schauet weit über alle Land bald in diesem alten Gotteshaus wieder erklingen wird, dann stimmt diese Aussage mit der Realität überein.

 

Als ich vor etwa 15 Jahren gemeinsam mit dem damaligen Werschetzer Pfarrer Lászlo Gyuris Kudritz besucht habe, sahen sowohl die Kirche wie auch die meisten benachbarten Häuser äußerst vernachlässigt aus. Man kann auch heute noch vieles vom ehemaligen Reichtum dieses Ortes sehen, in dem heute der Weinbau wiederbelebt wird. Noch sind nicht alle Verzierungen an den Giebeln der stattlichen Häuser heruntergefallen und noch strahlt der Ort etwas von dem aus, was er einmal war. Ein ganz anderes Bild bietet einem der alte Friedhof von Kudritz: rechts der neue Teil, mit zahlreichen neuen Gräbern der serbischen Familien des Ortes, links die meist durch den Zahn der Zeit zerstörten Gräber der ehemaligen donauschwäbischen Familien. Auch die Kapelle ist noch vorhanden. Pfarrer Mihai Gherghel möchte gerne auch hier etwas unternehmen, um die noch vorhandenen deutschen Grabdenkmäler erhalten zu können. Aber wie? Und für wen? Fragen über Fragen…

Die renovierte Brandl-Orgel der Kudritzer Kirche

Blick in die renovierte Kudritzer Kirche

Der Kirchenturm steht noch eingerüstet

Der deutsche Teil des alten Kudritzer Friedhofs

 

Ein Kibitz (typisches Fenster im Banater Bergland)

 

Orgelbau und Orgelkunst in Reschitza

von Erwin Josef Ţigla

 

Montag, der 11. September 2017, war in Reschitza ganz der Orgel zugeschrieben: dem Orgelbau und der Orgelkunst. Als Ehrengast kam der bekannte Organist, Dirigent und promovierter Musikwissenschaftler, Autor von zahlreichen Buchveröffentlichung im In- und Ausland, Dr. Franz Metz, nach Reschitza. Der 1955 in der Banater Gemeinde Darowa geborene Gast ist durch seine Forschungen in der Musikgeschichte und Kirchenmusik Südosteuropas, speziell der deutschen Minderheiten dieser Länder, bekannt und zugleich als Entdecker und Herausgeber zahlreicher Musikwerke südosteuropäischer und Banater Komponisten. Er hat sich auch mit der Musikgeschichte des Banater Berglands beschäftigt.

Im Museum des Banater Gebiets in der Neustadt Reschitzas, in Govândari / Lunca Bârzavei, fand ab 18:00 Uhr die Vernissage der Ausstellung „Banater Orgeln und Orgelbauer. Bilder einer Europäischen Orgellandschaft“ (Hauptinitiator: Gerhardsforum Banater Schwaben e.V., München) statt. Nach der Einführung des DFBB-Vorsitzenden folgte ein interessanter Rundgang durch die Ausstellung mit dessen Autor Dr. Franz Metz aus München / Deutschland.

Am selben Abend fand ab 19:00 Uhr in der römisch-katholischen „Maria Schnee“-Kirche an der Wegenstein-Orgel ein Orgelkonzert statt. Im Programm standen Werke von Johann Sebastian Bach (Concerto, a-Moll - Allegro, Adagio, Allegro), Wolfgang Amadeus Mozart (Adagio, Allegro, Adagio), Franz Liszt (Magnificat und Offertorium aus der Ungarischen Krönungsmesse), Guido Pogatschnigg (Rhapsodie aus der Orgelsonate), Antalffy-Zsiross Dezsö (Madonna - Ein Glasgemälde) und Leon Boëllmann (Suite gotique, op. 25).

Am gesamten Programm des Tages in Reschitza beteiligten sich Musikinteressierte und -Liebhaber aus Reschitza, Lugosch, Klausenburg, Kronstadt und sogar aus Frankreich. Dabei war auch der Erzdechant des Banater Berglands, Pfr. József Csaba Pál, Domkapitular.

Das Abendkonzert galt auch als Auftakt eines neuen Projekts des Demokratischen Forums der Banater Berglanddeutschen und des Kultur- und Erwachsenenbildungsvereins „Deutsche Vortragsreihe Reschitza“ unter dem Motto „Kultur und Kunst in Deutsch-(Montan)-Reschitza“, Projekt, das in den Jahren 2017 - 2021 im alten Stadtteil ausgeführt und dem Jubiläum 250 Jahre Industrie in Reschitza gewidmet werden wird. Somit ist die deutsche Minderheit in Reschitza die erste, die ein Kulturkonzept für das Ereignis 2021 (2. Juli 1771 - 2. Juli 2021) erarbeitet / geschaffen hat. Daran mitbeteiligt sein werden Kultur- und Schulinstitutionen bzw. Vereine, Kirchen verschiedener Glaubensbekenntnisse, die daran bereits Interesse gezeigt haben, mitzuwirken. Alle Veranstaltungen unter diesem Motto werden in der Zukunft in der Altstadt Reschitzas organisiert werden.

Eröffnung der Orgel-Ausstellung duch Erwin Josef Tigla

Das imposante Museum des Banater Berglands, Reschitza

Besucher aus Frankreich zeigten ein großes Interesse an der Orgel-Ausstellung

Orgelkonzert in der Maria-Schnee-Kirche, mit Franz Metz

Erwin Josef Tigla und Dr. Franz Metz bei der Ausstellungseröffnung

 

 

Der Ausstellungskatalog: ISBN 978 3 939041 25 2

 

www.edition-musik-suedost.de / Organologie

 

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